Ein Flüchtling wird zum Plagegeist

Saarbrücken · Sie sind die Gesundheitspolizei der Stadt und haben trotzdem einen ähnlichen Ruf wie Ratten und Tauben: Krähen. In Saarbrücken beschweren sich Anwohner über Lärm und Kot der Rabenvögel.

 Saatkrähen sind Koloniebewohner. Hier nistet ein Paar in der Preußenstraße. Foto: Iris Maurer

Saatkrähen sind Koloniebewohner. Hier nistet ein Paar in der Preußenstraße. Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer
 Wer in der Preußenstraße Busfahren will, sollte mit Regenschirm reisen. Foto: fab

Wer in der Preußenstraße Busfahren will, sollte mit Regenschirm reisen. Foto: fab

Foto: fab

Krähen haben ein mieses Image. Viele mitteleuropäische Völker verbinden mit den Rabenvögeln oft Tod und Unheil (im Gegensatz zum Beispiel zu den alten Griechen: für die sehen Krähen Unheil voraus und bringen Glück). Das miese Image haben Rabenvögel zu Unrecht. Beispiel "Rabeneltern": Kümmern sich Eltern nicht genug um ihren Nachwuchs, nennt man sie "Rabeneltern". Ein Bezug, der falsch ist: Zwar verlassen die Raben-Jungvögel früh das Nest ihrer Eltern, werden aber am Boden noch lange von ihren Eltern gefüttert und vor Feinden geschützt.

In Saarbrücken sorgen jetzt Saatkrähen für Ärger. Diese brüten im Gegensatz zu anderen Rabenarten (wie zum Beispiel Elster oder Rabenkrähe) in Kolonien. Dementsprechend laut ist es in deren Umgebung - und vor allem dreckig. Wie in der Preußenstraße. Dort beschwert sich Edel Mihm, dass viele Vögel in den Platanen an der Straße ihre Nester gebaut haben. Direkt über den Gehwegen und über der Bushaltestelle. "Die Bürgersteige sind übersät mit dem Kot der Tiere. An der Bushaltestelle der Linie 122 gibt es keinen anderen Gesprächsstoff", schreibt Edel Mihm in einer Mail an unsere Redaktion. Da in der Preußenstraße viele ältere Menschen wohnen, seien sie dem Kot von oben "wehrlos ausgeliefert".

Die Preußenstraße ist nicht der einzige Ort, an dem Saatkrähen nisten. Auch am Landwehrplatz gibt es viele Nester, einige direkt an Fußgängerampeln. Und auf dem Parkplatz an der Ecke Großherzog-Friedrich-Straße/Bleichstraße können Autofahrer ihr Auto nur abstellen, wenn sie anschließend bereit sind, es in die Waschanlage zu fahren.

Christian Bersin ist Leiter des Saarbrücker Umweltamtes. Er sagt, dass es in den vergangenen Jahren bisher nur sehr wenige Beschwerden wegen Krähen gegeben habe. "Zum Problem machen die Krähen die Menschen. Natürlich gibt es Beeinträchtigungen in Wohngebieten, aber als Fußgänger kann man dem Problem bei genug Aufmerksamkeit gut aus dem Weg gehen", sagt Christian Bersin. Man könne die Natur nicht ausschließen, nur weil einem die natürlichen Bedürfnisse der Tiere nicht gefallen.

Der Chef des Umweltamtes sieht aktuell keine Handlungsnotwendigkeit: "Die Tiere sind durch Vogel- und Naturschutzgesetze geschützt. Wenn es massive geschäftsbeeinträchtigende Probleme gibt, kann das Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz eine Güterabwägung machen", sagt Bersin.

Wie 2008 auf dem Ludwigsplatz: Dort hatte ein Wirt Probleme mit 24 Saatkrähen über seinem Biergarten. Der Kot der Tiere störte nicht nur seine Gäste, sondern war auch ein Gesundheitsrisiko. Damals entschied sich das Umweltministerium, die Nester nach der Brutzeit zu entfernen.

Krähen und Elstern haben mit Füchsen und Wildschweinen eines gemeinsam: Sie sind Wildtiere, die in der Stadt mittlerweile mehr Nahrung finden, als in ihren angestammten Lebensräumen. Krähen und Elstern finden hier Aas, Abfall und Essensreste. Sie sind somit eine Art Gesundheitspolizei. Schuld an der Landflucht sind laut Naturschutzbund (Nabu) die intensive Landschaftsnutzung und die damit einhergehende Fällung von Bäumen, die für Nester geeignet sind.

Nach Zahlen des saarländischen Umweltministerium von 2013 gibt es landesweit rund 8000 Rabenkrähen- und 3000 Saatkrähen-Brutpaare. Da alle besiedelbaren Lebensräume nun besetzt sind und Nahrungsquellen ausgeschöpft, sei ein Anstieg des Bestandes nicht möglich, hieß es damals.

Wenn Sie auch Tipps haben, hinterlassen Sie eine Nachricht unter Tel. (06 81) 5 95 98 00 oder schicken Sie eine E-Mail an leser-reporter@sol.de oder nutzen das Onlineformular.

saarbruecker-zeitung.de/

leserreporter.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort