Merzig „Es gibt nicht immer auf alles eine Antwort“

Merzig · Der Pastoralreferent im Dekanat Merzig erklärt, warum die Frage nach dem Sinn eines Todes oftmals keinen Sinn ergibt.

 Jürgen Burkhardt, Pastoralreferent im Dekanat Merzig, bietet seit 21 Jahren offene Gesprächskreise für Trauernde an.

Jürgen Burkhardt, Pastoralreferent im Dekanat Merzig, bietet seit 21 Jahren offene Gesprächskreise für Trauernde an.

Foto: SZ/Burkhardt

Seit 1997 bietet Jürgen Burkhardt, Pastoralreferent im Dekanat Merzig, in Kooperation mit der Katholischen Familienbildungsstätte einmal im Monat offene Gesprächskreise für trauernde Angehörige (jeden 2. Dienstag) und für trauernde Eltern (jeden 1. Mittwoch) im Haus der Familie in Merzig an. Die Teilnahme steht jedem offen, ist kostenlos und jederzeit möglich.

Herr Burkhardt, warum gibt es einen offenen Gesprächskreis für trauernde Angehörige und einen für trauernde Eltern?

Burkhardt: Zu Beginn gab es tatsächlich nur ein Angebot für alle Trauernden. Relativ früh aber wünschten sich die Eltern, die ihr Kind verloren haben, eine separate Gruppe. Sie waren der Meinung, dass sie sich mit Menschen, die ein ähnliches Schicksal erlebt hatten wie sie, einfach noch besser austauschen können. Das haben wir dann auch schnell umgesetzt.

Würden Sie sagen, der Verlust eines Kindes wiegt noch schwerer?

Burkhardt: Das kann man nicht so einfach sagen. In gewisser Weise vielleicht schon. Der Tod eines Kindes stellt die Ordnung des Lebens völlig auf den Kopf. Und die Frage nach dem Sinn betrifft nicht nur das Leben und die Zukunft, sondern auch die Aufgabe des Elternseins. Denn diese besteht eigentlich darin, das Leben weiterzugeben, damit es weitergehen kann und nicht darin, seine eigenen Kinder zu überleben. Doch natürlich ändert auch der Verlust des geliebten Partners alles. Denn was man gemeinsam für sein Leben geplant hat, diese Träume muss man ebenso begraben.

Was antworten Sie als Pastoralreferent Eltern, die sich nach dem Tod ihres Kindes die Frage nach dem Sinn stellen?

Burkhardt: Die Frage nach dem Sinn ist ein ganz zentrales Thema im Trauerprozess. Wir gehen in unserem Gesprächskreis davon aus, dass jeder seine eigene Antwort darauf finden muss, es aber eben nicht immer auf alles eine Antwort gibt. Manches bleibt auch ohne Sinn. Der Glaube an Gott kann in dieser schwierigen Zeit helfen, aber natürlich nicht jedem. Es ist allerdings völlig normal, auch als gläubiger Mensch, Gott in diesen schweren Zeiten infrage zu stellen, ihn anzuklagen und auch wütend zu sein. Dann ist es wichtig, über seine Gefühle zu reden und zu schauen, wie man damit umgeht. Ohnehin ist es für die Trauerbewältigung unabdingbar, sich mit seinem Inneren auseinanderzusetzen und über seinen Schmerz offen zu sprechen.

Sie leiten bereits seit 21 Jahren die offenen Gesprächskreise für Trauernde. Ist Ihnen nach dieser langen Zeit ein Treffen besonders in Erinnerung geblieben?

Burkhardt: Ich kann mich noch gut an zwei sehr emotionale Abende erinnern, bei denen die trauernden Eltern nur über die Erinnerung an ihre verstorbenen Kinder reden sollten. Das war für mich eine sehr berührende Erfahrung, denn in den Erzählungen lag neben dem tiefen Schmerz so viel Liebe und Verbundenheit. Man spürte ein unsichtbares Band zwischen den Eltern und ihrem verstorbenen Kind, das niemals reißen wird und das ihnen niemand nehmen kann. Aus dieser Verbundenheit können Trauernde viel Kraft schöpfen, denn auch wenn der Tod sie und den geliebten Menschen physisch zu trennen vermochte, so wird er doch immer ein Platz in ihrem Herzen haben und Teil ihres Lebens sein.

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