Behles-Bus will überall hin

St Wendel/Weiskirchen · Bislang bedient der Weiskircher Anbieter Behles ausgewählte Strecken im Landkreis St. Wendel. Dieses Netz will er auf die gesamte Region ausdehnen. Zum ersten Mal tritt damit ein Privater an, alle Fahrten auf eigene Kappe zu übernehmen. Bisher fließen Staatszuschüsse.

 Schon heute sind Busse des Weiskircher Unternehmens Behles wie hier am St. Wendeler Busbahnhof im Landkreis im Einsatz. Bald will der Betreiber alle Strecken übernehmen. Behles reichte ein eigenwirtschaftliches Angebot ein und will damit auf staatliche Zuschüsse verzichten. Foto: hgn

Schon heute sind Busse des Weiskircher Unternehmens Behles wie hier am St. Wendeler Busbahnhof im Landkreis im Einsatz. Bald will der Betreiber alle Strecken übernehmen. Behles reichte ein eigenwirtschaftliches Angebot ein und will damit auf staatliche Zuschüsse verzichten. Foto: hgn

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So was gab's noch nie im Saarland: Ein Busunternehmer will den Linienverkehr für einen gesamten Landkreis auf die Beine stellen - auf eigene Kosten. Im Amtsdeutsch: eigenwirtschaftlich. So das Angebot, das die Weiskircher Firma Behles dem Landratsamt in St. Wendel präsentiert. Losgehen soll's 2016 auf allen Strecken im St. Wendeler Land. Das heißt: Behles - seit einigen Jahren schon auf Teilstrecken unterwegs - will völlig auf die bisherigen Zuschüsse von Landkreis und Gemeinden verzichten. Damit wurde eine im Grunde gesetzlich vorgesehene europäische Ausschreibung hinfällig. Die ist erforderlich, wenn ein Staatsauftrag mit Staatszuschüssen verbunden ist. Wie bislang beim Busnetz im Landkreis St. Wendel und in übrigen Landesteilen Usus. Denn zahlreiche Verbindungen trügen sich nur, wenn der Staat Geld beisteuert. Nach Auskunft von Andreas Jung, Fachbereichsleiter Verkehr der Gewerkschaft Verdi, beläuft sich der Jahresbeitrag im Kreis auf über eine Million Euro.

Das will der auf dem freien Markt agierende Anbieter allein bewerkstelligen, wie Behles-Pressesprecher Dirk Dannenfeld versichert. Er redet vom "Grundangebot, das aufrechterhalten werden" soll und kündigt "einige Innovationen" an. Zum Beispiel denke Behles an eine bessere Verbindung St. Wendel - Bostalsee. Mehr Details wolle Dannenfeld jetzt noch nicht preisgeben. "Es handelt sich um ein erstes Konzept, das wir uns überlegt haben."

Mehr liegt den sieben Gemeinderäten, Stadtrat sowie Kreistag vor. Diese Gremien befassen sich bereits mit den Vorschlägen, die einzelne Linien sowie Gemeindebusse auflisten. Diese übermittelte Behles mittlerweile der SZ. So sollen unter anderem einige Linien "auf die Funktionen für den Schul- und Kindergartenverkehr reduziert" werden. In St. Wendel werde am Wochenende die Klinik öfter angefahren. Wechsel plant Behles bei Busgrößen. In Randzeiten stehen kleinere Wagen breit.

Sollte Behles zum Zuge kommen, möchte der Anbieter die Linien mit 50 Fahrzeugen sicherstellen. Dannenfeld: "Wir können uns durchaus weitere Kooperationen vorstellen." Auf den bisherigen Strecken arbeite Behles mit Lorenz aus Bubach sowie Jochem (Schmelz) zusammen. 17 eigene sowie vier Busse der Subunternehmer stünden bereit. Darüber hinaus sei Behles in Rheinland-Pfalz mit 200 Bussen unterwegs.

Dannenfeld: "Anderthalb Millionen Euro fließen bislang vom Zweckverband für den Nahverkehr an Subventionen. Das sieht anders aus, wenn wir das machen."

Der Tholeyer Gemeinderat befürchtet mit den Plänen des Weiskircher Busunternehmers Behles, dass sich der Linienverkehr verschlechtert. Deshalb lehnen die Kommunalpolitiker das Konzept einstimmig ab. In den vorläufigen Unterlagen entdeckte das Gremium zahlreiche Mängel für die Schaumberggemeinde. Hier auszugsweise ein Überblick: {rahkv} Der Anschluss Tholey - Kreisstadt werde am Wochenende extrem ausgedünnt. {rahkv} Die Linie Schaumberg, Erlebnisbad, Johann-Adams-Mühle sowie Leitzweiler falle weg. {rahkv} Zwischen 20.32 Uhr und 4.07 Uhr gebe es keine Möglichkeit mehr, von St. Wendel nach Tholey zu gelangen, ein Nachteil vor allem für Jugendliche und junge Erwachsene. {rahkv} Das Bohnental habe nur wenige und zeitlich sehr beschränkte Anbindungen an die Regionallinie R 4 und damit an die Kreisstadt. Dies treffe Berufspendler, die auf Busse zu den Bahnhöfen in Lebach und St. Wendel angewiesen sind.

Sollte das Behles-Angebot von der Verkehrsmanagement-Gesellschaft Saar (VGS) genehmigt werden, verlangt die Gemeinde Tholey vom Saarland beziehungsweise vom Landkreis St. Wendel, auf deren Kosten das Nahverkehrsangebot zu ergänzen. Diese Forderungen orientierten sich an den erwarteten Einschränkungen.

"Dieses Angebot der Firma Behles bedeutet eine massive Verschlechterung für den ÖPNV in unserer Gemeinde", sagte Ruth Kirsch für die SPD-Fraktion. "Der vorliegende Antrag ist vielleicht gut für die Firma Behles, aber nicht für unsere Gemeinde."

Tholeys Gemeinderat befasste sich als erster öffentlich mit dem Angebot des Busunternehmens. Auch die übrigen Räte beschäftigen sich nach und nach mit dem Thema. Mit einer unangekündigten Kundgebung haben am Montagnachmittag Busfahrer der Saarpfalz-Bus vor dem Landratsamt in St. Wendel demonstriert. Im Vorfeld der Werksausschusssitzung des Kreistags machten sie auf ihre Zukunftsängste aufmerksam. Mit einem Sarg trugen sie symbolisch ihre Arbeitsplätze zu Grabe. Das befürchten sie, sollten die Buslinien ab 2016 einzig und allein an den Weiskircher Unternehmer Behles vergeben werden. Bisher betreibt Saarpfalz-Bus als Tochterunternehmen der Deutschen Bahn (DB) mit zahlreichen Subunternehmen die Verbindungen. Reiner Kolb, Betriebsrat am Standort St. Wendel: "Sollte es zu der Alleinvergabe an Behles kommen, können wir die Niederlassung hier dicht machen." Davon seien mit Fahrern und Büroangestellten 30 Arbeitsplätze betroffen.

Verdi: Das kann nicht gutgehen

Der Werksausschuss befasste sich am Nachmittag mit den Plänen des Anbieters Behles, das Liniennetz eigenwirtschaftlich (ohne staatliche Zuschüsse) zu betreiben. Saarpfalz-Bus erhält Subventionen.

Unterstützung bekommt die Belegschaft von Andreas Jung. Der Fachbereichsleiter Verkehr bei Verdi in Saarbrücken: "Sie können davon ausgehen, dass zudem das Angebot ausgedünnt wird." Denn die wenigsten Linienbündel würden zurzeit kostendeckend bedient. "Warum sonst gibt es einen Zuschuss von über eine Million Euro pro Jahr?" Sollten sich der Landkreis sowie die Kommunen für eine Vergabe an Behles entscheiden, prophezeit der Gewerkschafter: "Das kann nicht gutgehen." > : weiterer Bericht Der Werksausschuss des St. Wendeler Kreistags hat sich Montagabend noch nicht entschieden, ob er den Plan der Firma Behles annimmt. Zwei Kernpunkte müsse er laut Landrat Udo Recktenwald (CDU) erfüllen, wie er im Anschluss sagte: sich am Grundbedarf der Kunden sowie an den sozialen Belangen der Beschäftigten orientieren. Magnus Jung, Chef der SPD-Kreistagsfraktion, hat noch Fragen zum Erhalt des Busgrundnetzes. Außerdem will er wissen, was eine Übernahme durch Behles für die Infrastruktur bedeutet. Denn die bisher nahezu monopolistisch versorgende Saarpfalz-Bus-GmbH betreibt unter anderem die Tourist-Info am Bahnhof mit Kreis, Stadt und Bahn. Der Kreistag beschäftigt sich Montag, 5. Mai, nochmals damit. Bis 19. Mai will die Verkehrmanagement-Gesellschaft Saar (VGS) als Genehmigungsbehörde eine Stellungnahme von Kreis und Kommunen.

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