Langzeitpraktikum bei der Sparkasse „Ich möchte für alle ein guter Bankberater sein“

Merzig · Der syrische Flüchtling Anas Haj-Ahmed bereitet sich bei der Sparkasse Merzig-Wadern auf eine Ausbildung zum Bankkaufmann vor.

 Im Interview mit SZ-Volontärin Martina Kind erzählt Anas Haj-Ahmed von seinem beruflichen Alltag bei der Sparkasse in Merzig/Wadern.

Im Interview mit SZ-Volontärin Martina Kind erzählt Anas Haj-Ahmed von seinem beruflichen Alltag bei der Sparkasse in Merzig/Wadern.

Foto: Sparkasse/Manfred Müller/Manfred Müller

Wenn Anas Haj-Ahmed über seine Arbeit bei der Sparkasse Merzig-Wadern spricht, dann sieht er ein wenig so aus, als könne er es selbst kaum glauben. Denn noch vor wenigen Jahren beherrschte der junge Syrer, der 2015 von Aleppo nach Niederlosheim kam, kein Wort Deutsch. Heute bedient und berät er täglich Kunden, bereitet sich im Rahmen einer sogenannten Einstiegsqualifizierung (EQ) auf eine Ausbildung zum Bankkaufmann vor. „Ich musste mich anfangs zwar ein wenig an den saarländischen Dialekt gewöhnen, mittlerweile klappt das aber auch alles ohne Probleme“, sagt der 27-Jährige und lacht.

Eine EQ ist eine von der Arbeitsagentur (AA) geförderte Maßnahme, die Jugendlichen und jungen Erwachsenen den Weg in eine reguläre dreijährige Berufsausbildung ebnen soll (siehe Infobox). Für mindestens sechs, maximal zwölf Monate sind die Teilnehmer in einem Betrieb tätig, besuchen nebenbei die Berufsschule und bekommen dafür eine Vergütung von ihrem Arbeitgeber, der wiederum einen Zuschuss von der AA erhält. Nach dem Langzeitpraktikum entscheidet der Betrieb, ob er den Teilnehmer übernehmen will oder nicht.

Für die Sparkasse Merzig-Wadern ist es das erste Mal, dass sie einem Flüchtling auf diesem Weg die Chance auf eine Ausbildung gibt. „Wir haben uns zum Ziel gesetzt, Menschen mit Migrationshintergrund besonders zu fördern und freuen uns, Herrn Haj-Ahmed als Mitarbeiter in unserer Filiale zu haben“, erklärt Michael Gillenberg, Ausbildungsleiter und Referent für Personalentwicklung.

Am 1. August startete Haj-Ahmed seine zwölfmonatige EQ gemeinsam mit elf weiteren Auszubildenden der Sparkasse. Wenngleich sich die Titel unterscheiden mögen, ist ihr beruflicher Alltag weitestgehend der gleiche. „Herr Haj-Ahmed wird in seinem ersten Jahr dieselben Stationen durchlaufen wie unsere Azubis“, so Gillenberg. Auch dem Unterricht in der Friedrich-List-Schule in Saarbrücken werden sie gemeinsam beiwohnen.

Zumindest im ersten Jahr. Denn dann stellt sich die Frage, wie es weitergeht mit dem Syrer, der in seiner Heimat Finanz- und Bankwesen studiert hat. Drei Optionen gibt es laut Gillenberg. Dabei komme es ganz darauf an, wie sich Haj-Ahmed während seines Langzeitpraktikums schlage. Denkbar sei es etwa, dass ihm die zwölf Monate als Ausbildungsjahr angerechnet würden, er mit seinen aktuellen Kollegen die  verbliebenen zwei Jahre absolviert und schlussendlich seine Prüfung zum Bankkaufmann ablegt. „Oder wir stellen fest, dass Haj-Ahmed noch ein wenig mehr Zeit braucht und seine Ausbildung erst im Jahr 2019, gemeinsam mit den neuen Azubis, beginnt“, führt Gillenberg fort. Möglich, und für Haj-Ahmed das wohl ungünstigste Szenario, sei aber auch ein Zertifikat über die erfolgreich bestandene EQ – und damit die Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

„Natürlich wünsche ich mir, meine Ausbildung bei der Sparkasse beenden und mich am Ende als Bankkaufmann bezeichnen zu können“, sagt Haj-Ahmed. Schon jetzt habe er jede Menge lernen können, fühle sich sehr wohl im Team und sei „einfach dankbar für diese Chance“. „Ich bekomme auch extrem viel Unterstützung, von allen Seiten. Wenn ich etwas nicht verstehe, wird mir alles erklärt“, konstatiert er. Doch nicht nur er kann von seinen Arbeitskollegen lernen. Die Sparkasse profitiert auch von dem jungen Syrer, der vier Sprachen fließend spricht. „Herr Haj-Ahmed ist extrem beliebt bei unseren vielen Arabisch sprechenden Kunden. Die wollen eigentlich nur noch von ihm bedient werden“, erzählt Michael Gillenberg. Das freue Haj-Ahmed zwar, sagt er, doch fast noch wichtiger sei es ihm, auch seine deutschen Kunden von seinen Fähigkeiten überzeugen zu können. Kurzum: „Ich möchte für alle ein guter Bankberater sein“, sagt er.

Wie es ihm generell im Saarland gefalle? „Ich fühle mich wirklich sehr wohl. Und worauf es den Menschen hier ankommt, das habe ich schnell von meinen Freunden gelernt. Es ist eigentlich ganz einfach: ,Hauptsach’ gudd gess‘ und natürlich ,Einmal Saarländer, immer Saarländer’“, erzählt Haj-Ahmed. Und lacht.

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