Schultheatertage mit über 500 Schulen Die Bühne – „eine coole Erfahrung“

Neunkirchen/Saarbrücken · Sie scheuen keine schwierigen Themen: Corona und Krieg bewegen viele Schülerinnen und Schüler auch, wenn sie beim Theaterspielen auf der Bühne stehen. Über 500 Schüler mit 22 Gruppen sind aktuell bei den Schultheatertagen im Saarland dabei – für viele von ihnen ein einzigartiges Erlebnis.

 Auch der Ukraine-Krieg wurde bei den aktuellen Schultheatertagen thematisiert: Hier in einer Aufführung der Schüler der Neunkircher Palottischule.

Auch der Ukraine-Krieg wurde bei den aktuellen Schultheatertagen thematisiert: Hier in einer Aufführung der Schüler der Neunkircher Palottischule.

Foto: Sebastian Dingler

Zweimal musste der Termin aufgeschoben werden, aber jetzt konnten sie wieder stattfinden: die Schultheatertage, die das Theaterpädagogische Zentrum Saar (TPZ) normalerweise alle zwei Jahre ausrichtet. 22 Gruppen mit über 500 Schülerinnen und Schülern nehmen in dieser Woche daran teil. Eröffnet wurde das Festival am Montagabend mit einer Aufführung der Louis-Braille-Schule Lebach, einer staatlich geförderten Schule für Blinde und Sehbehinderte.

In der Neunkircher Gebläsehalle wurde das Musical „Louis Braille und die sechs Richtigen“ gezeigt. „Das war ein würdiges Opening für ein Festival, das lange verschoben werden musste“, sagte Dorothée Jungblut. Die Lehrerin am Saarbrücker Ludwigsgymnasium betreut die dort angesiedelte Beratungsstelle Schultheater. Diese ist zusammen mit dem Saarländischen Staatstheater und dem Theater Überzwerg Partner des TPZ bei der Durchführung der Schultheatertage.

Im Überzwerg-Theater fanden am Dienstagvormittag gleich drei Aufführungen statt. Zunächst standen Kinder der Saarbrücker Gemeinschaftsschule Ludwigspark auf der Bühne des Saarbrücker Kinder- und Jugendtheaters, angeleitet von Lehrerin Anke Werner. Zum ersten Mal hatte die Schule das Fach Theater als Wahlpflichtfach angeboten. Die Pädagogin freute sich darüber, dass ihre Zöglinge nach einem extra organisierten Aufenthalt in einer Jugendherberge zu einer echten Gruppe zusammengefunden hätten.

Aufgeführt wurden Szenen aus dem Jugendbuch „The hate you give“ zum Thema Rassismus und Polizeigewalt. Die Schüler seien da extrem „drin im Thema“ gewesen, sagte Werner. In der Gesprächsrunde der Spielleiter vor der Mittagspause bekam die Aufführung die Rückmeldung, dass sehr gut improvisiert worden sei. Einige Schüler hätten noch mit dem Selbstbewusstsein zu kämpfen gehabt, seien aber doch sehr mutig gewesen, meinte Dorothée Jungblut. Dass die Schauspielerei wichtige pädagogische Effekte auf Kinder habe, war im Gespräch der Spielleiter immer wieder rauszuhören.

 Fünft- und Sechstklässler der Neunkircher Palottischule führten ein Stück zum Thema Corona auf.

Fünft- und Sechstklässler der Neunkircher Palottischule führten ein Stück zum Thema Corona auf.

Foto: Sebastian Dingler

Als zweite Gruppe spielten Kinder der Theater-AG der Gemeinschaftsschule Rastbachtal, angeleitet von den Theaterpädagoginnen Ela Otto und Jessica Schultheis, ein selbst entwickeltes Stück mit dem Titel „Meine Stadt“. Bei den Sechstklässlern sei wichtig gewesen, dass sie lernten als Gruppe Verantwortung zu übernehmen, sagte Schultheis. Manche hätten noch damit kokettiert, zur Aufführung einfach nicht zu erscheinen – aber dann waren doch alle da.

Mareike Kaiser und Alexander Peschel von der Neunkircher Palotti-Schule unterrichten dort Schüler mit dem Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung. Lange habe man gebraucht um herauszufinden, um was sich das Stück drehen sollte. Letztlich kristallisierte sich heraus, dass das Thema Corona die Schüler am meisten bewegte. Verwirrende Stichworte aus der Tagesschau wurden bei der Aufführung aufgesagt, die Positionen häufig getauscht auf der Bühne, ein gebasteltes Fragezeichen hochgehalten. Das Gefühlschaos, das die Pandemie und ihre Maßnahmen bei den Kindern ausgelöst hat, wurde sehr eindringlich dargestellt.

Ganz am Ende des Stücks tauchte auch das aktuelle Thema Ukraine-Krieg noch auf: Dann begaben sich die zwölf jungen Schauspieler in eine Schutzhaltung, während einer ein Plakat mit dem Peace-Zeichen hochhielt. Die Generalprobe sei schlimm gewesen, berichtete Peschel. Wie gut, dass das ganz klischeehaft zu einer äußerst gelungenen Premiere führte.

Kaiser freute sich darüber, wie gut die Kinder aus der fünften und sechsten Klasse ihre Positionen hielten. Geübt worden seien die Konzentration, das Aushalten-Können und das ruhige Stehen. Nachmittags brachte die Theater-AG des Lebacher Johannes-Kepler-Gymnasiums Szenen aus dem Klassiker Oliver Twist auf die Bühne – auf Englisch. Mitgemacht hatte unter anderem die zwölfjährige Alena Flock. „Ich finde es richtig toll, auf der Bühne zu stehen und Menschen zum Lachen zu bringen“, sagte sie. Auch schlüpfe sie einfach gerne mal in eine andere Person. Theatererfahrung besitze sie schon seit der Grundschule. Anna Fath aus derselben Gruppe meinte, Theater sei schon immer ihr Leben gewesen. Die Bühne kenne sie aber auch, weil sie singe und tanze, unter anderem beim Tanzverein Lebach.

Hannah Müller (12) sagte, sie sei kein bisschen aufgeregt gewesen. Das sei sie nur vor Klavier-Auftritten. Den Oliver Twist spielte Laura Naarmann. Das sei das zweite Stück gewesen, bei dem sie bisher mitgespielt habe. Auf der Überzwerg-Bühne zu stehen, fand die Sechstklässlerin „eine coole Erfahrung“. In der Schule probe man „in so einem Mehrzweckraum“. Die Raumnot sei übrigens allgemein ein großes Thema, sagte Dorothée Jungblut. Gute Räume seien permanent ausgebucht. Umso aufregender sei es für die Schüler gewesen, mal auf einer professionellen Bühne zu stehen. „Das sind einmalige Erlebnisse, die sie an der Schule nicht machen können“, sagte Mareike Kaiser.

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