Ein Viertel des guten Lebens und der handwerklichen Qualität?

Saarbrücken · Bloß nicht noch eine Spielhalle oder ein Billigtextilkaufhaus. Das Saarbrücker Luisenviertel, frisch renoviert, soll sich nach dem Willen der Stadtplaner mit besonderen Angeboten neues Renommee erwerben. Auf den Weg bringen müssen es aber die Unternehmer selbst.

Nach langer Umbauzeit ist die Alt-Saarbrücker Eisenbahnstraße im vergangenen Herbst fertig geworden. Was soll nun aus ihr werden, was gedenken die Anlieger daraus zu machen? In den 1950er und 1960er Jahren war sie eine 1-a-Einkaufsstraße, danach verlor sie Glanz und Kunden an die Bahnhofstraße auf der anderen Saarseite. Das eine oder andere der verbliebenen Geschäfte gab während der Bauzeit auf. Außer acht Leerständen hat die Eisenbahnstraße aber auch 14 Einzelhandelsbetriebe vorzuweisen, davon sogar wieder erste Neuansiedlungen. Die Hochschule der Bildenden Künste präsentierte im vergangenen Jahr dutzende Vorschläge, was alles aus der Straße herauszuholen sein könnte. Als "Markenkern" hat Professor Ivica Maksimovic neben der "Unverfälschtheit" die Lebendigkeit ausgemacht. Es sei die Gewissheit zu spüren, dass "Luise lebt", so der Kreative bei einer Diskussion der Hausbesitzer. Das städtische Planungsamt hatte sie eingeladen, um den Neustart der Straße zu besprechen.

Der Dortmunder Einzelhandelsgutachter Stefan Kruse hat der Stadtverwaltung bereits geraten, im Luisenviertel nicht dieselben Filialläden ansiedeln zu wollen, wie die Saarbrücker sie schon kennen. Die Lage abseits des Hauptversorgungszentrums benötige ein eigenständiges, unverwechselbares Profil, eine Funktionszuweisung, die nicht nur "Handel" sein müsse. So könne man sich hier klassisches Handwerk mit Verkauf (hochwertige Schuhmacherei) und Gastronomie vorstellen. Maksimovic schwärmte von einem Imbiss, wo man "Butterbrote wie früher" bekomme. Baudezernentin Rena Wandel-Hoefer denkt ebenfalls in diese Richtung. Aufbauend auf dem soliden Bestand an Lebensmittelhandel und Dienstleistung - Metzgerei, Eisdiele, Naturkost , Apotheke, Bäckereien - könne man sich hier eine "Straße der Kulinarik" oder ein "Viertel des guten Lebens" vorstellen. Spielhallen kämen jedenfalls keine weiteren hinzu.

Da die Gehwege als Kolonnaden gestaltet seien, komme solch ein Konzept dem Wunsch vieler Saarbrücker nach einer Markthalle (die die Stadt sich nicht leisten könne) nahe, meinte Wandel-Hoefer. Dass aus der 30-köpfigen Runde bereits erste Wünsche nach einem Image-Flyer zur Immobilienvermarktung laut wurden, durfte als Kompliment für die geistige Vorarbeit aufgefasst werden. Die Stadtplaner sahen sich aber auch zur Klarstellung veranlasst, dass die Unternehmer selbst die Initiativen anstoßen müssten. Aus dem Rathaus gebe man gern die Anstöße.

Wie arbeitsreich und langwierig es sein kann, ein unattraktiv gewordenes Viertel wieder hochzubringen, schilderte Hotelier Gerd Leidinger, der sich seit 20 Jahren ehrenamtlich um das Image der Mainzer Straße verdient macht. Er riet den Luisenviertlern zu Kennenlern-Treffen (auch mit Politikern) und zur Herstellung einer guten Nachbarschaft. Idealerweise entstehe irgendwann gruppendynamisches Selbstwertgefühl. Aus diesem speise man danach Öffentlichkeitsarbeit, um das Interesse von Auswärtigen an dem Viertel zu wecken. Das alles, und damit auch geschäftlichen Erfolg, könne man "nicht verordnen", so die Erfahrung Leidingers.

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