Ein irritierender Parasit an der Stadtgalerie

Saarbrücken · Schätze, die im Verborgenen blühen, Kunstwerke, die kaum einer kennt. In einer kleinen Reihe wollen wir Übersehenes würdigen und den Blick auf Schönes lenken. Zum Beispiel auf den „Parasit“ von Carsten Gliese an der Stadtgalerie.

 Carsten Glieses Wandgestaltung in der Katholisch-Kirch-Straße hinter der Stadtgalerie. Foto: Dietze

Carsten Glieses Wandgestaltung in der Katholisch-Kirch-Straße hinter der Stadtgalerie. Foto: Dietze

Foto: Dietze

Über zehn Meter hoch, fast sieben Meter breit und mitten in Saarbrücken - wie kann so ein großes Kunstwerk im öffentlichen Raum oft übersehen werden? Womöglich, weil sich das architektonische Umfeld in dem Werk widerspiegelt. Der Digitaldruck "Parasit" des Künstlers Carsten Gliese hängt an der Brandmauer der Stadtgalerie in der Katholisch-Kirch-Straße in Saarbrücken . Und der "Parasit" hängt nicht nur an der Brandmauer, Gliese konzipierte ihn sogar eigens für diese Wand. Die Formen, die das Motiv zeigt, leiten sich aus der barocken Schauseite des Gebäudes ab, die zur Straße hin liegt. Elemente der Schauseite finden sich in dem Kunstwerk wieder.

Der "Parasit" scheint dreidimensional zu sein. Auch bei genauerem Hinsehen wirkt es immer noch so, als würden einige Teile des Werks hervorstehen. Tatsächlich ist es aber eine glatte Fläche, ein Druck auf mehreren speziellen Aluminiumplatten.

Gliese wurde 1965 in Krefeld geboren. Er ist einer der seltenen Künstler, die sich explizit mit dem Verhältnis von Bildhauerei und Fotografie beschäftigen. Bei seinen Arbeiten fotografiert und vermisst er beispielsweise Fassaden, baut nach den Fotos Modelle, zerlegt diese und setzt sie fotografisch wieder zusammen. So macht Glieses Kunstwerk einerseits auf die Strukturen der Außenwand aufmerksam, irritiert den Betrachter aber gleichzeitig.

Die Stadt beauftragte Gliese mit der Wandgestaltung der Brandmauer, nachdem Werke von ihm 2009 in der Saarbrücker Stadtgalerie ausgestellt wurden. 2010 wurde das Kunstwerk im öffentlichen Raum dann offiziell vorgestellt. Seitdem gehen jeden Tag zahlreiche Leute am "Parasit" vorbei. Doch nur, wer sich etwas Zeit nimmt und einen genaueren Blick darauf wirft, kann erkennen, wie raffiniert Gliese architektonische Elemente in das Werk einfließen lässt und es so mit dem Gebäude verbindet.

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