"Ich verstehe die Unzufriedenheit"

Seit knapp anderthalb Jahren sind Sie Missbrauchsbeauftragter der Katholischen Kirche

 Natürlich gehörten auch katholische Schwule und Lesben zur Gemeinschaft, so Ackermann. Nur heiraten dürfen sie nicht. Foto: dpa

Natürlich gehörten auch katholische Schwule und Lesben zur Gemeinschaft, so Ackermann. Nur heiraten dürfen sie nicht. Foto: dpa

Seit knapp anderthalb Jahren sind Sie Missbrauchsbeauftragter der Katholischen Kirche. Was bezeichnen Sie als Ihren größten Erfolg?Ackermann: Ich bin froh, dass wir die Dinge, die wir uns vorgenommen auch umgesetzt haben: die Telefonhotline für Opfer und deren Angehörige, die Überarbeitung der Leitlinien zum Umgang mit Missbrauchsfällen, ein Präventionskonzept, die Frage der materiellen Hilfen und das am Mittwoch vorgestellte Forschungsprojekt. Das alles soll dazu beitragen, die Vergangenheit aufzuarbeiten und sexuellen Missbrauch in Zukunft so wirksam wie möglich zu verhindern.

Können Sie verstehen, dass jetzt einige Missbrauchsopfer aus Ihrem Bistum enttäuscht sind über das "mickrige" Entschädigungsangebot der Kirche?

Ackermann: Ich kann verstehen, dass es Unzufriedenheit gibt. Die hätte es aber immer gegeben, völlig unabhängig von der Höhe des Betrags. Entschädigung ist ja auch gar nicht möglich. Wir haben aber immer gesagt, dass es eine zwar konkrete, aber doch auch nur symbolische Anerkennung für das erlittene Unrecht sein kann.

Ich nenne Ihnen vier Streitpunkte und Sie sagen mir bitte, ob sich dort Ihrer Meinung nach etwas ändern muss oder ob der Status quo in Ordnung ist: keine Diakoninnen- und Priesterweihe für Frauen.

Ackermann: Das ist lehramtlich so festgelegt. Wichtig ist es aber, mehr Frauen in verantwortliche Positionen zu bekommen, die nicht an das Weiheamt gebunden sind.

In Ihrer eigenen Verwaltung, dem Generalvikariat, sind vier der fünf Direktoren und 14 der 16 Abteilungsleiter Männer. Das klingt, als müsste in puncto Frauenförderung auch der Bischof von Trier noch nachsitzen.

Ackermann: Keine Frage, dass der Anteil von Frauen in verantwortlichen Positionen auch bei uns noch ausbaufähig und -bedürftig ist.

Das klingt nicht gerade revolutionär. Versuchen wir es damit: Katholische Priester dürfen nicht heiraten.

Ackermann: Das ist kein Dogma. Ich bin aber der Überzeugung: Selbst wenn Priester heiraten dürfen, wird das die eigentlichen Fragen, vor denen wir stehen, nicht lösen.

Das hört sich an, als könnte der Trierer Bischof damit leben . . .

Ackermann: In der Ostkirche sind die Priester verheiratet.

Nach der hatte ich nicht gefragt.

Ackermann: Dann sage ich es nochmal deutlicher: Die Herumreiterei auf der Zölibatsfrage halte ich für ein Ablenkungsmanöver von den Kernfragen. Allerdings ist es an uns Priestern und Bischöfen, den Zölibat überzeugend zu leben.

Dritter Punkt: Wiederverheirateten soll die Kommunion verwehrt bleiben.

Ackermann: Wir müssen in der Frage der wiederverheiratet Geschiedenen zu Lösungen kommen, die deutlicher machen, dass diese Menschen nicht aus der kirchlichen Gemeinschaft herausfallen.

Heißt, der Trierer Bischof will Geschiedene, die erneut heiraten, zur Kommunion zulassen?

Ackermann: Der Trierer Bischof sieht es so, dass wir es hier nicht bei der gegebenen Situation belassen können. Hier sind verschiedene Güter gegeneinander abzuwägen: die Hochschätzung der Unauflöslichkeit des Sakraments der Ehe und der Respekt vor der konkreten Lebenssituation von Menschen. Da verbieten sich Schnellschüsse.

Die katholische Kirche in Deutschland im Alleingang?

Ackermann: In der katholischen Kirche gibt es nie einen Alleingang losgelöst von Rom. Das geht nicht.

Kommen wir zum vierten Punkt: Schwule und Lesben haben in der katholischen Kirche nichts verloren.

Ackermann: Das ist doch Unsinn. Natürlich gehören auch Schwule und Lesben, die katholisch getauft sind, dazu.

Als gleichwertige Mitglieder?

Ackermann: Ja, natürlich.

Die auch untereinander heiraten dürfen?

Ackermann: Sie wissen, dass das nicht unserer Vorstellung von der Ehe entspricht.

Unserer Vorstellung oder Ihrer?

Ackermann: Auch meiner nicht.

Auch ein Bischof macht mal Urlaub. Sie fahren Ende Juli nach Nordspanien. Können Sie uns einen kleinen privaten Einblick gewähren, wie der Urlaubstag eines Bischofs aussieht?

Ackermann: Ich schlafe länger als normal.

Bis?

Ackermann: Halb acht. Das Tolle ist, im Gegensatz zum Alltag ist mein Urlaubstag nicht getaktet. Es geht ruhiger zu. Ich lese die Bücher, die ich sonst nicht lesen kann. Und ich nehme mir Zeit für Gespräche mit Freunden, zu körperlicher Bewegung und zum Essen.

Meer oder Berge?

Ackermann: Meer. Ich hab's mehr mit dem Wasser.

Und welche Urlaubsbekleidung trägt ein Bischof?

Ackermann: Denken Sie, ich gehe mit der Soutane ins Meer? Im Urlaub bin ich nicht als Bischof identifizierbar, es sei denn, die Menschen erkennen mich am Gesicht.

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