Menschen im Regionalverband „Man muss der Musik Ausdruck verleihen“

Völklingen · Dekanatskantor Andreas Mehs wirkt zwar in der Völklinger Pfarrkirche St. Eligius, kennt aber fast alle Orgeln im Dekanat.

 Die Orgel in der St. Eligiuskirche in Völklingen ist seit Jahren Andreas Mehs’ Stamminstrument. Trotzdem muss er die Stücke wieder neu üben, die er spielt – seit einer Krebserkrankung und der anschließenden Chemotherapie sind seine Nerven in den Händen angegriffen.

Die Orgel in der St. Eligiuskirche in Völklingen ist seit Jahren Andreas Mehs’ Stamminstrument. Trotzdem muss er die Stücke wieder neu üben, die er spielt – seit einer Krebserkrankung und der anschließenden Chemotherapie sind seine Nerven in den Händen angegriffen.

Foto: BeckerBredel

Kühle 13 Grad zeigt das Thermometer in der Völklinger Pfarrkirche St. Eligius. „Das ist kein Problem“, sagt Dekanatskantor Andreas Mehs mit Blick auf die Orgel. Schnelle Temperaturschwankungen beeinflussen den Klang schon eher. Das Instrument ist startklar, jetzt müssen nur noch Mehs Finger auf Betriebstemperatur kommen, denn vor der Tür herrscht strenger Frost. Der 48-Jährige reibt sich kurz die Hände, dann greift er in die Tasten. Während die Finger über die Manuale huschen und die Füße die Pedale streicheln, konzentrieren sich die Augen allein auf die Noten. Das sei wie beim Autofahren, erklärt er seinen Schülern gerne. Da könne man zwischendurch auch nicht nachschauen, wo sich das Bremspedal befindet.

Der Organist spielt das Präludium in C-Dur von Johann Sebastian Bach. Ein festliches Stück: Verschiedene Motive und Figuren sind zu einem imposanten Klangteppich verwoben. Es gehe nicht nur darum, die richtigen Töne zu spielen, erklärt Mehs. „Man muss der Musik Ausdruck verleihen“.

Im vorigen Jahr saß der Völklinger seltener an der Orgel als gewöhnlich. Das lag zu einem an der Corona-Pandemie, viele Veranstaltungen sind ausgefallen. Zum anderen musste er aus gesundheitlichen Gründen kürzer treten. An Aschermittwoch hatten die Ärzte bei ihm eine Krebserkrankung diagnostiziert. Neben dem Tumor und einem Teil der Speiseröhre wurde der komplette Magen entfernt. Vor und nach der Operation musste sich Mehs jeweils vier Chemotherapien unterziehen.

Inzwischen geht es ihm wieder besser. Er darf alles essen und trinken, allerdings nicht in großen Portionen. „Ich kann damit gut leben“, betont der Katholik. Die Krankheit beeinflusst auch sein Orgelspiel. Durch die Chemotherapien wurden die Nerven in den Händen und Füßen angegriffen. Bisher selbstverständliche Automatismen funktionierten nicht mehr. „Ich muss die Stücke üben“, erklärt der Organist.

Der hauptamtliche Kirchenmusiker wirkt vor allem in Völklingen. In normalen Zeiten spielt er nicht nur die Orgel in den Gottesdiensten. Er leitet Chorproben, gibt Konzerte, singt mit dem Nachwuchs im Kindergarten. Als Dekanatskantor unterrichtet er auch Orgelschüler und Sänger aus anderen Pfarreien.

Die Chorarbeit ruht zurzeit, in den Gottesdiensten dürfen nur fünf Personen singen. Per E-Mail und über ihre Internetseite hält die Pfarreiengemeinschaft St. Eligius Kontakt mit den Gläubigen. In der Advents- und in der Weihnachtszeit wurde täglich ein Newsletter mit Bildern, Texten und selbst gedrehten Musikvideos veröffentlicht. „Ich hoffe, dass sich bald alles normalisiert“, sagt Mehs. Im Sommer will er wieder nach Rügen fahren, denn auch sein traditioneller Urlaub auf der Ostseeinsel fiel im letzten Jahr aus.

Das musikalische Talent wurde Mehs wohl in die Wiege gelegt, schon als Kind spielte er gerne Klavier. Später kam die Orgel hinzu, hin und wieder vertrat er einen Organisten. Die Vielfalt des Instruments begeisterte ihn von Beginn an. „Jedes Register klingt anders“, sagt Mehs. An der Musikhochschule in Saarbrücken studierte er Kirchenmusik. Mittlerweile kennt der Völklinger fast alle Orgeln im Dekanat.

Das Instrument in der Eligiuskirche wurde 1925 von der Aachener Firma Stahlhuth gebaut. Charakteristisch sei das warme grundtönige Klangbild, erläutert Andreas Mehs. Die Orgel, die er seit 23 Jahren spielt, überrascht ihn auch heute noch ab und zu: „Ich entdecke immer noch neue Klänge, das ist faszinierend.“

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