Dekan Peter Butz Von der Kanzel in den Bastelkeller

Zweibrücken/Neunkirchen · Peter Butz ist seit seiner Kindheit von Straßenbahnen fasziniert. In seiner Freizeit hat der Zweibrücker Dekan einen Teil der Neunkircher Innenstadt inklusive Straßenbahn nachgebaut.

Die von Peter Butz nachmodellierte Neunkircher Innenstadt, wie sie im Jahr 1978 aussah.

Die von Peter Butz nachmodellierte Neunkircher Innenstadt, wie sie im Jahr 1978 aussah.

Foto: Peter Butz

Die beige Straßenbahn vom Typ GT-4 mit dem grünen Farbakzent schiebt sich durch die Straßen der saarländischen Kreisstadt Neunkirchen. Vorbei an Reklametafeln von Firmen, die heute längst untergegangen sind. Doch der Zweibrücker Dekan Peter Butz hat diese Szene aus der saarländischen Hüttenstadt in einem Modell konserviert.

Mit größer Liebe für Details hat Butz, der selbst in Ludwigshafen geboren und aufgewachsen ist, auf einer Fläche von 1,35 Metern mal zwei Metern das Straßenbild der Hüttenstadt zum Leben erweckt. Sein Fokus lag dabei auf der „Schdròòßebahn“, wie die Einwohner ihr Verkehrsmittel liebevoll nannten. „Die Häuser habe ich selbst aus Polystyrol nachgebaut. Bausätze habe ich nur ausgeschlachtet, um daraus Bauteile zu gewinnen“, erzählt Butz im Gespräch mit unserer Zeitung.

Sein Modell zeigt Neunkirchen im Jahr 1978, das letzte Jahr, in dem die Straßenbahn in der Stadt verkehrte. Neben den Zügen zeigt die Straßenszene auch die Autos der Epoche. Ein Fiat 500 ist zu sehen, der mit zwei Rädern auf dem Bordstein parkt. In einer Reihe von Autos ist ein grüner Opel Kadett zu erkennen. Ganz vorne in der Autoschlange steht ein Laster der Sankt Ingberter Becker Brauerei an der Ampel.

 Peter Butz

Peter Butz

Foto: Mathias Schneck

Straßenbahnen faszinierten Butz schon seit seiner Kindheit in Ludwigshafen. „Damals bin ich mit meiner Mutter viel Straßenbahn gefahren, in die Stadt oder später zur Schule“, berichtet Butz über die Anfänge seiner Leidenschaft. Auch während seines Studiums blieben die Nahverkehrszüge ein steter Begleiter.

„Ich bin nie mit der Neunkircher Straßenbahn gefahren, aber ich kenne die 70er-Jahre und diese Atmosphäre“, erzählt der Zweibrücker Dekan und ergänzt „bei dem Projekt hatte ich Hilfe durch den Verein Nahverkehrsfreunde Saar.“ Die Mitglieder des Vereins haben sich der Geschichte und Entwicklung des ÖPNV im Saarland verschrieben. Von Dieter Britz, einem Mitglied des Vereins, habe Butz viel Material zur Neunkircher Straßenbahn bekommen.

Das Material floß in die detailgetreue Rekonstruktion ein, bei der Peter Butz auch Hilfe aus der Familie hatte. „Mein ältester Sohn interessiert sich auch für Modellbahnen, er hat die 3-D-Drucke und Schriften für diese Modellanlage gemacht“, schildert Butz. Aus dessen 3-D-Drucker stammen auch andere winzige Details der Anlage: „Die markanten Mülleimer und die Parkuhren sind maßstabsgetreue Verkleinerungen der originalen Vorbilder aus dieser Zeit.“

Das der Theologe mit seinem Modell, des zu dieser Zeit „kleinsten Straßenbahnsystems in Deutschland“, ziemlich nah dran ist am Original, zeigt auch eine Geschichte, die Butz von einer ersten öffentlichen Präsentation seiner Arbeit in Stuttgart erzählt. „Exil-Saarländer, die heute am Neckar leben, standen vor meinem Modell und sagten: Das ist doch Neunkirchen“, schildert Butz. Eine Frau habe sogar ein einzelnes Haus wieder erkannt und gesagt, dort sei sie immer mit ihrer Mutter zum Kinderarzt gegangen.

Die 3D-Drucke und Schriften für die Modellanlage hat Peter Butz‘ ältester Sohn per 3D-Drucker hergestellt.

Die 3D-Drucke und Schriften für die Modellanlage hat Peter Butz‘ ältester Sohn per 3D-Drucker hergestellt.

Foto: Peter Butz

Der Transport des Modells in die baden-württembergische Landeshauptstadt sei jedoch ein Kraftakt gewesen, berichtet Peter Butz mit großer Freude in der Stimme. „Nur mit der Hilfe von Freunden und einer Auto-Leihgabe war der Transport des Modells möglich.“ Deshalb schlummere es derzeit teilweise auch noch in Kisten.

Doch die Arbeit an seiner Miniaturwelt ist noch lange nicht abgeschlossen. Das Projekt zeigt die Neunkircher Bahnhofstraße und den Abzweig zur Wellesweilerstraße genauso, wie den Hüttenberg mit der originalen Steigung von 11,07 Prozent.

Doch dort fehlt dem Dekan des protestantischen Dekanats Zweibrücken noch eine wichtige Neunkircher Landmarke: „Die Christuskirche am unteren Markt ist das, was Modellbahnern aus den USA als eine „signature structure“ (zu Deutsch: signifikantes Bauwerk) bezeichnen“, schildert der Dekan des Kirchenbezirks Zweibrücken, weshalb er die evangelische Kirche nachzubauen begann. Derzeit wartet sein Modell des denkmalgeschützten Gotteshauses mit dem besonderen Kirchturm und der markanten Sandstein-Optik noch auf den richtigen Anstrich.

Die Kirche steht an der steilen Hüttenbergstraße. Damit sie in ihrer ganzen Pracht erstrahlen kann, sind noch einige Arbeitsstunden nötig. Und auch für die Skulptur des Eisengießers auf dem Platz davor, ein Geschenk der Hütte an die Stadt, muss sich Butz noch etwas einfallen lassen. Denn für einen 3-D-Druck müsse diese aufwendig vermessen werden. So muss der Theologe hier wohl mit einem ähnlichen Modell und viel Handarbeit improvisieren.

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