Impfgegner sind Streitthema bei Saar-Politikern „Verunglimpfung unseres Symbols“ – Landtag diskutiert über Bananenflagge auf Corona-Demos im Saarland

Saarbrücken · Die Saar-Politik diskutiert über die jüngste Corona-Demo in Saarbrücken: CDU-Fraktionschef Alexander Funk appelliert an die Saarländerinnen und Saarländer, auf Demos nicht das Virus zu verbreiten. Und auch die Bananenflagge war Teil der Debatte im Landtag.

 Am Sonntag haben 6000 Menschen in Saarbrücken gegen die Corona-Politik der Bundesregierung und gegen eine Impfpflicht demonstriert. Das treibt auch den saarländischen Landtag um.

Am Sonntag haben 6000 Menschen in Saarbrücken gegen die Corona-Politik der Bundesregierung und gegen eine Impfpflicht demonstriert. Das treibt auch den saarländischen Landtag um.

Foto: BeckerBredel

Bananenflagge, wachsende Teilnehmerzahl und Demogäste aus Frankreich: Die Fraktionen im saarländischen Landtag haben sich zu der jüngsten Corona-Demo in Saarbrücken geäußert. Bei der bisher größten Protestkundgebung gegen die Corona-Politik und eine geplante Impfpflicht kamen am Sonntag nach Polizeiangaben rund 6000 Menschen zusammen. „Das Demonstrationsrecht und das Recht auf freie Meinungsäußerung sind demokratisch, richtig und wichtig“, sagte CDU-Fraktionschef Alexander Funk am Montag in der Landespressekonferenz vor Journalisten. Allerdings sei auch jeder Einzelne aufgerufen, zur Bewältigung der Pandemie beizutragen, auch bei Demos. „Das Mindeste ist, Abstand zu halten und Masken zu tragen, das müssen wir einfordern.“

„Ermittlungen gehen nun ihren Gang“

Zwei Appelle hat Funk an die Saarländerinnen und Saarländer, die an den Demos teilnehmen: „Sie sollen bei den Demos nicht zur Verbreitung des Virus beitragen, und sich nicht mit Rechtsradikalen gemein machen.“ Dies sei bisher im Saarland weniger der Fall als in anderen Bundesländern, wo Rechtsradikale die Demos nutzten, um den Staat an sich infrage zu stellen. Und die Bananenflagge? „Das ist eine Verunglimpfung unseres Symbols, ist aber qualitativ nicht vergleichbar mit dem, was in anderen Ländern vonstattengeht. Unabhängig davon, ob es vielleicht witzig sein sollte, was es nicht ist, gehen die Ermittlungen nun ihren Gang“, sage Funk.

SPD-Fraktionschef Ulrich Commerçon gab zu bedenken, dass 6000 Demo-Teilnehmer nicht den Querschnitt des Saarlandes repräsentierten. „An jedem Wochentag lassen sich zehntausend Saarländerinnen und Saarländer impfen. Das ist eine Demonstration, die jeden Tag stattfindet.“ Die Impfquote im Saarland liege bei 80 Prozent, 500 000 seien schon geboostert. „Das ist der wirkliche Querschnitt der Bevölkerung. Das andere ist eine Minderheit, die das Recht hat, zu demonstrieren, man muss sich deren Argumente auch anhören. Aber man darf das nicht überbewerten“ sagte Commerçon.

In puncto Information vermisst der SPD-Fraktionschef eine Öffentlichkeitskampagne der Bundesregierung, die öffentlich wahrgenommen werde, beispielsweise Radio- und Fernseh-Spots und emotionale Aufklärungskampagnen, wie dies etwa bei Sensibilisierungsaktionen zu HIV der Fall sei. „Ich höre an vielen Stellen, dass es noch nicht genug Aufklärung gibt.“ Dabei entpuppten sich Sprachbarrieren genauso als Hindernisse für eine bessere Aufklärung bezüglich der Impfung wie auch der Bezug von Informationen über weniger vertrauenswürdige Kanäle, wie beispielsweise Telegram.

Oskar Lafontaine spricht von einer Impfnötigung

Für die Vorsitzende der Fraktion Saar-Linke, Barbara Spaniol, sind 6000 Demonstranten eine „sehr beachtliche Zahl“. Angesichts des von der Politik durch Hin und Her verspielten Vertrauens dürfe man sich nicht wundern, wenn die Menschen demonstrierten. Oskar Lafontaine, Vorsitzender der Linksfraktion im Landtag, sprach von einer Impfnötigung, die seit vielen Monaten herrsche. Man könne die Angst vor der Impfung nicht mit dem Verlust des Arbeitsplatzes bestrafen, dies sei eine „völlig inakzeptable Entwicklung“. Bezüglich der wachsenden Proteste merkt er an: „Die Leute merken ja, dass etwas nicht stimmt. Wir haben darauf hingewiesen, dass sich die Erwartungen, die mit dem Impfen verbunden waren, nicht erfüllt haben.“ Man habe anfangs noch an die Theorie der Herdenimmunität geglaubt, und nicht um die Haltbarkeit der Impfungen gewusst.

AfD-Fraktionschef Josef Dörr erklärte, dass eine Demonstration mit 6000 Menschen in Saarbrücken „kein Pappenstiel“ sei, sondern viel. Der Druck auf Ungeimpfte werde größer. „Das sind mündige Bürger, die ihre Unzufriedenheit zeigen“, sagte Dörr. Die Menschen müssten lernen, mit dieser Krankheit zu leben. Rudolf Müller, stellvertretender AfD-Fraktionsvorsitzender, wertete Proteste gegen Corona-Maßnahmen als einen demokratischen Prozess.

In der Diskussion um eine geplante Einführung einer allgemeinen Impfpflicht gegen Corona sprach sich Spaniol, Vorsitzende der Saar-Linken, aufgrund des starken „verfassungsrechtlichen und ethischen Eingriffs“ gegen eine Impfpflicht aus. Auch Dagmar Ensch-Engel, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Saar-Linken, befürwortet eher eine Beratungspflicht, da man mit Überzeugungsarbeit weiter komme als mit Zwang. Diese Beratungen sollen nach Vorstellung von Ensch-Engel von qualifizierten medizinischen Personal, vor allem Hausärzten, übernommen werden. Eine solche Beratungspflicht hält indes CDU-Fraktionschef Funk angesichts 10 Millionen Ungeimpfter für „organisatorisch schwierig“.

SPD-Fraktionschef Commerçon plädiert dafür, dass die Impfpflicht nicht verschoben werden darf. „Es wird zu einer Mehrheit im Deutschen Bundestag für eine Impfpflicht kommen.“ Der März sei zu spät. „Wir haben im Saarland während der Corona-Krise auch viele Sondersitzungen gemacht“, sagte Commerçon mit einem Wink nach Berlin. Die Argumente für die Impfpflicht seien angesichts der scheinbar schwächeren Omikron-Variante und Impfdurchbrüchen auch nicht schwächer geworden – das Gegenteil sei der Fall. „Die Intensivstationen sind weniger belastet, da die Verläufe bei Geimpften und Geboosterten eben schwächer sind“, sagte Commerçon. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Funk erklärte, dass die Debatte um eine Impfpflicht jetzt geführt werden müsse und dies im Bundestag geschehen müsse. „Wir wollen die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht. Sie ist auch ein Akt der Solidarität denjenigen gegenüber, die geimpft sind und sich an die Regeln halten.“ Die Bundesregierung müsse jetzt auch einen Gesetzentwurf vorlegen.

Solange die Impfung freiwillig sei, müssten die Menschen selbst für mögliche Impfschäden aufkommen, sagte der AfD-Fraktionsvorsitzende Dörr. „Wenn der Staat zur Impfung zwingt, stellt sich die Frage, wer für Impfschäden aufkommt und wie diese bemessen wird. Deswegen will man sich drücken.“ Die Bundesregierung schiebe die Verantwortung ans Parlament ab.

Für den Vorsitzenden der Linksfraktion im Landtag, Oskar Lafontaine, ist derzeit noch nicht klar, ob es eine allgemeine Impfpflicht überhaupt geben wird. Zu viele Details – von Impfregister über die Zahl der Impfungen bis zur Bestrafung – seien noch nicht geklärt. Was es zunächst brauche, seien verlässliche Daten zur Pandemie. „Warum gibt es nach zwei Jahren Pandemie noch keine Kohortenstudie, wie sie beispielsweise in Großbritannien durchgeführt wird? Wir brauchen die notwendigen Daten, um die Lage beurteilen zu können.“ Bei einer Kohortenstudie handelt es sich um eine analytische und beobachtende Langzeitstudie.

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