Offener Brief an OB Wosnitza Denkmalfreunde geißeln „Profitgier“

Zweibrücken · Heftige Kritik üben die vier Denkmalfreunde Georg Dhom, Roswitha Chéret, Hanne Stauch und Gerhard Herz an den Plänen für die Villa Schwinn. Sie geißeln die Vorgehensweise der Stadt und mahnen einen respektvollen Umgang mit dem historischen Erbe an.

 Die Villa Schwinn.

Die Villa Schwinn.

Foto: Stadtverwaltung Zweibrücken/Stadt ZW

Profitgier und Gleichgültigkeit gegenüber dem kulturellen Erbe: Diese Defizite machen vier Zweibrücker Bürger in Sachen Villa Schwinn bei Investor, Eigentümern und Stadtverwaltung aus.

In einem Offenen Brief an Oberbürgermeister Marold Wosnitza (SPD) üben die vier Bürger heftige Kritik an dem Plan, auf dem Gelände der Villa Schwinn Wohngebäude zu errichten (wir berichteten).

Unterschrieben wurde der Offene Brief von Georg Dhom, Roswitha Chéret, Hanne Stauch und Gerhard Herz. Diese vier Zweibrücker zeigten sich bereits in der Vergangenheit in anderen Fragen rund um Stadtbild/Denkmalschutz/Klimaschutz engagiert und kritisch.

Und kritisch ist ihr Offener Brief an Wosnitza allemal. Dhom, Chéret, Stauch und Herz fürchten, dass die Pläne des Investors Irus aus Saarbrücken das Schwinn-Areal verschandeln würde; zudem sind sie in großer Sorge, dass die dortige Remise (die ehemalige Kutschenhalle) den Bauplänen geopfert werden könnte.

Mit Blick darauf, dass die Denkmalschützer der GDKE (Generaldirektion Kulturelles Erbe) in Mainz dieses Jahr die Villa Schwinn samt Remise in ihrer Gesamtheit unter Denkmalschutz stellten (wir berichteten), bezeichnen die vier als „völlig richtig“; diese Entscheidung sei, „wie von uns erwartet“, so getroffen worden.

Schließlich herrsche „in der Fachwelt Einigkeit darüber“, dass eine Villa „grundsätzlich nicht nur aus einem Wohngebäude besteht“.

Dies heiße für die Villa Schwinn: „Hauptwohngebäude, Remise, Einfriedung und Freiflächen/Park“ würden in ihrer Gesamtheit „das Kulturdenkmal Villa Schwinn“ bilden.

Und diese Gesamtheit gelte es, zu schützen, mahnen die vier Kritiker; sie gehen davon aus, dass im vorliegenden Fall „eine Abwägung gegensätzlicher öffentlicher Interessen“ stattfinden werde.  „Das heißt, dass die Stadt das öffentliche Interesse an der Durchführung des Wohnbauprojekts gegen das öffentliche Interesse am Erhalt der Remise oder anderer Bestandteile der Villa Schwinn abwägt.“

Tatsächlich hat Oberbürgermeister Wosnitza diese Woche im Merkur erklärt, dass das Rathaus der Rosenstadt gemeinsam mit den Denkmalschützern nach einer salomonischen Lösung suche. Die Behörde in Mainz und die Stadtverwaltung hätten gemeinsam einen Katalog an Vorgaben erarbeitet: werde die Villa Schwinn mitsamt dem fragmentarischen Zaun um das Gelände aufgewertet und saniert, könnte es grünes Licht dafür geben, die Remise (durch die sich der Investor behindert sieht) möglicherweise abzureißen.

Für die vier Zweibrücker, die den Offenen Brief verfasst haben, ist es nachvollziehbar, dass Stadt und GDKE gemeinsam nach einer Lösung suchen. Allerdings dränge sich „die Frage auf, wieso es hier überhaupt ein öffentliches Interesse am Bau dieser Wohnanlage geben soll. In Zweibrücken herrscht kein Wohnraummangel wie in Frankfurt, Karlsruhe oder Mannheim. Es ist nicht nötig, ausgerechnet in diesem höchst sensiblen Bereich eine Großwohnanlage zu errichten.“

Die vier Bürger geben zu bedenken: „Die neuen Eigentumswohnungen könnten auch an vielen anderen Stellen im Stadtgebiet entstehen. Stichwort ,Weiße Kaserne’.

Doch werden Dhom, Chéret, Stauch und Herz noch deutlicher: Bei dem Bauvorhaben des Saarbrücker Investors handele es sich „um ein privates, auf die Erzielung von maximalem persönlichem Profit abzielendes Bauvorhaben. Das heißt, dass der Investor sein Bauvorhaben denkmalverträglich zu planen und an das Denkmal anzupassen hat, nicht umgekehrt. Es kann nicht sein, dass die seit Jahren vermietete und somit wirtschaftlich genutzte Remise sinnlos zerstört wird, nur um den Profit von Privatpersonen zu erhöhen, denen das Zweibrücker Stadtbild völlig egal ist“.

Die vier Kritiker sehen die Rechtsprechung auf ihrer Seite: „Der Gesetzgeber sieht den Erwerb eines wirtschaftlich genutzten Denkmals auf Abbruch nicht vor, weil dies den Zielen des Denkmalschutzgesetzes widerspricht.“

Dass der Investor (und die hinter der Villa Schwinn stehende Eigentümer-Gemeinschaft) behaupte, dass das Bauprojekt nur wirtschaftlich vertretbar sei, wenn die Remise weichen dürfe, sorgt bei den Brief-Verfassern für massiven Unmut: „Es ist völlig unglaubwürdig, dass das Bauprojekt ohne den Abbruch der Remise nicht durchführbar wäre. Die Remise nimmt nur einen geringen Anteil der Grundstücksfläche ein und könnte problemlos weiterhin vermietet werden. Hier wird ganz offensichtlich aus reiner Profitgier Druck ausgeübt. Die Stadtpolitik erweckt den Eindruck, sich zum Vertreter privater Interessen zu machen, anstatt das gesetzlich festgeschriebene öffentliche Interesse an der Einhaltung des Denkmalschutzes wirksam durchzusetzen.“

Die vier Kritiker bemängeln ferner, dass die Stadt bis dato überhaupt noch nicht fundiert erklärt habe, was mit der Villa Schwinn genau geschehen soll, wie diese in das Bauvorhaben eingebettet werden soll, es fehle ein vernünftiges Konzept.

Zweibrücken habe aufgrund der Tatsache, dass die Stadt im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört wurde, kaum noch historische Bausubstanz und gehöre bundesweit zu den Städten mit der geringsten Denkmaldichte.

Unter diesem Aspekt müsse das Vorgehen des Rathauses als „peinliche Posse“ interpretiert werden, das „kostbare baukulturelle Erbe“ der Stadt werde privaten Investoren regelrecht „zum Fraß“ vorgeworfen.

Nicht zu vergessen sei, mahnen die vier Denkmalfreunde, dass der knapp 3000 Quadratmeter große Park der Villa Schwinn 17 Bäume aufweise, die teilweise „stattlich“ seien. Dem Areal komme also auch hinsichtlich des Klimaschutzes eine wichtige Bedeutung zu.

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