Lächelnd in den Urlaub

St. Wendel. Beinahe wäre es noch einmal eng geworden. Alle hatten sie gestern beim energis Masters in St. Wendel auf dieses eine Spiel gewartet. Timo Boll gegen Dimitrij Ovtcharov. Die beiden Spieler, die das deutsche Tischtennis zu Zeit nach Belieben dominieren

 Einmal posieren fürs Siegerfoto: Gewinner Timo Boll (links) und Dimitrij Ovtcharov. Foto: Guldner

Einmal posieren fürs Siegerfoto: Gewinner Timo Boll (links) und Dimitrij Ovtcharov. Foto: Guldner

St. Wendel. Beinahe wäre es noch einmal eng geworden. Alle hatten sie gestern beim energis Masters in St. Wendel auf dieses eine Spiel gewartet. Timo Boll gegen Dimitrij Ovtcharov. Die beiden Spieler, die das deutsche Tischtennis zu Zeit nach Belieben dominieren. Boll, 31, die prägende Figur im europäischen Tischtennis der letzten Jahre, und Ovtcharov, 24, im Sommer Bronzemedaillengewinner bei den Olympischen Spielen in London im Einzel.

Es war also alles wie gemacht für das Duell im Finale vor 1600 Zuschauern im Sportzentrum St. Wendel. Beide hatten sie ihre Vorrundengruppen gewonnen, beide ohne Niederlage. Boll hatte im Halbfinale vorgelegt, sein Duell gegen Patrick Baum aus Worms klar mit 3:0 gewonnen. Und es sah alles so aus, als würde es ihm Ovtcharov in seinem Halbfinale gleich tun. 2:0 hatte er gegen Kirill Skachkov geführt - komfortabel für einen mit Ovtcharovs Fähigkeiten. Eigentlich. Denn dann kam Skachkov. Erst 11:8, dann 11:3. Plötzlich war nicht nur der Favorit unter Druck, sondern auch das Traumfinale in Gefahr. Doch Ovtcharov fing sich, siegte knapp mit 11:9 und zog ins Finale ein.

Und es sollte das Duell werden, das sich so viele erwartet hatten. Ballwechsel von höchster Intensität. Der erste Satz ging mit 11:8 an Boll, dann ein souveräner 11:6-Sieg für Ovtcharov. Doch insgesamt machte Boll den besseren Eindruck, gewann die beiden folgenden Sätze mit 11:8 und 11:6 und verteidigte seinen Masters-Titel. Es war ein umkämpftes Finale. Aber - und das überrascht angesichts aller Diskussionen um eine Wachablösung im deutschen Tischtennis - auch immer wieder herzlich lächelnd, fern der erwarteten Verbissenheit.

Dabei waren beide Spieler noch nicht im Vollbesitz ihrer Kräfte. Ovtcharov war gerade aus dem Urlaub zurückgekehrt, Boll erst von einer Bindehaut-Entzündung genesen. "Aber ich komme immer wieder gerne. Es ist mittlerweile so etwas wie ein familiärer Kreis hier", sagte Boll. Für ihn fängt die Winterpause jetzt erst an, für Ovtcharov geht bereits die Vorbereitung auf die Saison los. Eine Saison, in der er die Leistungen des vergangenen Jahres bestätigen will: "Ab Februar will ich mich wieder mit der Weltklasse messen und dabei sind die Ziele hoch." Zumindest bei Masters in St. Wendel hat Boll aber den nächsten Angriff seines designierten Thronerben abgewehrt. Das Kräfteverhältnis im deutschen Tischtennis wird davon sicher nicht beeinflusst. Aber wer das Lächeln in Timo Bolls Gesicht sah, als er inmitten der Traube aus Autogrammjägern verschwand, der wusste, dass er da nicht gegen irgendjemand gewonnen hatte.

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