Wenn der Tod zum letzten Ausweg wird

Saarbrücken/Berlin. Mehr als 9000 Menschen nehmen sich in Deutschland jedes Jahr das Leben - darunter überproportional viele Senioren. "Die Situation spitzt sich von Jahr zu Jahr zu", mahnte die Deutsche Hospiz Stiftung zum heutigen Welt-Suizid-Präventionstag

Saarbrücken/Berlin. Mehr als 9000 Menschen nehmen sich in Deutschland jedes Jahr das Leben - darunter überproportional viele Senioren. "Die Situation spitzt sich von Jahr zu Jahr zu", mahnte die Deutsche Hospiz Stiftung zum heutigen Welt-Suizid-Präventionstag. "Wir wissen, dass ein Suizid fast immer ein verzweifelter Ruf nach Hilfe ist", sagte Stiftungspräsident Eugen Brysch. "Viele fürchten sich vor Einsamkeit, Abhängigkeit und einer Pflege, die auf ihre individuellen Bedürfnisse nicht eingehen kann." Ein die Würde wahrendes Pflegesystem wäre die richtige Antwort auf diese Ängste. Gleichzeitig fordert Brysch, die organisierte Suizidbeihilfe schleunigst zu verbieten. Mehr als ein Drittel der Selbsttötungen wird in Deutschland mittlerweile von über 65-Jährigen verübt.Auch im Saarland legen vermehrt Männer zwischen 70 und 90 Jahren aber auch junge Menschen bis Ende 20 selbst Hand an sich, sagte Dr. Martin Kaiser, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am SHG-Krankenhaus Merzig. Er nimmt die zunehmende Vereinzelung und Vereinsamung vor allem von älteren Menschen als einen bestimmenden Faktor wahr. Bei jungen Menschen sei die Selbsttötung die zweithäufigste Todesursache nach tödlichen Verkehrsunfällen. Häufig seien psychische Erkrankungen maßgeblich, wenn sich ein Mensch dazu entschließe, freiwillig aus dem Leben zu scheiden: "80 Prozent der Menschen, die sich das Leben nehmen, stecken in einer aktuellen Depression." Kaiser erklärt, dass Suizid oft als ein Frauenproblem wahrgenommen werde. Das sei aber eine falsche Einschätzung. Daten des Statistischen Landesamtes stützen diese Aussage: 2008 nahmen sich demnach 40 Frauen im Saarland das Leben und 97 Männer. Im Jahr 2007 waren es 31 Frauen. Im selben Jahr töten sich 104 Männer.Generell lasse sich festhalten: Wesentlich mehr Frauen als Männer ließen sich eine Depression diagnostizieren. Zugleich müsse man fragen, wie viele Männer Depressionen hinter Alkoholmissbrauch verstecken. Zudem geht Kaiser von einer große Dunkelziffer von Suizidfällen aus, die in keiner Statistik auftauchen.Damit es gar nicht erst zu Selbsttötungen kommt, rät Kaiser bei Selbstmordgedanken zu professioneller Hilfe. Auch Angehörige, Freunde oder Kollegen sollten einschreiten, wenn sie eine Suizidgefahr wahrnehmen. In jedem saarländischen Landkreis und Regionalverband gebe es eine psychiatrische Klinik, die über eine Ambulanz verfüge. Erste Ansprechpartner für suizidgefährdete Menschen seien neben den Hausärzten die niedergelassenen Nervenärzte, Psychiater und Psychotherapeuten. Wer sich nicht traue, einen Arzt oder eine Klinik aufzusuchen, könne sich an Beratungsstellen von gemeinnützigen und kirchlichen Trägern wenden. Am heutigen Weltsuizidpräventionstag gibt es in sieben saarländischen Städten Gesprächsangebote auf Initiative eines Aktionsbündnis, dem unter anderem die evangelisch-katholische Telefonseelsorge, die Evangelischen Kirchenkreise an der Saar und das Saarländischen Bündnis gegen Depression angehören. bera/dpa

AUF EINEN BLICKIn folgenden saarländischen Städten gibt es am heutigen Welt-Suizid-Präventionstag Informations- und Gesprächsangebote: Ab 17.30 Uhr in Saarbrücken auf dem St. Johanner Markt. Zu dem hat der katholische Kirchenladen "st - glauben am markt" geöffnet. Des Weiteren in Neunkirchen auf dem Stummplatz, in St. Wendel auf dem Schlossplatz und in Saarlouis auf dem Kleinen Markt. In Merzig am alten Stadthaus gibt es in der Zeit von 8 bis 16 Uhr einen Infostand. bera

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