Boll siegt auch abseits der Platte

Saarbrücken · Er war für jeden Spaß zu haben, in jeder freien Minute dicht umlagert – und am Ende nicht zu schlagen: Timo Boll gewann am Samstag das Tischtennis-Masters in St. Wendel. Und die Herzen der Fans.

 Gutes Boll-Werk: Timo Boll wehrte auch dieses Jahr alle Angriffe der Konkurrenten ab und siegte beim Masters in St. Wendel. Foto: Rup

Gutes Boll-Werk: Timo Boll wehrte auch dieses Jahr alle Angriffe der Konkurrenten ab und siegte beim Masters in St. Wendel. Foto: Rup

Foto: Rup

Timo Boll war nicht nur der Sieger des zehnten "Energis-Masters", auch in einer anderen Kategorie konnte ihm am Samstag im St. Wendeler Sportzentrum keiner das Wasser reichen: Der Titel "begehrtestes Autogramm" ging ganz klar an den deutschen Ausnahmespieler. Sobald Boll (32) die Spielerbox verließ, versammelte sich eine riesige Traube von jungen Autogrammjägern um ihn und folgte ihm bis in den Kabinengang. Die Szenerie erinnerte fast ein wenig an den Rattenfänger von Hameln, nur dass Boll nicht auf einer Flöte spielte, sondern die Kinder mit seinen Tischtenniskünsten verzauberte.

"Das Turnier ist für uns immer wieder eine schöne Erfahrung. Deshalb kam auch eine Absage nicht infrage, obwohl die europäische Tischtennis-Union die Champions-League-Partien auf den Tag davor verlegt hatte", sagte Boll, der Dauergast bei dem Turnier ist. Er sowie Dimitrij Ovtcharov und Patrick Baum waren direkt aus dem russischen Orenburg angereist, hatten zwölf Stunden Flug und Busreise hinter sich, als sie in St. Wendel ankamen.

Spektakuläre Ballwechsel

Dort zeigten sich die Stars des Turniers wieder sehr publikumsnah und boten den 1800 Zuschauern im ausverkauften Sportzentrum St. Wendel Tischtennis der Extraklasse. Für Österreichs Werner Schlager "stellt das Masters immer eine tolle Möglichkeit dar, Tischtennis dem breiten, teilweise auch fachfremden Publikum näher zu bringen".

Dementsprechend versuchte der 41-Jährige in seinen Gruppenspielen gegen Baum und Kirill Skachkov, die Halle durch spektakuläre, lange Ballwechsel zum Kochen zu bringen und dabei die ganze Vielfältigkeit des Sports zu zeigen. "Jeder versucht hier, auch die schwächeren Spieler mitspielen zu lassen. Dadurch wird das Spiel attraktiver für die neutralen Zuschauer", verrät Schlager das Erfolgsrezept des Turniers.

Der Weltmeister von 2003 zog sich zwischen seinen Partien gar nicht erst in die Katakomben oder den VIP-Bereich zurück, sondern blieb samt Lebensgefährtin Bettina Müller und den beiden Kindern einfach unter den Zuschauern sitzen. Für ihn und seine Familie hat das Turnier ohnehin einen besonderen Reiz. Seine Lebensgefährtin stammt aus Saarbrücken und spielte selbst viele Jahre Tischtennis. Daher verbindet der Schlager-Clan das Masters jedes Jahr mit einem Besuch bei Freunden und Verwandten. "Solange wir gewollt sind, kommen wir gerne vorbei", sagte Schlager nach der Siegerehrung.

Boll offener als Ovtcharov

Sehr gut zum Gesamtpaket passt auch Timo Boll. Der Rekordsieger, der bei der zehnten Auflage des Turniers zum sechsten Mal gewann, zählt nicht nur zu den Topspielern, er beherrscht auch das Spiel mit den Zuschauern. Während Ovtcharov sich fast nur darauf konzentrierte, sein bestes Tischtennis zu zeigen, ging Boll auf Gegner und Zuschauer ein. Er ließ Steffen Fetzner im Gruppenspiel bewusst gut aussehen, war bei jedem Spaß des Doppelweltmeisters dabei und zeigte sich offener als der Topfavorit. Auch aufgrund der größeren Sympathie beim Publikum ging der Titel "beliebtestes Autogramm" letztendlich verdient an Boll.

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