Musikerinnen und Musiker in der Region Eine Party im Studentenwohnheim hatte anhaltende Folgen

SAARBRÜCKEN · Michael Hupperts ist ein ungemein vielseitiger Musiker, in allerlei Formationen aktiv. Zum Jazz kam er erst spät, aber umso leidenschaftlicher.

 Michael Hupperts hat die Posaune als Herzens-Instrument, spielt aber noch sehr viele andere.

Michael Hupperts hat die Posaune als Herzens-Instrument, spielt aber noch sehr viele andere.

Foto: krämer/KERSTIN KRAEMER

„Die Posaune ist für mich ein sehr erdiges Instrument, sehr nah an der menschlichen Stimme“, sagt Michael Hupperts: „Ich erfreue mich jeden Tag aufs Neue an dem Klang und kann durch sie wunderbar meine Gefühle ausdrücken.“

Mit seiner Posaune und der unermüdlichen Suche nach „neuen und ungewöhnlichen Klängen“ begeistert Hupperts vor allem die Liebhaber eines modernen, frei improvisierten Jazz. In der Szene zählt der Wahl-Saarbrücker, der diverse weitere Instrumente spielt, über unsere Region hinaus zu den gefragten Protagonisten.

Und auch im Klassik- und Popularmusiksektor ist der Musiker und Instrumentallehrer, den eine Aura der Gelassenheit umweht, äußerst rege. Ob Ensembles wie Thewes Little Big Band, Bayou Street Beat & Brass Band, La Chapelle Rhénane und Bundesjugendorchester, ob CD-Einspielungen mit der Rockband Jupiter Jones oder der Jazzerin Kaori Nomura – Michael Hupperts war und ist mit von der Partie.

Er musizierte bereits bei namhaften Großtreffen wie Ruhrfestspiele Recklinghausen, Chiemsee Summer, Jazz Festival Basel, Innsbrucker Festwochen der Alten Musik, Southside und Hurricane Festival; er tourte nach Russland, Südkorea und Argentinien.

Das Licht der Welt erblickte Michael „Huppi“ Hupperts 1982 in Gerolstein in der Eifel. Ein verlockendes Schlagzeug im Keller der Nachbarn, Musikalische Früherziehung und die Blockflöte – das waren allererste musische Erfahrungen des heutigen Profis.

Hinzu kamen die Klarinette und schließlich die Posaune – die blies er zunächst im Musikverein Niederprüm, wo Michael aufwuchs. „Daraus entstand eine Liebe fürs Leben“, gesteht Hupperts, der Euphonium und Tuba „meine Nebeninstrumente“ nennt.

In jungen Jahren hörte er freilich viel Grunge, Metal und Rock und nahm daher obendrein mehrere Jahre Unterricht in E-Gitarre; autodidaktisch gesellten sich Klavier und Schlagzeug hinzu.

Stilistische Scheuklappen sind dem uneitlen Multitalent bis heute absolut fremd. Die Liste der von ihm besonders verehrten Musiker reicht von Art Ensemble of Chicago, Bach, Beatles, J. J. Cale, D‘Angelo, Miles Davis, Nick Drake, Duke Ellington, Ella Fitzgerald, Jimi Hendrix, Hypnotic Brass Ensemble, J Dilla, Dr. John, Roland Kirk, Nirvana, Hermeto Pascoal, Sun Ra, Rebirth Brass Band bis Helge Schneider.

Zum Jazzer wuchs Hupperts („in der Eifel war mit Jazz nicht so viel los“) während seines Orchestermusik-Studiums an der Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf: „Eines Abends auf einer Party im Studentenwohnheim“ habe er mit einem „Kollegen“ einfach losgejammt. „Aus heutiger Sicht war es ein Trance-artiger Zustand“, erzählt der Posaunist, „von da an wusste ich, dass da noch mehr in mir schlummert, als nur Noten abzuspielen.“

Also kamen die Blue-notes auf den Studienplan, und zwar an der Hochschule für Musik Saar (HfM), seinem zweiten Studienort, in Form eines Jazz-Aufbaustudiums bei Christof Thewes. Seit 2001 ist Hupperts Saarbrücker, wohnt heute mit seiner Frau Marie, dem dreijährigen Sohn Neo und der Hündin Ronia in Alt-Saarbrücken und schätzt „die kurzen Wege, die Natur (viel Wald), das rege Kulturleben, das gute Essen und die vielen netten Menschen“. Gartenarbeit, Spazierengehen, Lesen und auch das Malen zählt er zu seinen Steckenpferden.

Als „Lehrer für tiefes Blech“ unterrichtet der Musikus an der Willi-Graf-Schule Saarbrücken und an der Kreismusikschule Südwestpfalz. „Die Rolle des Instrumentallehrers hat sich in den letzten Jahren etwas gewandelt“, sagt Hupperts: „Durch den zunehmenden Schulstress und die sozialen Medien (Smartphone) wird es immer schwieriger für die Schüler, regelmäßig zu üben; so wird die Stunde oft eher zum Ausgleich des Alltagsstresses – manchmal fühlt man sich ein wenig wie ein Therapeut.“

In den Corona-Zeiten gelte es nun zudem, mit „Spuckschutz-Rollos oder Damenstrumpfhosen, die über die Schalltrichter gezogen werden“, zu unterrichten. Doch: „Ob nun Malerei, Sprache, Tanz oder Musik – Kunst kann heilen“, so der Mitstreiter der verdienstvollen Saarbrücker „Ini-Art Initiative für Musikkunst“. „Spiel, was du fühlst“, lautet sein künstlerisches Credo. „Musik bietet mir die Möglichkeit, all meine Empfindungen in Töne umzuwandeln – ich finde, dies ist ein Grundbedürfnis eines jeden Menschen.“

Ein Leib-und-Magen-Projekt („meine Hauptband“) von Michael Hupperts ist das frei improvisierende Trio „Pink Elephant“ mit Henk Nuwenhoud und Pascal Zimmer. Hier bringt Hupperts zusätzlich Instrumente wie Melodika, Flöten, Synthesizer und Perkussion zum Einsatz. Mit Nuwenhoud spielt er bereits 15 Jahre zusammen. Für 2021 ist ein Pink-Elephant-Album geplant.

Gespannt blickt der Posaunist auch auf das Debüt des FreeJazzSaar-Orchesters, bei dem er gleichfalls mitwirkt, beim „CoronaFreeJazzMarathon“ am Samstag, 10. Oktober, im Ev. Gemeindezentrum am St. Johanner Markt: „Das wird ein herrliches Chaos.“

Zunächst lässt Michael Hupperts sich nun am heutigen Mittwoch, 23. September, 18 Uhr mit dem illustren Saarbrücker „InZeitEnsemble“ bei der Sommerreihe „Kleine Abendmusik“ auf dem Hauptfriedhof hören. Bei der Hommage an den kürzlich verstorbenen Kontrabassisten Jürgen Wuchner ist der Eintritt frei, es sind 50 Zuhörer zugelassen.

Anmeldung Kleine Abendmusik:(0681) 905-4902 und -4903, thomas.hartmann@saarbruecken.de oder thomas.altpeter@saarbruecken.de
www.saarbruecken.de/kultur 

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