Saarland setzt auf Zwangsabschiebungen

Wiesbaden/Mainz · Die Durchsetzung einer freiwilligen Ausreise von Flüchtlingen ohne Bleiberecht gilt als deutlich humaner und kostengünstiger als Abschiebungen. Trotzdem setzt das Saarland häufig auf Zwangsmaßnahmen, wie ein Ländervergleich zeigt.

Beim Umgang mit Flüchtlingen ohne Bleiberecht verfolgen die Bundesländer nach wie vor völlig unterschiedliche Ansätze. Dies geht aus einer von der hessischen Landesregierung angestoßenen Datenabfrage hervor. Obwohl Bundes- und EU-Recht übereinstimmend regeln, dass sogenannte freiwillige Ausreisen gegenüber Abschiebungen zu bevorzugen sind, setzten Länder wie das Saarland oder Sachsen nach wie vor überwiegend auf Zwangsmaßnahmen.

So vermeldete das Saarland aus dem Zeitraum von Januar bis Ende Oktober 2015 nur 77 freiwillige Ausreisen, aber 277 und damit mehr als drei Mal so viele Abschiebungen . Auch in Sachsen lag das Verhältnis bei eins zu zwei.

Umgekehrt konnten Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz eine große Anzahl von Flüchtlingen ohne Bleibechance dazu bewegen, durch eine eigenständige Rückkehr in ihre Heimatländer die Abschiebung zu vermeiden.

Wegen der offenbar effektiven Rückkehrhilfen in Rheinland-Pfalz verließen sogar - gemessen an der Aufnahmequote - die meisten Asylbewerber das Bundesland, obwohl im Bundesvergleich nur sehr wenige Flüchtlinge von dort abgeschoben wurden. Mehr als 4200 freiwilligen Ausreisen standen dort lediglich 439 Abschiebungen gegenüber. Gemessen an der Aufnahmequote in den jeweiligen Ländern gab es in Rheinland-Pfalz 15 Mal mehr freiwillige Rückkehrer als im Saarland und über 100 Mal mehr als in Brandenburg, wo gerade einmal acht freiwillige Ausreisen aktenkundig wurden.

Dem vorliegenden Zahlenmaterial zufolge konnten auch Bayern, Hessen und Schleswig-Holstein eine verhältnismäßig hohe Rückkehrerzahlen verbuchen. Die anteilsmäßig geringste Zahl an Rückführungen ausreisepflichtiger Flüchtlinge gab es im Saarland, in Brandenburg und Bremen. Aus Baden-Württemberg lagen nur Zahlen zu den Abschiebungen , aber nicht zu den freiwilligen Ausreisen vor.

Die zahlenmäßig meisten Abschiebungen vermeldeten in dem Zeitraum Bayern (3259), Nordrhein-Westfalen (2502) und Hessen (2135). Im Verhältnis zur Zahl der aufgenommenen Flüchtlinge standen allerdings mit Mecklenburg-Vorpommern (insgesamt 800 abgeschobene Ausländer) und Schleswig-Holstein (1274) zwei kleinere Bundesländer für die mit Abstand restriktivste Abschiebepolitik.

Die Durchsetzung einer freiwilligen Ausreise gilt als deutlich humanere Alternative zu einer Abschiebung. Auch die Kosten für die öffentlichen Haushalte sind selbst bei Übernahme der Fahrtkosten noch deutlich geringer. Allerdings ist auch das Konzept der freiwilligen Rückkehr umstritten, da nach Überzeugung von Flüchtlingsorganisationen in den allermeisten Fällen kaum von einer wirklich freiwilligen Entscheidung der betroffenen Ausländer auszugehen ist.

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