Dramatischer Vorfall in Großrosseln Hunde verbeißen sich in Pferd – Passanten berichten von Jagdszenen

Großrosseln · Zwei große frei laufende Hunde haben in Naßweiler ein Pferd durch tiefe Bisse lebensgefährlich verletzt. Die Reiterin fiel vom Pferd, verletzte sich. Sie und Passanten schildern dramatische Szenen.

 Die 23-Jährige Michelle Zimmer und das Therapiepferd Blue wurden am Sonntag beim Ausreiten in Naßweiler durch den Angriff zweier Hunde verletzt. Der 20jährige Blue ist behandelt, aber noch nicht über den Berg.

Die 23-Jährige Michelle Zimmer und das Therapiepferd Blue wurden am Sonntag beim Ausreiten in Naßweiler durch den Angriff zweier Hunde verletzt. Der 20jährige Blue ist behandelt, aber noch nicht über den Berg.

Foto: Heiko Lehmann

Es hätte am vergangenen Sonntag, bei tollem Wetter, ein schöner und entspannender Ausritt werden sollen, so wie es Michelle Zimmer und ihre Freundin Sina schon oft gemacht hatten. Doch das Ganze endete zwischen dem Großrosseler Ortsteil Naßweiler und Frankreich in einer absoluten Katastrophe.

„Wegen des schönen Wetters waren viele Spaziergänger unterwegs, die auch Hunde dabei hatten. Die meisten waren an Leinen, und viele nahmen ihre Hunde auch auf den Arm, als wir vorbeiritten“, erzähl Michelle Zimmer. Doch als die zwei Frauen an eine Wiese kamen, sahen sie zwei Hunde unangeleint in der Wiese liegen. „Ein Mann stand daneben und signalisierte uns, dass wir vorbeireiten können und die Hunde nichts machen“, erzählt Michelle Zimmer. Die beiden Frauen ritten weiter – doch nur etwa 50 Meter, dann passierte es.

Hunde verbissen sich in Pferd Blue – Spaziergänger berichten von Jagdszenen

„Ich hörte Sina plötzlich laut schreien. Als ich mich umdrehte, sah ich, wie zwei Hunde auf mich und Blue (Name des Pferdes) zugestürmt kamen. Blue machte einen Sprung zur Seite und ich fiel runter. Danach verbissen sich die Hunde in Blue“, so die 23-Jährige weiter. Sie muss auch drei Tage nach dem Vorfall beim Erzählen noch mit den Tränen kämpfen.

Die beiden Freundinnen kommen seit Jahren auf die Pferde- und Ziegenalm in Naßweiler, beschäftigen sich mit den Tieren und reiten mit den Pferden aus. Geistesgegenwärtig rief Freundin Sina am Sonntag sofort auf der Alm an und benachrichtigte die Besitzerin Simone Hinnüber. Zu diesem Zeitpunkt war Blue immer noch auf der Flucht vor den Hunden in Richtung Alm. Spaziergänger berichteten später von wilden Jagdszenen und einer Absperrung, durch die Blue im Schockzustand einfach durchlaufen wollte. „Blue hat Bisswunden im gesamten Bauchbereich, an den Hoden, an den Unter- und Oberschenkeln der Hinterbeine. Die Bisse gingen bis auf die Knochen, und es war alles voller Blut. Hinzu kamen Quetschungen und Verletzungen an den Hufen, da auch Hufeisen verloren gingen“, erzählt Simone Hinnüber.

Besitzerin verletzte sich selbst und musste ins Krankenhaus

Sie informierte sofort die Tierärztin Katharina Hauck, eine Freundin von ihr, die nur drei Häuser entfernt wohnt und sofort mit ihr zu Blue rannte, der in der Absperrung feststeckte. Auch Michelle Zimmer verletzte sich beim Sturz – am Halswirbel – und zog sich mehrere Prellungen zu. Sie wurde von Freundin Sina auf ihrem Pferd mit zurück auf die Alm genommen, da sie nicht mehr laufen konnte.

„Unterwegs sahen wir den Hundebesitzer mit seinen Hunden wieder. Er schlug wie verrückt mit einem Gegenstand auf die Hunde ein, hatte die Hunde aber immer noch nicht an der Leine“, so die 23-jährige Altenpflegerin, die wegen der Verletzungen in dieser Woche nicht arbeiten kann. Sie wurde am Sonntag mit einem Krankenwagen ins Krankenhaus gebracht.

Kampf ums Leben von Pferd Blue: „Es war dramatisch“

Auf der Alm drehte sich zu diesem Zeitpunkt alles um die Lebensrettung von Blue. Ein Team der Tierklinik Altforweiler kam auch zur Hilfe. „Es war dramatisch. Blue bekam Beruhigungsmittel und sollte eigentlich in eine Klinik transportiert werden. Aber Blue stand noch so unter Schock, dass er den Transporter demolierte und nicht transportiert werden konnte. Wir mussten ihn vor Ort behandeln, doch es hörte einfach nicht auf zu bluten. Wir hatten die Spritze zum Einschläfern schon aufgezogen“, erzählt Simone Hinnüber. Sie kümmert sich mit ihrem Mann auf der Alm mit vielen Helfern und Vereinsmitglieder um ganz viele Tiere, die von Menschen verstoßen, abgegeben oder einfach nicht mehr gebraucht werden. „Blue ist 20 Jahre alt und so etwas wie die gute Seele der Alm. Er ist ein Therapiepferd, und mit ihm konnten wir schon sehr vielen kranken Kindern helfen. Die Kinder kamen am Sonntag und Montag und weinten, als sie ihren schwer verletzten Blue sahen“, so Simone Hinnüber weiter.

Neben den Kindern kamen in diesen vergangenen Tagen auch mehr als 100 Menschen auf die Alm und spendeten für Blue und die Alm. „Ich weiß nicht mehr, wann es am Sonntag genau war, aber irgendwann hörte es auf zu bluten. Wir legten Blue Verbände an, und er wurde mit Medizin versorgt. Es geht ihm etwas besser, aber er ist immer noch nicht über dem Berg“, so die Vorsitzende des Vereins Pferde- und Ziegenalm Nassweiler.

Anzeige gegen Halter des Hundes: „Für mich ist das eine Kampfmaschine“

Der Verein, Simone Hinüber und Michelle Zimmer erstellten Strafanzeige bei der Polizei gegen den Hundehalter. „Die Polizei war am Sonntag bei uns auf der Alm und teilte uns mit, dass es sich sogar um ein Tötungsdelikt handeln würde, wenn Blue es nicht überleben sollte“, so Simone Hinüber.

Die Almbesitzer und Vereinsmitglieder hatten auch recht schnell den Namen des mutmaßlichen Hundehalters in Erfahrung bringen können. Sie statteten ihm einen Besuch ab. „Wir wollten normal reden, und der Besitzer gab sich als Hundetrainer aus, dessen Hunde normalerweise nur Hühner und Enten jagen. Wir haben einen der Hunde gesehen. Ich habe selber Hunde und kenne mich aus, aber so etwas habe ich noch nicht gesehen. Der war etwa einen Meter hoch, muss irgendein Dobermann-Mischling sein, und er hatte Zähne wie eine Raubkatze. Für mich ist das eine Kampfmaschine“, schildert Simone Hinnüber ihren Eindruck.

 Simone Hinnüber mit einem ihrer Schützlinge.

Simone Hinnüber mit einem ihrer Schützlinge.

Foto: Heiko Lehmann

Sie und die Vereinsmitglieder auf der Alm kämpfen in diesen Tagen weiter um das Leben von Blue. Auch wenn es wohl nie mehr so werden wird, wie es einmal war. „Blue ist traumatisiert. Ich weiß nicht, ob er wieder als Therapiepferd eingesetzt werden kann, wenn er überlebt“, sagt Simone Hinnüber, „das Schlimme ist auch, dass Michelle auch mit Blue therapiert wurde, da sie eine unglaubliche Angst insbesondere vor Hunden hatte. Und dann passiert so etwas Schreckliches.“

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