Entscheidung des Generalstaatsanwalts Corona-Demonstranten mit Bananen-Flaggen müssen nicht vor Gericht

Exklusiv | Saarbrücken · Eine Deutschland-Fahne, die eine Banane zeigt und damit die Bundesrepublik in die Nähe einer „Bananen-Republik“ rücken soll – ist das eine strafbare Verunglimpfung des Staates? Nein, sagt der Generalstaatsanwalt nun. Aber warum?

Corona: Demonstranten in Saarbrücken mit Bananen-Fahnen müssen nicht vor Gericht
Foto: Oliver Dietze

Das vermeintliche Corpus Delicti, das im Saarland tagelang die Ermittlungsbehörden beschäftigt hat, gibt es für ein paar Euro bei Amazon und Ebay zu kaufen. Die Deutschlandfahne mit Bananen-Aufdruck ist 90 x 150 Zentimeter groß, aus reißfestem Polyester und mit zwei Metallösen zum Hissen ausgestattet.

Deutschland ist eine „Bananen-Republik“ – das soll diese Fahne ausdrücken. Wer sie bei Demonstrationen gegen die Impfpflicht schwenkte, bekam Ärger mit der saarländischen Polizei. In sechs Fällen leiteten die Ermittler ein Verfahren ein, davon zweimal gegen Unbekannt. Drei Fahnen wurden polizeilich sichergestellt.

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Das steht im Strafgesetzbuch über die Verunglimpfung der Flagge

Schließlich legt das Strafgesetzbuch (§ 90a) fest: „Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts … 1. die Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder oder ihre verfassungsmäßige Ordnung beschimpft oder böswillig verächtlich macht oder 2. die Farben, die Flagge, das Wappen oder die Hymne der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder verunglimpft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Die Fahnenträger aus dem Saarland müssen aber keine Sorge haben, dass sie nun zahlen oder sogar ins Gefängnis müssen. Die Generalstaatsanwaltschaft Saarbrücken stuft die Verwendung der Bananen-Fahnen nach einer Prüfung nicht als strafbare Handlung ein. Ein Sprecher teilte der SZ mit, die Gleichsetzung der Bundesrepublik mit einer „Bananen-Republik“ erweise sich zwar als scharfe und polemische, überzogene Kritik an der geplanten Impfpflicht.

„Eine solche Meinungsäußerung ist allerdings angesichts der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung durch Art. 5 GG (Meinungsfreiheit, Anm. d. Red.) aus dem besonderen Schutzbedürfnis der Machtkritik gedeckt, da hierdurch in der konkreten Art und Weise der Meinungsäußerung der Staat nicht dermaßen verunglimpft wird, dass dies zumindest mittelbar geeignet erscheint, den Bestand der Bundesrepublik Deutschland, die Funktionsfähigkeit seiner staatlichen Einrichtungen oder die Friedlichkeit in der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden.“ Dies gelte, zumal die Demonstration, bei der die Fahne verwendet wurde, friedlich und ohne Aufrufe zur Gewalt verlaufen sei.

Ähnlich hatten in den Jahren zuvor schon andere Strafverfolgungsbehörden in Deutschland entschieden, etwa die Staatsanwaltschaft Dresden 2018 nach einer Pegida-Demonstration.

Schon 2009 musste sich die Staatsanwaltschaft Ellwangen mit einer ähnlichen Frage auseinandersetzen, nachdem ein Mann vor seinem Haus eine Bananen-Fahne gehisst hatte. Die „Welt“ zitierte damals aus der Begründung der Staatsanwaltschaft, warum sie nicht ermittelt: „Das öffentliche Hissen der Flagge stellt, anders als beispielsweise provokatives Aufstellen der Bundesflagge in einem Misthaufen, keine Verunglimpfung der Flagge dar.“ Durch den Aufdruck der Banane werde „nicht die Flagge selbst empfindlich geschmäht oder besonders verächtlich gemacht“, sondern allenfalls die Bundesrepublik Deutschland als „Bananen-Republik“ bezeichnet. Diese Bezeichnung sei weder eine üble Beschimpfung noch eine böswillige Verächtlichmachung.

Was versteht man unter einer „Bananen-Republik“?

Was überhaupt unter einer „Bananen-Republik“ zu verstehen ist, das klärte nun die Generalstaatsanwaltschaft Saarbrücken. Ihre Definition lautet: ein Staat, „in dem Korruption und Bestechlichkeit vorherrschen, dessen Rechtssystem nicht funktioniert, dessen wirtschaftliche oder politisch-moralische Verhältnisse von Ineffizienz und Instabilität geprägt sind oder in dem staatliche Willkür herrscht“.

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