Ein Parasit erobert die Stadtgalerie

Saarbrücken. "Parasit" hat der Kölner Künstler Carsten Gliese seine Arbeit für die Brandmauer des rückwärtigen Gebäudes der Stadtgalerie genannt. "Weil sie wie im Huckepack an der Wand hängt", erklärte der Künstler, als er am Dienstag zur offiziellen Vorstellung in Saarbrücken weilte, den Namen

Saarbrücken. "Parasit" hat der Kölner Künstler Carsten Gliese seine Arbeit für die Brandmauer des rückwärtigen Gebäudes der Stadtgalerie genannt. "Weil sie wie im Huckepack an der Wand hängt", erklärte der Künstler, als er am Dienstag zur offiziellen Vorstellung in Saarbrücken weilte, den Namen. In der Tat weigert sich das Auge auch nach dem zweiten und dritten Blick zu glauben, dass es sich nicht um dreidimensionale Platten handelt, die wie auf einer Schiene zusammengeschoben, von der Brandmauer baumeln, sondern um plane Malerei, aufgetragen auf Folien, auf spezielle Aluminium-, so genannte Dibond-Platten. Doch erschöpft sich Glieses Arbeit keineswegs im traditionellen trompe-l'oeils-Effekt, wie man ihn von vorgetäuschten Fenstern zur Kaschierung blinder Wände kennt. Vielmehr schärft sie unsere Sinne. Denn nur wer sich auf die Einladung zur genaueren Beschäftigung mit der Architektur der formal reichhaltigen barocken Stadtgalerie-Fassade einlässt, ergründet, dass die rätselhaften, abstrakten Formen des "Parasiten" von dieser abgeleitet sind. Dann findet man die Konturen der Pilaster und der Fensteröffnungen mal als Hohlformen, mal als Körper wieder. Er habe die Schaufassade wie ein Bild betrachtet, sagt Gliese, und sich gefragt: Was wäre, wenn man sich hinter dieser keine Räume vorstellt, sondern das Gebäude als einen festen Körper, aus dem man einzelne Formen des Giebels wie ein Bildhauer "heraustreiben" könne? Architektur zu dekonstruieren und ihre Elemente neu zusammenzusetzen, darum ging es auch schon in der Ausstellung "Arbeitslicht", die die Stadtgalerie Gliese im Vorjahr widmete. Von Stadtgalerie-Leiter Ernest W. Uthemann stammte auch die Idee, den Kölner mit der Wandgestaltung zu beauftragen. Die könnte, falls niemand die Baulücke an der Brandmauer vorher schließt, mindestens 20 Jahre halten, sagt Kulturdezernent Erik Schrader. Das 23 000 Euro teure Projekt hatte jetzt schon einen positiven Nebeneffekt: Der Boden in der Baulücke wurde ordentlich befestigt, Werbetafeln entfernt - hoffentlich dauerhaft.

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