Familienersatz für Flüchtlingskinder

Saarbrücken · Viele junge Flüchtlinge kommen ohne Eltern oder Verwandte im Saarland an. Sie leben zusammen in Wohngruppen. Betreuer sind rund um die Uhr für sie da. Und helfen ihnen, sich zurechtzufinden.

Ankunft im Saarland. Ein langer, harter Weg liegt hinter den jungen Flüchtlingen. Doch viel Erholung gibt es am Ankunftsort erst mal nicht. Alle Kinder und Jugendlichen, die ohne Eltern oder Verwandte ankommen, werden in einem der fünf "Clearinghäuser" im Saarland untergebracht. Und die sind voll bis unters Dach. Im Regionalverband gibt es in Völklingen zwei solcher Häuser. Drei bis sechs Monate dauert es, bis die Mitarbeiter der Jugendhilfe die Situation der Flüchtlingskinder geprüft haben, sagt Mirko Engel, Jugendhilfeplaner für das Jugendamt. So lange bleiben die Kinder in den "Clearinghäusern". Danach sollen sie in Wohngruppen einziehen, vorausgesetzt dort ist Platz.

"Sie kommen ohne Pässe und Papiere an. Wir wissen gar nichts über sie. Deshalb gilt es, ein weißes Blatt zu füllen", sagt Engel. Dabei schauen die Mitarbeiter der "Clearinghäuser", ob Eltern oder Verwandte in Deutschland sind. Denn jeder minderjährige Flüchtling braucht einen gesetzlichen Vertreter. Und das sind normalerweise die Eltern . Die Kinder kämen aber meistens alleine an. Deswegen übernehme ein Mitarbeiter des Jugendamts die gesetzliche Vertretung für die Jugendlichen, sagt Engel.

Für die zurzeit 601 unbegleiteten Flüchtlingskinder im Regionalverband stehen 113 Vormünder vom Jugendamt zur Verfügung. Das reicht aus, sagt Engel. Weil ein Vormund bis zu 50 Kinder vertreten darf. Einmal im Monat sollte er den persönlichen Kontakt zu den Kindern suchen. "Ein viel engeres Verhältnis zu den jungen Flüchtlingen haben aber die Betreuer in den Wohngruppen", sagt Engel. Die Betreuer, das sind Erzieher und Sozialarbeiter , die täglich mit den Jugendlichen zu tun haben.

Diese Form des Zusammenlebens ermöglichen laut Engel mindestens zehn verschiedene freie Träger - darunter auch das Diakonische Werk an der Saar. Es hat im Regionalverband in Saarbrücken , Holz, Völklingen, Köllerbach und Riegelsberg Wohngruppen eingerichtet, sagt Helmut Paulus, Sprecher des Diakonischen Werks. Wie eine große Familie leben zirka acht Flüchtlinge zusammen in einem Haus. Rund um die Uhr betreuen die Mitarbeiter des Diakonischen Werks die Gruppe. Es gebe auch Wohngemeinschaften, bei denen Flüchtlinge und deutsche Kinder gemischt werden.

So eine Gruppe betreut Sozialarbeiter Andreas Jenal in Saarbrücken . Fünf Mädchen aus Eritrea, ein afghanischer Junge und drei Deutsche wohnen dort zusammen. An einer gemeinsamen Sprache hapert es noch ein bisschen, sagt Jenal. Und auch in der Küche prallen Welten aufeinander. "Wir müssen den Flüchtlingskindern erklären, was sie mit einem Kartoffelschäler anfangen sollen", sagt Jenal. An einem Tag gibt es Nudeln, am nächsten Tag ein afrikanisches Gericht. Jeder müsse sich ein bisschen anpassen.

Diejenigen, die bald volljährig sind, dürfen schon ohne ständige Betreuung in kleinen Gemeinschaften zusammenwohnen, sagt Paulus. Einmal am Tag schaue ein Betreuer nach dem Rechten.

Wenn die jungen Leute dann 18 sind können sie alleine wohnen, sagt Jenal. Ihre Betreuer helfen ihnen aber bei der Wohnungssuche oder beim Einrichten der eigenen vier Wände.

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