Kolumne So kann’s gehen Liebe Grüße aus der Zukunft

Dass Zeitreisen kein Nonsens sondern Realität sind, können wir Ihnen nun aus erster Hand und mit vollkomener Ernsthaftigkeit verraten ...

Marco Reuther versucht sich als Zeitreisender und blickt weit voraus
Foto: SZ/Robby Lorenz

Sicher haben Sie gewusst, was für ein wahnsinnig bedeutender Tag an diesem Sonntag in den USA begangen wird. Ganz genau: Es ist – kein Witz – der „Gib vor, ein Zeitreisender zu sein, Tag“ („Pretend to be a Time Traveller Day”). Dieser Tag wird, wie immer seit zwölf Jahren, am 8. Dezember von Science-Fiction-Fans gefeiert, die damit zeigen, dass man in den Vereinigten Staaten nicht nur bei der Wahl des Präsidenten einen ganz besonderen Humor an den Tag legt.

 Was aber den wenigsten bekannt ist: Zeitreisen sind keineswegs Nonsens. Es gibt sie wirklich. Ich muss es wissen. Denn ich bin ein Zeitreisender – und kann somit ganz genau sagen, wie unsere Zukunft aussieht: Da in den kommenden 20 Jahren auch der Letzte erkannt hat, dass Windräder und Solarkraft ungefährlich und das tausendmal kleinere Übel im Vergleich zu Kohle- und Atomstrom sind, werden wir ab 2046 ausschließlich durch emissionsfrei erzeugte Energie versorgt, die dann in ihrem Überfluss extrem billig ist und die Macht der Öl- und Gas-Potentaten in der Welt gebrochen hat. Ein technischer Meilenstein zur Stromspeicherung war der 2027 in Völklingen-Fenne entwickelte Maggi-Akkumulator.

Im Jahr 2053 stehen die Brexitverhandlungen mit Restengland, zwei Dörfern in West-Sussex, kurz vor ihrem Abschluss.

Erfreulicherweise setzte sich in den 2070er-Jahren auch der Gedanke durch, dass man unterschiedlichen Religionen nachgehen kann, ohne sich deswegen umzubringen. Zur Feier des von allen religiösen Führern und atheistischen Organisationen unterzeichneten Respekt-Paktes gab es am 3. Oktober 2081 hohen Besuch an der Saar: Päpstin Magdalena III. verweilte bei ihrer Reise durch die Europäische Föderation auch in deren Hauptstadt Kleinblittersdorf. Ihr Gatte war ebenfalls dabei.

Nachdem Hunger, Armut und Bildungsferne ausgemerzt waren, gab es seit dem 3. Juli 2113 auch keine Kriege mehr auf der Erde, und im Jahr 2143 wurde das letzte Gefängnis geschlossen. Drei Jahre später verstarb, mit nur 147 Jahren, der letzte Mensch, der in seiner Jugend noch Hassschriften, Beleidigungen und Fotos seines Mittagessens im Internet verbreitet hatte – ein gewisser Jörn Öcke aus Hüringen. Aus Reue hatte er seinen Körper dem Kuriositätenkabinett Detmold vermacht, wo er dann auch – fachgerecht ausgestopft – ausgestellt wurde; direkt neben der letzten erhalten gebliebene Fake-News der Menschheitsgeschichte. Die war seltsamerweise in der Saarbrücker Zeitung erschienen, in der Ausgabe vom 6. Dezember 2019 auf Seite C 1.

Schade, eigentlich.

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