Konzept für lückenlose Ost-West-Verbindung durch Zweibrücken wird wohl großteils scheitern Dämpfer für Hoffnung auf bessere Radwege

Zweibrücken · Der Traum von einem schon bald lückenlosen Ost-West-Radweg durch Zweibrücken ist geplatzt. Denn die hohen Bundes-Zuschüsse wären nur unter massiven negativen Begleiterscheinungen erhaltbar, verdeutlichte die Konzept-Vorstellung im Bauausschuss.

 Bei Nässe wie am Mittwoch ist der Rosenweg für Radelnde unbequem. Doch der Bauausschuss will ihn nicht asphaltieren. Auch ein Geländer zum Schwarzbach würde die Naturnähe stören, waren sich alle Redner einig.

Bei Nässe wie am Mittwoch ist der Rosenweg für Radelnde unbequem. Doch der Bauausschuss will ihn nicht asphaltieren. Auch ein Geländer zum Schwarzbach würde die Naturnähe stören, waren sich alle Redner einig.

Foto: Nadine Lang

Der Radverkehr wurde von der Zweibrücker Kommunalpolitik jahrzehntelang ziemlich achtlos behandelt. Das sollte sich nun eigentlich ändern. Verlockend schien dabei ein großes Förderprogramm des Bundes, das den Ausbau von Radwegen für den Alltags- und Berufsverkehr mit 80 bis 90 Prozent bezuschusst. Die Stadt ließ deshalb ein Planungsbüro ein Konzept erstellen, um eine für Radfahrer sichere, lückenlose und komfortable durchgängige Ost-West-Verbindung durch Zweibrücken von der Dorndorf-Kreuzung in Niederauerbach bis Homburg-Einöd zu schaffen.

Doch das Ergebnis der zweimonatigen Prüfung durch Tobias Thiele (gleichnamiges Ingenieurbüro in Pirmasens) ist ernüchternd. Denn Thiele machte am Dienstagabend im Zweibrücker Bau- und Umweltausschuss nicht nur die Vorteile der möglichen Ost-West-Achse deutlich – sondern auch die damit verbundenen Nachteile. Nachteile, die bei Oberbürgermeister Marold Wosnitza (SPD) und dem Ausschuss teils sogar für Entsetzen sorgten.

Ziel des Bundesprogramms sei, weniger Auto- und mehr Fahrradverkehr zu generieren, erläuterte Thiele. Dafür brauche es Radwege, die auch bei schlechtem Wetter gut befahrbar sind, auch der Winterdienst solle gewährleistet werden können.

Thiele bezifferte die reinen Baukosten für sein Konzept auf 3,4 Millionen Euro. Davon würden 880 000 Euro in den Ausbau des Rosenwegs entlang des Schwarzbachs von Niederauerbach bis zum Beginn der Gestütsallee fließen. Dort gibt es bislang einen gemeinsamen Rad- und Gehweg mit wassergebundener Decke. Diese müsse durch Asphalt ersetzt werden, um die Zuschuss-Voraussetzungen zu erfüllen (Asphalt habe weniger Rollwiderstand und sei sauberer zu befahren als der jetzige Steinkornbelag). Zudem müssten laut Förderrichtlinien dort, wo der Rosenweg direkt an der Schwarzbach-Böschung entlang führt, „Geländer als Absperrsicherung“ installiert werden. Eigentlich favorisiere das Förderprogramm innerorts auch eine Trennung von Rad- und Gehweg – hier ist Thiele aber zuversichtlich, dass eine Ausnahme begründbar wäre, weil am Rosenweg nicht mehr Platz sei und dieser „vom Charakter her außerorts“ sei.

„Nachteilig ist eindeutig: Das Naturnahe geht durch den Asphalt verloren. Auch Versiegelung und Geländer sind weniger naturnah.“ Durch die Umgestaltung würde es also „eine Verbesserung für Radfahrer, aber Nachteile für Spaziergänger“ geben. Die Breite würde meist bei 2,50 Meter bleiben, nur an einigen Stellen könne auf drei Meter ausgebaut werden.

In der Gestütsallee schlägt Thiele vor, für 213 000 Euro die Wegdecke zu sanieren. Es reiche, dafür schonend etwas abzufräsen, „um möglichst keine Wurzeln und Bäume zu verletzen“. Hier sei so viel Abstand zum Schwarzbach, dass kein Geländer benötigt werde. Und die Gestütsallee sei breit genug, um dort künftig den Rad- und Fußverkehr zu trennen: 2,50 Meter sollen für Fahrradverkehr ausgewiesen werden, 2,20 Meter für Fußgänger, abgegrenzt durch einen 30 Zentimeter breiten Steinstreifen.

Westlich der Innenstadt könnte man an der Kohlenhofstraße für 380 000 Euro den gemeinsamen Rad- und Gehweg verbessern. Für eine Trennung sei zu wenig Platz. Zudem sei ein Geländer zum Schwarzbach erforderlich, wodurch „das großzügige Gefühl verloren geht“. Wegen der massiven Schäden im Belag reiche eine Sanierung nicht, er müsse komplett ausgetauscht werden. Teils seien die Risse im Asphalt Richtung Schwarzbach so stark, dass Thiele riet „zu untersuchen ob die Böschung standsicher ist“.

Besonders wichtig für Radfahrer – aber mit 2,5 Millionen Euro auch besonders teuer – wäre die Radweggestaltung entlang der Homburger Straße bis zur Landesgrenze. Hier existiert bislang nur ein rudimentärer Radweg, der nicht nur teils auch Gehweg ist, sondern, der auch immer wieder unterbrochen ist, sodass dort auch keine Benutzungspflicht herrsche. Thiele sagte, auf der Straße führen „fast 1300 Kfz pro Stunde, das ist eine erhebliche Verkehrsbelastung“. Der LBM (Landesbetrieb Mobilität) habe in anderen Fällen „die klare Ansage“ gemacht, dass ab 1000 Kfz ein eigener Radweg (oder Radstreifen, aber eine markierte Abtrennung auf der Straßenfahrbahn reicht nicht) erforderlich sei. Planer Thiele schlägt deshalb vor, die Kfz-Fahrspuren auf jeweils 3,25 Meter zu verschmälern, um Platz für 1,85 Meter breite Radwege auf beiden Seiten zu schaffen. „Dafür müsste man auf 1,3 Kilometer Länge über 6200 Quadratmeter Fahrbahn angreifen und auch die Gehwege und Rinnen“, wies Thiele aber auch auf den gewaltigen Aufwand hin.

 Die Strecke entlang der Homburger Straße darf sich mangels ausreichender Breite nicht mehr Radweg nennen, zudem sind immer wieder Hindernisse im Weg.

Die Strecke entlang der Homburger Straße darf sich mangels ausreichender Breite nicht mehr Radweg nennen, zudem sind immer wieder Hindernisse im Weg.

Foto: Norbert Schwarz

Auch Einmündungen müssten umgestaltet und Ampeln versetzt werden, teils außerdem Bushaltestellen. Der Planer machte aber auch auf hohe Realisierungs-Hürden aufmerksam. So seien die Ampeln ziemlich neu, ebenso die erst 2014 frisch asphaltierte Straße (auch Bordsteine und Gehwegplatten wurden damals ausgetauscht). Erst vor sechs Jahren erneuerte Sachen nun schon wieder zu ändern, sei nicht nur aus Kostengründen problematisch. Sondern auch, weil angesichts der aufwendigen Arbeiten mit über einem Jahr Bauzeit zu rechnen sei. Besonderer Knackpunkt dabei: Um in den Genuss der Bundes-Förderung zu bekommen, müssten die Arbeiten bis Ende 2023 abgeschlossen sein – was zu großen Verkehrsproblemen führen könne, weil in der Zeit ja auch eine Sperrung der Stadtautobahn zum Installieren der Lärmschutzwände geplant ist und die Homburger Straße als wichtige Umleitungsstrecke vorgesehen. Für Zuschüsse nachteilig sein könne zudem, dass hinter der Wolfslochstraße schon einen Radweg Richtung Homburg gibt.

Oberbürgermeister und Baudezernent Marold Wosnitza (SPD) setzte gleich zu Beginn der Debatte den kritischen Ton: „Ich will nicht verhehlen: Ich tue mich an vielen, vielen Punkten sehr schwer.“ An der Homburger Straße rate er von einem Radweg-Ausbau ab, weil es „völlig unrealistisch sei, dies bis Ende 2023 umzusetzen. Hier solle man „außerhalb des Förderprogramms über Alternativen nachdenken“, um vielleicht zumindest stückweise die schwierigen Bedingungen für Radler zu verbessern.

Wosnitza plädierte zudem gegen „die dramatische Veränderung der naturnahen Situation am Rosenweg“. Auch im Stadtvorstand (dem neben dem OB auch Christian Gauf und Christina Rauch, beide CDU, angehören) sei man sich einig, dass man sich auf Gestütsallee und Kohlenhofstraße konzentrieren solle.

Das sah der Bauausschuss genauso. Über die Homburger Straße brauche man angesichts der Nicht-Realisierbarkeit bis Ende 2023 „gar nicht mehr zu diskutieren“, sagte Rolf Franzen (CDU). Beim Rosenweg befürchte er noch mehr Konflikte als heute schon zwischen Radlern und Spaziergängern, wenn der Weg asphaltiert werde: „Der Radler denkt dann, er kann Gas geben. Da laufen aber auch Kinder, da zieht es mir etwas den Bauch zusammen, wenn ich an meine Enkel denke.“

Grünen-Fraktionschef Norbert Pohlmann schloss sich Wosnitza und Franzen an: „Die Homburger Straße geht gar nicht.“ Und Asphalt auf dem Rosenweg verleite zum Schnell-Radeln, „damit würden wir Joggern und Spaziergängern nichts Gutes tun“.

SPD-Fraktionschef Stéphane Moulin sagte, auch er sei „erschrocken“ unter anderem über den Vorschlag, den Rosenweg zu asphaltieren und Geländer zum Schwarzbach zu installieren: „Anderswo versuchen wir das Wasser erlebbar zu machen“, erinnerte Moulin an die hohen Investitionen für die „Stadt am Wasser“-Projekte. Bezüglich der Kosten für die Homburger Straße sprach Moulin zwar auch von einem „gewaltigen Brocken“, gab aber zu bedenken, auch hier müsse irgendwann etwas geschehen, zumindest kleinere Maßnahmen: „Wir machen die Gestütsallee und die Kohlenhofstraße schön – und dann landet man als Radfahrer im Nichts!?“

Auch der neue und erste Zweibrücker Radverkehrsbeauftragte Klaus Fuhrmann (SPD) teilte die Bedenken zum Rosenweg. „Sehr begrüßen würde ich, in der Gestütsallee endlich mal die Trennung von Radfahrern und Fußgängern hinzukriegen.“

Thomas Körner (FWG) regte an, als Alternative zum Rosenweg die „teils sehr breite“ Hofenfelsstraße oder Parallelstraßen für Radwege zu nutzen.

Mehrere Redner fragten auch, ob man nicht auch außerhalb der Ost-West-Achse Verbesserungen für Radverkehr erreichen könne, etwa Richtung Hornbach, Mittelbach oder Mörsbach. Wosnitza und Stadtplaner Harald Ehrmann erläuterten, man habe sich für einen möglichen Förder-Antrag auf Bereiche konzentriert, wo keine Grundstückskäufe erforderlich seien. Pascal Dahler (CDU) nannte als Beispiel „die Engstelle an der Stegwiesenbrücke vorbei: „Es wäre für Radfahrer eine enorme Erleichterung, wenn das gelöst werden könnte.“

Oberbürgermeister Wosnitza stieß mit seinem Vorschlag auf keinen Widerspruch, nächsten Mittwoch im Stadtrat einen Förderantrag für die Gestütsallee und die Kohlenhofstraße zu beschließen, aber Rosenweg und Homburger Straße zunächst nicht weiterzuverfolgen. Danach könne man noch prüfen, ob man es zeitlich schaffe, im Rahmen des Förderprogramms eventuell einzelne Förderanträge für andere Bereiche nachzuschieben.

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