Mit Sprachkenntnissen gewinnen

Walpershofen · Die heute 24-Jährige Shereen Eldaw stammt aus dem Sudan und spricht die Sprache vieler Flüchtlinge, die ins Saarland gekommen sind. Und so ist sie eine große Stütze bei deren Integration in Walpershofen.

 Shereen Eldaw vom DRK Dudweiler in der DRK-Notunterkunft in Walpershofen mit Flüchtlingen am Tischkicker. Foto: Becker&Bredel

Shereen Eldaw vom DRK Dudweiler in der DRK-Notunterkunft in Walpershofen mit Flüchtlingen am Tischkicker. Foto: Becker&Bredel

Foto: Becker&Bredel

Shereen Eldaw ist eine 24-jährige Frau, die sich ehrenamtlich für Flüchtlinge engagiert. Das machen derzeit viele. Aber bei Shereen ist man verblüfft, wenn man in ihre Geschichte eintaucht. Sie hat den Bürgerkrieg im Sudan erlebt, musste fluchtartig das Land verlassen, wurde aber von Angreifern verschont, weil sie einen deutschen Pass hatte. Sie spricht Englisch und Arabisch und ihre deutsche Muttersprache. Damit ist sie Gold wert für die jungen Flüchtlinge in der DRK-Notunterkunft in Walpershofen , denn mit einigen kann sie sich fließend unterhalten.

"Und dann bekomme ich tragische Dinge erzählt. Zum Beispiel die Geschichte eines Jungen, dessen Verwandte vor seinen Augen verbrannt wurden, der seinen Vater verlor und über Libyen und Griechenland nach Deutschland kam. Oder die Erlebnisse eines anderen Jungen, der mir seine Schussverletzungen zeigte und vom gewaltsamen Tod seines Vaters erzählte. Weil ich Arabisch kann, bin ich etwas näher dran als die anderen Helfer", sagt die junge Frau, die in Berlin geboren wurde, in Dudweiler zu Hause ist, in Homburg wohnt und das Kind einer Deutschen und eines Sudanesen ist. Der Vater kam wegen des Studiums nach Deutschland, dann wohnte die Familie zweimal für viele Monate im Sudan. Shereen besuchte die Internationale Schule, lernte Arabisch und Englisch. "Dann brach eines Morgens in der Schule im Sudan Panik aus. Kinder wurden abgeholt, Menschen griffen sich mit Steinen an. Wir mussten uns über Schleichwege in Sicherheit bringen, wurden selbst angegriffen und verschanzten uns in einem Haus, bis mein Vater die Tickets nach Deutschland hatte. Ich verstehe die Kultur und Mentalität der Flüchtlinge und ihre Sorgen", sagt die 24-Jährige. Sie macht in Homburg eine Lehre zur Pharmazeutisch-Technischen-Assistentin (PTA). Seit 2013 hilft sie beim Roten Kreuz, war Blutspenderin in Dudweiler, stellte dort Kontakt her und ist seitdem im DRK-Ortsverein Dudweiler. In der Notunterkunft Walpershofen hat sie ihren zweiten Dienst gemacht und will noch öfter hingehen.

Die Sanitäterin ist dort hoch willkommen, sagt Einsatzleiter Roland Post, ihre Sprachkenntnisse und ihre ruhige Art seien von großem Wert. Derzeit wohnen in Walpershofen rund 30 junge Männer aus Syrien, Eritrea, Afghanistan oder dem Sudan in der alten Schule. Alle sind ohne Eltern unterwegs und stehen in der Aufsicht des Jugendamtes. Das DRK hat eine Notunterkunft hergerichtet und betreut die Jugendlichen rund um die Uhr. Stolz ist man darauf, dass dies bislang völlig konfliktfrei lief und es auch keine Beschwerden aus der Nachbarschaft gibt. Das enorme Engagement vieler Helfer, die stets vor Ort sind, trägt dazu bei - wie das von Shereen.Ankunft im Saarland. Ein langer Weg liegt hinter den jungen Flüchtlingen. Doch viel Erholung gibt es am Ankunftsort erstmal nicht. Alle Kinder und Jugendlichen, die ohne Eltern oder Verwandte ankommen, werden in einem der fünf so genannten Clearinghäuser im Saarland untergebracht. Und die sind voll bis unters Dach. Im Regionalverband gibt es in Völklingen zwei solcher Häuser.

Drei bis sechs Monate dauert es, bis die Mitarbeiter der Jugendhilfe die Situation der Flüchtlingskinder geprüft haben, sagt Mirko Engel, Jugendhilfeplaner für das Jugendamt. So lange bleiben die Kinder in den Clearinghäusern. Danach sollen sie in Wohngruppen einziehen, vorausgesetzt, dort ist Platz.

"Sie kommen ohne Pässe und Papiere an. Wir wissen gar nichts über sie. Deshalb gilt es, ein weißes Blatt zu füllen", sagt Engel. Dabei schauen die Mitarbeiter der Clearinghäuser, ob Eltern oder Verwandte in Deutschland sind. Denn jeder minderjährige Flüchtling braucht einen gesetzlichen Vertreter. Haben die Kinder niemanden, übernehme ein Mitarbeiter des Jugendamts die gesetzliche Vertretung für die Jugendlichen.

Für die zurzeit 601 unbegleiteten Flüchtlingskinder im Regionalverband stehen 113 Vormünder vom Jugendamt zur Verfügung. Das reiche aus, sagt Engel. Weil ein Vormund bis zu 50 Kinder vertreten darf. Einmal im Monat sollte er den persönlichen Kontakt zu den Kindern suchen. "Ein viel engeres Verhältnis zu den jungen Flüchtlingen haben aber die Betreuer in den Wohngruppen", sagt Engel. Die Betreuer, das sind Erzieher und Sozialarbeiter , die täglich mit den Jugendlichen zu tun haben.

Diese Form des Zusammenlebens ermöglichen laut Engel mindestens zehn verschiedene freie Träger - darunter auch das Diakonische Werk an der Saar. Es hat im Regionalverband in Saarbrücken, in Holz, Völklingen, Köllerbach und Riegelsberg Wohngruppen eingerichtet, sagt Helmut Paulus, Sprecher des Diakonischen Werks. Wie eine große Familie leben zirka acht Flüchtlinge zusammen in einem Haus. Rund um die Uhr betreuen die Mitarbeiter des Diakonischen Werks die Gruppe. Es gebe auch Wohngemeinschaften, bei denen Flüchtlinge und deutsche Kinder gemischt werden.

So eine Gruppe betreut Sozialarbeiter Andreas Jenal in Saarbrücken. Fünf Mädchen aus Eritrea, ein afghanischer Junge und drei Deutsche wohnen dort zusammen. An einer gemeinsamen Sprache hapert es noch ein bisschen, sagt Jenal. Und auch in der Küche prallen Welten aufeinander. "Wir müssen den Flüchtlingskindern erklären, was sie mit einem Kartoffelschäler anfangen sollen", sagt Jenal. An einem Tag gibt es Nudeln, am nächsten ein afrikanisches Gericht. Jeder müsse sich ein bisschen anpassen.

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