Buchhändlerin Ingrid Röder über das Erfolgsrezept von Regionalkrimis „Leseabenteuer können den Urlaub verlängern“

„Regionalkrimis laufen sich nicht tot“, davon ist Ingrid Röder überzeugt. Die Buchhändlerin aus Merzig (Rote Zora) erläutert ihre Einschätzung, warum viele Mordgeschichten aus der Region so erfolgreich sind.

 Ingrid Röder (rechts) betreibt gemeinsam mit ihrer Kollegin Gertrud Selzer die Buchhandlung Rote Zora mit Standorten in Merzig und Losheim (Foto aus 2019).

Ingrid Röder (rechts) betreibt gemeinsam mit ihrer Kollegin Gertrud Selzer die Buchhandlung Rote Zora mit Standorten in Merzig und Losheim (Foto aus 2019).

Foto: leis/Tina Leistenschneider

Was ist das Geheimnis für den Erfolg der regionalen Krimis?

INGRID RÖDER Krimis, die in einer bestimmten Region spielen, werden ja von zweierlei Menschen gelesen: Die einen leben in dieser Gegend, kennen die Schauplätze, die Eigenarten der Menschen, den Dialekt. Das alles ist vertraut. Im Krimi hält nun das Böse Einzug vor der eigenen Haustür. Da es aber nur fiktiv ist, kann man es mit gruseliger Wonne lesen und sich weiter sicher fühlen. Dann gibt es noch die Leser und Leserinnen, die ganz woanders leben. Sie lernen die Landschaft der Region kennen, amüsieren sich über die echten oder vermeintlichen Schrullen der Einheimischen und können sich so mit den Figuren identifizieren oder eben abgrenzen. Und vielleicht im nächsten Urlaub dorthin fahren. In der Roten Zora haben mir schon viele Kunden und Kundinnen erzählt, wie genau die Beschreibungen der bretonischen Dörfer in den Bretagne-Krimis von Jean-Luc Bannalec sind. Sie hatten ihren Urlaub dort verbracht und fanden nun in den Krimis ihre Urlaubsorte wieder, inklusive Mord und Totschlag, inklusive kulinarischer Köstlichkeiten. Ein Leseabenteuer, das den Urlaub verlängert.

Sind solche regionalen Krimis auch für Leser aus anderen Bundesländern interessant?

RÖDER Selbstverständlich. Was heißt schon regional, jeder Krimi ist irgendwo angesiedelt und das ist dann eben regional. Auch der Tatort arbeitet mit diesem Prinzip, man denke nur an Schimanski, der uns Duisburg so charmant ans Herz gelegt hat. Krimis, die gut geschrieben sind, die Region und die dort lebenden Menschen authentisch beschreiben, erweitern den Horizont des Lesers oder der Leserin.

Können Sie ein Beispiel nennen?

RÖDER Ich lese zum Beispiel gerne die Krimis von Jean-Claude Izzo, die in Marseille spielen. So habe ich Marseille durch seine Augen kennengelernt und würde nun mal gerne dorthin fahren. In die Eifel traue ich mich hingegen nicht mehr. Die wirkte immer so friedlich, bis die unglaublich vielen Eifelkrimis aufkamen. Wir haben im Moment in der Roten Zora eine Aktion laufen, bei der wir Krimis aus unterschiedlichen Regionen auf der ganzen Welt vorstellten. Nun sollen die Leser und Leserinnen weitermachen und ihrerseits Krimis aus verschiedenen Regionen vorstellen. Das Ganze wird dann bei uns im Schaufenster mit einer großen Weltkarte vorgestellt und auch auf unseren Social-Media-Kanälen. Das ist ja das Schöne beim Lesen: Man kommt viel herum.

Gibt es Pioniere, die das Genre Heimatkrimi in Deutschland begründet haben?

RÖDER Ich mag den Begriff Heimatkrimi nicht. Er hat so was Ausschließendes für Menschen, die nicht dort wohnen, nicht einheimisch sind. Regionalkrimi trifft es besser, denn sie sind an eine Region gebunden, nicht an ein diffuses Gefühl. Krimis, die in einer bestimmten Region angesiedelt sind, gibt es ja schon lange, man denke nur an die wunderbaren Pariser Krimis um den Kommissar Maigret von Georges Simenon. Oder der geniale Friedrich Glauser mit seinem Wachtmeister Studer in der Schweiz. Er hat den deutschsprachigen Krimi überhaupt erst salonfähig gemacht. Hingegen reisen Agatha Christies Figuren wie Miss Marple und Hercule Poirot viel herum, da spielte die Region keine so große Rolle.

Sehen sie die Gefahr, dass sich der Trend zum Heimatkrimi eines Tages totläuft?

RÖDER Wie gesagt, ein Krimi spielt immer in einer Region, daher wird es Regionalkrimis immer geben.

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