Was bringt die nächste Saison? Neuer Spielplan ist da: Das Staatstheater schmiedet endlich seinen „Ring“

Update | Saarbrücken · Die nächste Spielzeit des Saarbrücker Theaters beginnt am 17. September. Wir haben einige „Knüller“ heraus gesucht.

 Bodo Busse ist seit 2017 Generalintendant des Saarbrücker Staatstheaters. Am Freitag stellte er seinen sechsten Spielplan vor.

Bodo Busse ist seit 2017 Generalintendant des Saarbrücker Staatstheaters. Am Freitag stellte er seinen sechsten Spielplan vor.

Foto: SST/HONKPHOTO HOLGER KIEFER

Die saarländische Kultusministerin hat das Saarländische Staatstheater auf der Spielplanpressekonferenz, die am Freitag die Inhalte der Saison 2022/23 vorstellte, für die Bewältigung der anstrengenden Corona-Zeit gelobt. Christine Streichert-Clivot (SPD) sagte, das SST habe seinen Auftrag selbst in der Krise „hervorrangend erfüllt“. Das Theater sei in einer Zeit, da das Saarland extremen Veränderungen ausgesetzt sei, ein „Sinnbild“ für dessen Identität. Freilich hinterließ Corona Blessuren. Die Abonnentenzahlen sanken um 25 Prozent im Vergleich zur Saison 2019/2020. Das berichtete der kaufmännische Direktor Matthias Almstedt. Deshalb sei jetzt eine groß angelegte Abo-Kampagne geplant.

In der seit September 2021 laufenden Corona-Saison mit verringertem Platzangebot in allen Häusern verkaufte das SST bis April 82 000 Tickets. Noch rund drei Monate stehen zur Verfügng, um noch etwas aufzuholen. In Vor-Corona-Zeiten lag die Zahl der verkauften Tickets bei rund 200 000 pro Saison. Almstedt teilte weiter mit, dass die Preise stabil bleiben. Lediglich bei den Musicalkarten müssten die Besucher nun zwei Euro mehr zahlen. Man habe den großen Abstand zu den Opernkarten-Preisen ausgleichen wollen.

Generalintendant Bodo Busse erläuterte das Spielzeit-Motto für 2022/23 „Anders! In welcher Welt?“ Durch die globalen Krisen würde die Gesellschaft herausgefordert, nachzudenken, wie sie zukünftig besser leben könne - in gänzlich veränderten, anderen Welten. Mit dieser Thematik beschäftigen sich laut Busse ab September viele Stücke und Regisseure.

Auf den ersten Blick sieht der sechste Spielplan recht unspektakulär aus. Sieht man davon ab, dass im Jahr 2022 Saarbrücken nun endlich einen „Ring“ bekommen wird – wie von Busse bei seinem Amtsantritt 2017 versprochen.

Der letzte „Ring“ liegt so lange zurück, dass sich kaum jemand daran erinnern dürfte. Der vierteilige Opernzyklus von Richard Wagner, zwischen 1848 und 1874 entstanden, ist ein Prestigeprojekt für jedes Haus und für Theater in der Größe des Saarländischen Staatstheaters eine künstlerisch wagemutige Unternehmung. Denn in jeder Spielzeit wird eine der vier Zyklus-Opern produziert - und in der fünften Saison werden die Teile zusammengeführt und hintereinander weg gespielt. Das wird 2026/2027 soweit sein.

Mit Wagners „Rheingold“ geht das Musiktheater also am 18. September in die nächste Saison; eröffnet wird sie jedoch wie häufig einen Tag vorher, mit einem Schauspiel: „Berenike“ von Jean Racine. Es ist ein selten gespieltes Stück des großen französischen Tragödien-Meisters der Aufklärung.

Unter anderem „Orpheus und Eurydike“ und ein Stück von Ferdinand von Schirach am Staatstheater Saarbrücken

Generell gilt für das Schauspiel, das in die letzte Runde mit der scheidenden Schauspielchefin Bettina Bruinier geht, dass weiterhin eher am Rand der großen Dramenliteratur gefischt wird. Bekannte Stücke und Autoren sind rar. So steht beispielsweise nur ein einziger Klassiker auf dem Programm: Gerhard Hauptmanns „Ratten“. Shakespeares „Hamlet“ ist zwar auch vertreten, allerdings in einer Bearbeitung. Womöglich lässt sich auch das Erfolgs-Gerichtsstück „Terror“ von Ferdinand von Schirach schon als Repertoirestück bezeichnen, so oft wurde es bereits in Deutschland aufgeführt. Als ausgesprochen verdienstvoll muss man die bereits seit Jahren im Busse-Team zu beobachtende Hinwendung zu französischen Komponisten, Autoren und Stoffen bewerten. In der nächsten Saison „entdeckt“ das Schauspiel beispielsweise sogar einen Erfolgs-Romancier aus Grand-Est fürs hiesige Publikum: Nicolas Mathieu. Für „Wie später ihre Kinder“ erhielt Mathieu 2018 den Prix Goncourt. Saarbrücken zeigt die Bühnenfassung in einer deutschen Erstaufführung.

Im Ballett dürfte der international gefeierte Gast-Choreograph Abou Lagraa für einen Höhepunkt gut sein. Er vertanzt die Barockoper „Orpheus und Eurydike“. Ballettchef Stijn Celis liefert diesmal kein Handlungsballett, er arbeitet mit dem SST-Schalgzeuger Martin Hennecke zusammen, der eine ungewöhnliche Software-Partitur schreiben wird. „The privacy of things“ thematisiert die Verarbeitung persönlicher Daten im Internet. - Ein ungewöhnliches Thema für einen Tanzabend.

 Das Musical „Hair“ ist eine der Wiederaufnahmen, die das Publikum ab September erwarten, wenn die neue Spielzeit beginnt.

Das Musical „Hair“ ist eine der Wiederaufnahmen, die das Publikum ab September erwarten, wenn die neue Spielzeit beginnt.

Foto: SST/HONKPHOTO HOLGER KIEFER

Die Sparte4 wagt sich in der neuen Saison in womöglich noch schrägere, verblüffendere Gefilde vor als bisher. So wird beispielsweise Rosa von Praunheims „Bettwurst“-Film zu einem Musical umgestrickt, und der umstrittene Corona-Leugner Attila Hildmann erhält samt seinem Husky Akira einen prominenten Platz in dem „Monologstück für einen Hund mit einer Frage“, mit dem die Sparte4 am 23. September in die Saison geht. Außerdem entsteht in einer theatralen Recherche (“Oh Mama!“) ein Stück über Mütterlichkeit und Muttersein heute. Saarbrüvcker Bürger und Bürgerinnen machen mit, zugeschaltet werden Künstlerinnen aus ganz Deutschland. Generell will man, wie Luca Pauer, eine der Spartenleiterinnen, erläuterte, in der kleinsten Spielstätte des SST die Mitmach-Angebote weiter ausbauen.

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