Kolumne So kann’s gehen Der Markt regelt nix!

Es klingt so simpel: Die Nachfrage bestimmt das Angebot. Was aber, wenn diejenigen, die Waren anbieten, ihre ganz eigenen Vorstellungen davon haben, was ich als Kundin mögen muss?

 Kommentarkopf Aline Pabst

Kommentarkopf Aline Pabst

Foto: SZ/Robby Lorenz

Fleischfabrikant Tönnies hat die Branche in ihre schwerste Krise seit Erfindung der Grünkernfrikadelle gestürzt. Jedenfalls, wenn man den sozialen Medien glaubt. Da herrscht blankes Entsetzen über die Zustände im Schlachthof in Rheda-Wiedenbrück. Hygiene mangelhaft! Völlig desolate Arbeitsbedingungen! Und dann dieses Horrorbild: 20 000 geschlachtete Schweine, nur in diesem einen Schlachthof, PRO TAG!

Ich finde das ja fast schon niedlich. Nicht die Affäre an sich natürlich. Die Reaktionen darauf. Seien wir mal ehrlich: So richtig überraschend waren diese „Enthüllungen“ nicht. Aber was mecker ich: Schließlich scheinen seit dem Skandal viele ihren Fleischkonsum zu überdenken. Super Sache, zudem noch nie so einfach wie heute. Inzwischen gibt es Ersatzprodukte, neben denen Grünkernfrikadellen aussehen wie etwas, das nicht mal Herr Tönnies als Schweinefutter verwenden würde.

Problem: Mein Vorsatz, weniger Fleisch zu essen, endet regelmäßig vor gähnend leeren Regalen. Vegane und vegetarische Alternativen – meist sofort vergriffen. Mehr bestellt wird nie. Trotz offensichtlicher Nachfrage. Wie geht das? Ein Kumpel, passenderweise Vegetarier und für die Gemüseabteilung seines Supermarkts zuständig, brachte Licht ins Dunkel: Bei den Bestellungen haben Abteilungsleiter meist freie Hand. Und wenn die keine Lust auf vegan haben, gibt’s halt auch nix. Von wegen „der Markt regelt“. Das glaubt auch nur Christian Lindner. Der hat den Trend aber sehr wohl erkannt: Er hält Aktien von „Beyond Meat“, veganes Burger“fleisch“ aus Erbsenprotein. So authentisch, dass sogar meine Mutter darauf reinfiel. Solche Alternativen könnten nachhaltig etwas verändern – wenn da nur nicht diese sturen Abteilungsleiter wären. Naja, abwarten: Der nächste Fleischskandal kommt bestimmt. Irgendwann fällt diesen Herren (und der einen oder anderen Dame) sicher wieder ein, dass das Sortiment den Kunden gefallen soll, nicht ihnen. Bis dahin hilft nur eins: beschweren.

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