OB Wosnitza zuversichtlich nach Beschleunigungs-Zusage des Gesundheitsamts Südwestpfalz Corona-Lockerungen als „Modellkommune“? Chancen Zweibrückens stehen auf der Kippe

Zweibrücken/Südwestpfalz/Mainz · Zweibrücken hat aktuell deutschlandweit die sechstbeste Corona-Inzidenzzahl und seit Pandemie-Beginn die wenigsten Toten. Dennoch erlauben die rheinland-pfälzischen Regeln eigentlich nicht, dass Zweibrücken hierfür als „Modellkommune“ belohnt wird – weil das Gesundheitsamt Südwestpfalz bei der Software hinterherhinkt. Doch Oberbürgermeister Wosnitza ist zuversichtlich, dass diese Hürde noch rechtzeitig genommen wird – und die Zweibrücker doch bald Lockerungen genießen können.

 Auch die offensive Coronatest-Politik Zweibrückens (im Bild die neue Corona-Teststation auf dem Herzogplatz am Donnerstag mit reichlich Kundschaft) ist eines der Erfolgsgeheimnisse der Rosenstadt für die bundesweit bewunderte niedrige Corona-Inzidenz.

Auch die offensive Coronatest-Politik Zweibrückens (im Bild die neue Corona-Teststation auf dem Herzogplatz am Donnerstag mit reichlich Kundschaft) ist eines der Erfolgsgeheimnisse der Rosenstadt für die bundesweit bewunderte niedrige Corona-Inzidenz.

Foto: Jan Althoff

Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hatte am Mittwoch angekündigt: „Wir werden in Rheinland-Pfalz nach Ostern einen Modellversuch starten. Wir wollen auf das Prinzip setzen, Anstrengung lohnt sich! Wenn eine Kommune Infektionswerte unter 50 hat und die Kriterien für eine Modellregion erfüllen kann, sind dort wieder mehr Kultur, Sport, Gastronomie und Einzelhandel möglich.“

„Anstrengung lohnt sich“ – das müsste eigentlich für kaum eine andere Kommune so sehr gelten wie Zweibrücken. Denn die Rosenstadt hat seit Pandemie-Beginn, insbesondere aber in den vergangenen Monaten, bundesweit mit die stabilste Inzidenz (Neuinfektionen je rechnerisch 100 000 Einwohner in den letzten sieben Tagen) unter 50.

Am Donnerstag lag die Inzidenzzahl in Zweibrücken bei 32,2 – das ist der zweitbeste Wert in Rheinland-Pfalz (wo der Durchschnitt auf 93,6 stieg). Und sogar bundesweit hat Zweibrücken derzeit die sechstniedrigste Inzidenz.

Seit Pandemie-Beginn vor etwa einem Jahr hatte Zweibrücken in ganz Süd- und Mitteldeutschland die niedrigste Inzidenz. Das nächste Gebiet mit niedrigerer Inzidenz liegt schon in Niedersachsen: der Landkreis Northeim – dort allerdings gab es 35 Corona-Tote, in Zweibrücken nur 4. Die Zahl der Corona-Toten im Verhältnis zur Einwohnerzahl ist nirgendwo in Deutschland niedriger als in Zweibrücken.

Doch trotz dieser beeindruckenden, auch bundesweit nach etlichen Medienberichten bewunderten Erfolge: Am Donnerstagvormittag schien zunächst ausgeschlossen, dass Zweibrücken „Modellkommune“ werden darf. Denn: Das für Zweibrücken mit zuständige Gesundheitsamt des Landkreises Südwestpfalz nutzt bislang nicht das bundesweite digitale Kontaktnachverfolgungssystem „Sormas“, stattdessen ein anderes System („Mikado“). Doch eine Sormas-Nutzung ist laut Landesregierung „verpflichtend“, um Modellkommune werden zu können. Wörtlich heißt es auf der Bewerbungs-Webseite in der „Allgemeinen Information für Kommunen, die sich als „Modell-Kommune RLP“ für den sicheren Umgang mit Corona bewerben wollen“ unter Punkt 8 : „Die Modellkommune stellt sicher und legt dar, wie ihr Gesundheitsamt vor Ort aufgestellt ist (strukturell, personell, Nutzung von Sormas und eine einheitliche, mit Sormas kompatible App zur Kontaktnachverfolgung ist verpflichtend).“ Auch in der Pressemitteilung der Ministerpräsidentin steht unzweideutig: „Hierbei ist die Nutzung von Ssormas und der Luca-App verpflichtend.“

Begründet hatte dies Ministerpräsidentin Dreyer am Mittwoch so: „Die Voraussetzungen sind schlüssige Test- und Nachverfolgungskonzepte, um einzelne Bereiche des öffentlichen Lebens behutsam und sicher öffnen zu können.“

Aber: Zweibrücken kann ja nichts dafür, dass das zuständige Gesundheitsamt Sormas nicht nutzt – denn das Gesundheitsamt wird ja vom benachbarten Landkreis Südwestpfalz geführt. Und bis vor wenigen Wochen hat noch kaum ein Gesundheitsamt in Rheinland-Pfalz Sormas genutzt. Soll die Nicht-Nutzbarkeit von Sormas da wirklich Knock-out-Kriterium im Bewerbungsverfahren sein?

Oder wäre das Land bereit, für Zweibrücken eine Ausnahme zu machen, damit die Stadt angesichts ihrer konstant sehr niedrigen Corona-Zahlen doch noch Modellkommune werden kann? Der Merkur hat diesbezüglich unter anderem folgende Anfrage an die Staatskanzlei in Mainz gestellt: „Wäre die Landesregierung bereit, Zweibrücken trotz des Nicht-Einsatzes von Sormas zur Modellkommune machen, wenn die übrigen Bewerbungsunterlagen/-voraussetzungen passen? Oder sollte die Stadt sich die Mühen einer Bewerbung sparen, weil eine Ausnahme von der Sormas-Vorschrift ausgeschlossen ist?

Die Antwort der Staatskanzlei macht aus Zweibrücker Sicht zwar auf den ersten Blick wenig Hoffnung. „In der Schalte von Ministerpräsidentin Malu Dreyer mit den Kommunalen Spitzenverbänden wurden klare Kriterien vereinbart“, erinnert David B. Freichel, Chef vom Dienst des Corona-Kommunikationsstabs der Landesregierung. Dazu gehöre: „Die Kooperation des Gesundheitsamts, auch im Hinblick auf die Luca-App (die bei Sormas-Nutzung auswertbar ist, Anm. d. Red.), ist zwingend für die Auswahl zur Modellregion. Die Kommunen müssen sich also mit ihren diversen Partnern vor Ort absprechen und ein schlüssiges Gesamtkonzept vorlegen.“

Genau hier aber fängt die Hoffnung für Zweibrücken an. Denn im Laufe des Donnerstages gab es solche Absprachen – und dadurch wohl Bewegung. Jedenfalls berichtete Oberbürgermeister Marold Wosnitza (SPD) um 17.11 Uhr auf Merkur-Anfrage, die Stadt habe mit dem Gesundheitsamt Südwestpfalz abgesprochen, dass dieses die Modellregion-Chance Zweibrückens „zum Anlass nimmt, Sormas beschleunigt einzuführen, um das entsprechend begleiten zu können“.

Stellt Zweibrücken also einen Bewerbungs-Antrag? Wosnitza: „Natürlich! Ich sitze gerade dran.“ Er sei auch zuversichtlich, dass Zweibrücken Modellregion werde.

Nach Merkur-Informationen aus zuverlässigen Quelle verwenden – nachdem die Sormas-Einführung in Rheinland-Pfalz zunächst nur schleppend verlief – das System mittlerweile 22 der 24 Gesundheitsämter. Für ein weiteres ist Sormas bestellt, im Südwestpfalz-Amt muss es noch implementiert werden.

Der Landkreis Südwestpfalz hatte noch Ende Februar erklärt, Sormas erst dann einsetzen zu wollen, wenn sich die Corona-Lage „wieder beruhigt“ hat. Auf die Merkur-Anfrage am Donnerstag nach dem aktuellen Stand – und warum dieses Kontaktpersonenmanagementsystems erst nach beruhigter Lage eingesetzt werden soll, obwohl doch gerade während einer Pandemie die Kontaktnachverfolgung wichtig ist, mailte Kreissprecher Thorten Höh um 16.11 Uhr: „Die Anwendung Sormas ist im Gesundheitsamt bereits installiert. Gerade in der Pandemie muss für das Gesundheitsamt allerdings auch „never change a running system“ gelten, um den laufenden Betrieb nicht zu gefährden. Daher ist eine Schnittstelle zwischen Sormas und Mikado erforderlich, in dem anders als in Sormas die erforderlichen Bescheide für positiv Getestete oder auch für Personen in Quarantäne erstellt werden können. Den zu Beginn der Pandemie bekannten Erfordernissen wird Mikado bislang gerecht. Für die Nutzung von Sormas und notwendiger Schnittstellen werden bereits die Rahmenbedingungen geschaffen. Ein Parallelbetrieb neben Mikado ohne diese Schnittstellen ist weder sinnvoll noch komplikationsfrei leistbar.“

In die Entscheidung, Sormas bisher nicht zu nutzen, war Zweibrücken nicht eingebunden, bestätigt Höh: „Die Ausstattung des Gesundheitsamts liegt in der Zuständigkeit der Kreisverwaltung, eine Abstimmung mit den Gebietskörperschaften im Zuständigkeitsbereich ist nicht vorgesehen.“

Damit heißt es nun für Zweibrücken Daumen drücken – dass der Landkreis Südwestpfalz schnell genug „beschleunigt“ bei der Sormas-Einfügung, damit die Zweibrückerinnen und Zweibrücker in den Genuss von Lockdown-Lockerungen kommen können.

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