Zauber ist hart erarbeitet

Saarbrücken · Gute Musiker brauchen Talent. Doch was wäre ihre Begabung ohne das richtige Instrument? In einer Serie fragen wir Künstler nach der Beziehung zum Arbeitsutensil. Heute: Wolfgang Mertes und seine Violinen.

 Wolfgang Mertes setzt seine Violinen unterschiedlich ein. Foto: Astrid Karger

Wolfgang Mertes setzt seine Violinen unterschiedlich ein. Foto: Astrid Karger

Foto: Astrid Karger

Geige oder Trompete, Jazz mit Bongos Bigband oder ein Mendelssohn Violinkonzert, Wolfgang Mertes schlüpft in die unterschiedlichsten Gewänder und bleibt doch immer Wolfgang Mertes. Der Konzertmeister des Saarländischen Staatstheaters spielt Klassik und Jazz , unvoreingenommen. "Jede Art von Musik stellt dieselben Fragen des Lebens, nach Glück, Liebe, Trauer, Einsamkeit", sagt er. Die Spieltechnik für "einen schlackenreinen Ton, der trägt" ist hart erarbeitet. Komponisten und ihrer Zeit nähert sich auch ein Vollblutmusiker nicht im Alleingang, Menschen vom Fach helfen weiter, so kann ein Barockexperte, der die Phrasen vorsingt, ganze Welten eröffnen. Korrekt gespielte Noten ergeben aber noch keine Musik. Die entsteht, wenn Komponist, Komposition, Interpret und Instrument zusammenfinden, wenn die Technik den Ausdruck ermöglicht. Dann gelingen die "Zaubermomente, in denen man merkt, jetzt hört das Publikum mir zu."

Die Seele muss rein, da ist Mertes kompromisslos, "wer sich auf der Bühne nicht entblößen kann, ist für das Publikum nicht spürbar." Auch das Instrument muss passen. Die elektrische Geige mit dem auffälligen roten Steg ist Mittel zum Zweck, denn um inmitten einer Blechbläserbande wie Bongos Bigband - "Bongo" ist Freimut Mertes, der Vater von Wolfgang Mertes - mit einer Violine hörbar zu bleiben, braucht es einen Verstärker.

Emotionaler ist die Beziehung zur 200 Jahre alten Violine des französischen Geigenbauers Jean Baptiste Vuillaume. Mertes hat lange nach ihr gesucht, sein Anspruch war hoch, denn einige Jahre hatte ihm die Stiftung Musikleben eine Testore-Violine aus dem 18. Jahrhundert zur Verfügung gestellt. Ein "Trauminstrument, mit dem ich gewachsen bin", erzählt der Musiker . Nun hält er seine "Vuillaume" seit 30 Jahren täglich in den Händen, steht um halb sechs Uhr morgens auf, um eineinhalb Stunden Geige spielend abzutauchen, bevor das Kind in den Kindergarten gebracht wird und der Tag mit den Orchesterproben beginnt. Er brauche das. Schon als Fünfjähriger habe er freiwillig stundenlang geübt. Ein Instrument biete etwas an, das der Interpret annehme und forme. "Mein Klang kommt von innen, die Geige hilft mir dabei. Man klingt, wie die Seele tönt." In der Klassik wie im Jazz entdecke man die "innere Melodie", in der Klassik suche man sie in der Partitur, beim jazztypischen Improvisieren erfinde man sie im Moment. Am Jazz liebe er das Spontane, Unkontrollierte, die Ausbrüche.

Die Trompete, die er achtjährig zu spielen begann, ermögliche ihm direkter, auch unbelasteter vom eigenen Können zu sein. An der Violine übersetze er, was er singen wolle. Das Instrument ist nur Werkzeug, Mertes schließt: "Alles was wir tun, ist singen."

Wolfgang Mertes tritt am Sonntag, 15. Februar, 18 Uhr, im Staatstheater in einem Musikkabarett auf.

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