„Senior Consultants“ Vom Rentner zum Ausbildungsleiter

Losheim am See · Bei Bosch Car Service in Losheim am See vermittelt Maschinenbauingenieur Lothar Mich den Lehrlingen erforderliche handwerkliche Kenntnisse und führt sie an das selbstständige Arbeiten im Betrieb heran.

 Lothar Mich mit einem der Auszubildenden Foto: Dieter Ackermann

Lothar Mich mit einem der Auszubildenden Foto: Dieter Ackermann

Foto: Dieter Ackermann

Große Konzerne wie beispielsweise Thyssenkrupp können sich vorbildliche Ausbildungswerkstätten für ihren Berufsnachwuchs leicht leisten. Bei kleineren und mittelständischen Arbeitgebern muss die Berufsausbildung stattdessen in den regulären Berufsalltag integriert werden. Da arbeiten dann die Auszubildenden zum Beispiel Hand in Hand mit wechselnden Gesellen, die neben der Ausbildung ihrer jungen Kollegen insbesondere die gute und schnelle Erledigung des jeweiligen Arbeitsauftrages im Fokus haben müssen.

In Losheim am See hat sich der Chef der Bosch Car Service M. Schulligen GmbH jetzt einen Kompromiss zwischen den Möglichkeiten der großen Ausbildungswerkstätten und der bislang geübten Ausbildungspraxis einfallen lassen. Markus Schulligen: „Wir haben jetzt mit dem Maschinenbauingenieur Lothar Mich (68) einen erfahrenen Berufspraktiker auf Teilzeitbasis angestellt, der in unserer Ausbildungswerkstatt den Lehrlingen nicht nur die erforderlichen handwerklichen Kenntnisse vermittelt, sondern der sie darüber hinaus auch an das selbstständige Arbeiten im Betrieb heranführt.“

Der Maschinenbauingenieur Mich hat bis zum Einstieg in den Rentneralltag ein aufregendes Berufsleben hinter sich gebracht, von dessen praktischer Erfahrung aktuell fünf Auszubildende bei Schulligen profitieren. Im Gespräch mit der SZ berichtete er von seinen spannenden Berufsjahren bei Opel und später bei Mercedes Benz, wo er sich unter anderem in der Motorenentwicklung für die DTM-Rennserie engagierte. Interessiert hängen die Auszubildenden an seinen Lippen, wenn er von seinen damaligen Erfahrungen mit Renngrößen wie Roland Asch oder Klaus Ludwig berichtet.

„Das Rentnerleben hat mir durchaus gefallen, aber ich hatte gleich das Gefühl, da fehlt mir was“, versichert Mich, „bis mich vor Kurzem Herr Schulligen ansprach.“ Der war schon seit Längerem auf der Suche nach einem Senior Consultant, der sich zeitweise in seinem Unternehmen um die rein handwerkliche Ausbildung seiner Auszubildenden kümmern sollte. Schulligen: „Die Vermittlung wichtiger technischer Fähigkeiten wie etwa das perfekte Fräsen oder Bohren sollte bei unseren Lehrlingen stärker in den Mittelpunkt rücken. Diese beruflichen Basics sollten nicht länger nur am Rande des regulären Werkstattbetriebs eine Rolle spielen. Dabei war mir natürlich klar, dass wir uns als mittelständisches Unternehmen keine eigene Ausbildungswerkstatt wie die Großen leisten können.“

Vor diesem Hintergrund kamen er und sein neuer Ausbildungsleiter jetzt zusammen. Der Maschinenbauingenieur, der inzwischen seine Rente mit diesem Teilzeitjob aufbessert, kümmert sich monatlich 30 bis 40 Stunden lang um die aktuell fünf Auszubildenden bei Schulligen. „Aktuell feile ich noch gemeinsam mit dem Firmenchef an einem strukturierten Lehrplan, der unseren Berufsnachwuchs wirklich voranbringen kann.“

Während er einem Lehrling mit wachen Augen beim Bohren eines Werkstücks aus einer Lichtmaschine über die Schultern schaut, fragt er ganz beiläufig: „Weißt du denn eigentlich, wie so eine Lichtmaschine überhaupt funktioniert?“ Gerade diese Zusammenhänge von grundsätzlichen technischen Fähigkeiten bis hin zu komplexen Funktionsweisen sollen beim Bosch Car Service M. Schulligen individuell und losgelöst vom nicht selten stressigen Arbeitsalltag im Dialog zwischen Lehrling und Ausbildungsleiter vermittelt werden.

Dabei akzeptiert Mich gerne auch manchen Fehler seiner Schützlinge: „Denn gerade aus diesen Fehlern lernen unsere angehenden Kfz-Mechatroniker nachhaltig für ihr späteres Berufsleben.“ Und der Maschinenbauingenieur ist außerdem fest davon überzeugt, dass eine solche individuelle fachliche Betreuung bei der Ausbildung viele Vorteile der großen Ausbildungswerkstätten auch einem mittelständischen Unternehmen wie bei Schulligen zum Nutzen bei der beruflichen Qualifizierung seines Nachwuchses gereichen kann.

 Ausbildungsleiter Lothar Mich gibt einem Lehrling Tipps. Foto: Dieter Ackermann

Ausbildungsleiter Lothar Mich gibt einem Lehrling Tipps. Foto: Dieter Ackermann

Foto: Dieter Ackermann
 Der 68-jährige Ausbildungsleiter Lothar Mich, der sich seine Rente mit einem Teilzeitjob aufbessert, gibt einem Lehrling Tipps.

Der 68-jährige Ausbildungsleiter Lothar Mich, der sich seine Rente mit einem Teilzeitjob aufbessert, gibt einem Lehrling Tipps.

Foto: Dieter Ackermann

Der Firmenchef freut sich, mit der Einstellung seines Ausbildungsleiters einen zukunftsweisenden Weg gefunden zu haben, seine Lehrlinge noch gezielter auf ihre spätere Gesellenprüfung vorbereiten zu können, als das im regulären Werkstattbetrieb bisher möglich gewesen wäre. Schulligen: „Mit unserem Projekt können wir mit Sicherheit manche Defizite ausgleichen, und damit uns und andere mittelständische Kfz-Unternehmen, die sich keine großen Ausbildungswerkstätten wie die Branchenriesen leisten können, für die unternehmerische Zukunft besser aufstellen.“

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