Beirat für Migration und Integration beschäftigt sich zudem mit Thema Einbürgerung Schon weit über 200 Ukrainer nach Zweibrücken geflüchtet

Zweibrücken · Ausländerbehörde reagiert mit vielen Überstunden auf die Herausforderung. Schon durch die Rekord-Zahl an Einbürgerungsanträgen früherer Immigranten waren die Mitarbeiter ans Limit geraten. Im Migrationsbeirat wurden auch Probleme bei Einbürgerungen angesprochen.

 Auch Nataliya Leshchuk (2. von links), vor Jahrzehnten aus Lwiv (Lemberg) nach Zweibrücken gekommen, hat eine Familie aus derUkraine in ihrer Wohnung Platz geschaffen. Außerdem leitet sie an der VHS den ersten Willkommens-Kurs für Ukrainer. Erika Watson (rechts) wirkte bei der Gründung der Zweibrücker Deutsch-Ukrainischen Gesellschaft mit.

Auch Nataliya Leshchuk (2. von links), vor Jahrzehnten aus Lwiv (Lemberg) nach Zweibrücken gekommen, hat eine Familie aus derUkraine in ihrer Wohnung Platz geschaffen. Außerdem leitet sie an der VHS den ersten Willkommens-Kurs für Ukrainer. Erika Watson (rechts) wirkte bei der Gründung der Zweibrücker Deutsch-Ukrainischen Gesellschaft mit.

Foto: Werner Euskirchen

Als der Migrationsbeirat Ende 2021 die Ausländerbehörde eingeladen hatte, mal ihre Arbeit vorzustellen, sah das nach einem interessanten Routinetermin aus. Doch die Massenflucht aus der Ukraine sorgte für einen ganz neuen Schwerpunkt der Sitzung am Dienstagabend. Die zuständige städtische Beigeordnete Christina Rauch (CDU) lobte „das außerordentliche Engagement der Ausländerbehörde“: „Es wird Mehrarbeit mit vielen Überstunden geleistet und Personal hat Urlaub verschoben, um Hilfe möglich zu machen.“

Bislang 201 aus der Ukraine Geflüchtete hätten sich bei seiner Ausländerbehörde gemeldet, berichtete Ordnungsamtsleiter Klaus Stefaniak. Am Ende der Sitzung waren es schon 204 – er und zwei Sozialamtsmitarbeiter/-innen mussten zwischendurch raus, um noch für die Nacht eine Unterkunft für eine Mutter mit zwei Kindern zu organisieren. (Bis Donnerstagnachmittag stieg die Geflüchteten-Zahl auf 219.) „In der Regel kommen Frauen mit ihren Kindern an – nur ganz wenige Männer, vor allem ältere.“ Unbekannt ist, wie viele bei Bekannten untergekommene Geflüchtete sich noch nicht angemeldet haben. Zudem seien die Flüchtlinge aus den rheinland-pfälzischen Erstaufnahmeeinrichtungen noch nicht auf die Kommunen verteilt.

Auch nach offiziellem Dienstschluss seien er und seine vier Mitarbeiter/-innen zu erreichen, wenn Neuankömmlinge Hilfe brauchen, berichtete Michel Rastoul, seit einem Jahr Sachgebietsleiter Ausländerbehörde. Auf www.zweibruecken.de steht nun auch auf Ukrainisch ein Leitfaden „Neu aus der Ukraine in Zweibrücken – was nun?“ mit Telefonnummern und Mailadressen von Rastoul uns seinem Team.

Ebenfalls über die Stadt-Homepage können Bürger Wohnraum anbieten. Trotz vieler Angebote brauche man angesichts der steigenden Geflüchteten-Zahlen noch mehr, sagte Rauch dem Merkur. In der Sitzung sagte die Beigeordnete, die ersten beiden ukrainischen Kinder seien schon in Schulen aufgenommen (Gymnasium und Grundschule), viele weitere folgten wohl bald. Auch ein erster „Willkommenskurs“ an der VHS sei schon gestartet, um für das Arbeit-Finden wichtige Deutschkenntnisse schon zu erwerben, bevor nach Vorliegen der Aufenthaltstitel „echte“ Sprachkurse möglich sind. Rauch würdigte auch den tollen Einsatz vieler ehrenamtlich Engagierter, etwa in der neuen Deutsch-Ukrainischen Gesellschaft.

Elke Hilgert, Vize-Vorsitzende des „Beirats für Migration und Integration“, lobte die Ausländerbehörde: „Es kommt bei uns an, dass ihr eine super Arbeit macht und in den vergangenen Tagen schnell reagiert wurde. Auch die letzten Jahre zeigen, wie gut dass bei uns klappt.“

Schwerpunkt der Vorträge von Stefaniak und Rastoul waren neben den Ukrainern die Integrationsbemühungen, vor allem Einbürgerungen. „Unsere Philosophie bei der Ausländerbehörde war schon immer, die ausländische Bevölkerung zu unterstützen, wie man in diesem fremden Land Deutschland zurechtkommt“, sagte Stefaniak. Und bat um Verständnis, wenn es bei Einbürgerungen in nächster Zeit längere Wartezeiten gibt, weil die Betreuung der ukrainischen Kriegsflüchtlinge viel Zeit braucht.

Zumal immer mehr Menschen in Zweibrücken eingebürgert werden möchten, so Rastoul: „Im Durchschnitt waren das jährlich knapp 40, letztes Jahr 84 – die Prognose dieses Jahr liegt bei 140 plus.“ Die Bearbeitungszeit von sechs bis zwölf Monaten (die Dauer liege auch an Prüfungen externer Sicherheitsbehörden) könne über zwölf Monate steigen. Aber in 96 Prozent der Fälle werde den Anträgen stattgegeben. „Wenn‘s nicht klappt, liegt das meist an Einträgen im Führungszeugnis, dann muss man warten, bis die gelöscht sind.“ Weitere grundsätzliche Einbürgerungs-Voraussetzungen seien mindestens sechs bis acht Jahre amtlich legaler Aufenthalt in Deutschland, gutes Deutsch und dass man sich selbst versorgen könne, also nicht von Hartz IV lebe. Deutsch zu lernen sei auch eine Bring-Schuld, appellierte Stefaniak: „Wenn man schon ein, zwei Jahre hier ist, und die Mitarbeiter auf Englisch anspricht, ist das nicht gut.“

Einige selbst erste vor einigen Jahren nach Zweibrücken geflüchtete Beiratsmitglieder berichteten von Sorgen, man müsse für die Einbürgerung für (je nach Land) hunderte bis tausend Euro Pass-Aktualisierungen und andere Dokumente in ihren Herkunftsländern/Botschaften beschaffen – bei einer Familie mit vielen Kindern seien das horrende Summen. Dies sei teil aufgrund der Bundesgesetze erforderlich, Einzelfall-Entscheidungen würden in Zweibrücken aber großzügig ausgelegt, wenn es keine Zweifel an der Identität gibt, erklärten Rastoul und Stefaniak, der hinzufügte: „So streng wie im Saarland sind wir nicht.“

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