Verliebt in die Ziggagidda

Saarbrücken · Mit 63 Jahren hat Peter Ruppel angefangen, Zigarrenbox-Gitarren zu bauen, Ziggagiddas, wie er sie liebevoll nennt. Jetzt träumt er von Ziggagidda-Workshops und einem Festival im Saarbrücker Bürgerpark.

 Peter Ruppel mit einer seiner Zigarren-Box-Gitarren. Foto: Martin Rolshausen

Peter Ruppel mit einer seiner Zigarren-Box-Gitarren. Foto: Martin Rolshausen

Foto: Martin Rolshausen

Zwei Wochen vor Weihnachten ist die Verletzungsgefahr in Peter Ruppels Wohnung innerhalb weniger Stunden gestiegen. "Bisher war das gefährlichste Instrument im Haushalt die Brotschneidemaschine. Jetzt habe ich eine Standbohr- und eine Fräsmaschine", sagt der Musiker . Die neuen technischen Geräte braucht Ruppel, weil er sich mit 63 Jahren noch einmal verliebt hat - in die Zigarren-Box-Gitarre, oder wie Peter Ruppel sagt: die Ziggagidda.

Die Liebesgeschichte begann mit der Frage eines Freundes. Der hat eine Pferderanch in den Vogesen und hatte sich in den Kopf gesetzt, Gitarre spielen zu lernen. Ruppel hat seinem Kumpel eine Gitarre besorgt. Es stellte sich dann aber schnell heraus: Mit sechs Saiten war der Mann überfordert.

Ein paar Tage später hat der Freund Peter Ruppel auf ein Internetvideo hingewiesen. Das Video zeigt einen Mann, der auf einer Gitarre mit nur drei Saiten spielt, einer Cigar-Box-Guitar, wie sie in Amerika sagen. Peter Ruppel war fasziniert. Was auch daran lag, dass er nicht nur Gitarre spielt, sondern auch Zigarrenraucher ist.

Ihm war schnell klar: "Jeder, der halbwegs musikalisch ist, kann das Ding mit einem Finger am Griffbrett spielen. Das ist das Kloore an den Kisten." Im Internet hat Ruppel dann nach Informationen gesucht - und schnell festgestellt: In Deutschland gibt es sehr wenige Bezugsquellen für solche Gitarren, nur wenige Menschen, die sie bauen.

Und so hat sich Ruppel selbst die Maschinen besorgt, die er dazu braucht. Weil Deutschland ein Zigarren-Kisten-Gitarren-Entwicklungsland ist, hat er anfangs Tonabnehmer und Griffbretter in den USA bestellt. Der Ärger mit dem deutschen Zoll sei ihm aber zu groß gewesen. Jetzt lässt er sich die Griffstücke von einem Schreiner zuschneiden. In die Kisten baute er Abflusssiebe, Teile aus Drehaschenbechern und Schubladengriffe ein, die mit anderen technischen Finessen für einen speziellen Klang sorgen. 13 Ziggagiddas hat er inzwischen gebaut, die Erste hat er an den Saarbrücker Gitarristen-Kollegen Guido Allgaier verkauft. Je nach Ausstattung verlangt Ruppel zwischen 130 und gut 200 Euro für so ein Unikat. Beim Bauen träumt er vom Siegeszug der Ziggagidda im Saarland. Im Saarbrücker Gefängnis, in dessen Werkstatt er bald seine Griffbretter aus Zedernholz zuschneiden lassen will, würde er gerne Workshops anbieten. Und bald will er zu einem Zigarren-Gitarren-Festival nach Hessen fahren. Und er träumt von einem zweiten solchen Festival in Deutschland. "Der Saarbrücker Bürgerpark wäre ein guter Ort, um so ein Festival zu machen", findet er.

Verletzt habe er sich an seinen neuen gefährlichen Maschinen noch nicht, sagt Peter Ruppel. Die Schrammen an seinen Händen stammen vom Kochen, sagt er.

Gesundheitsgefährdend sei seine neue Leidenschaft aber eh nicht nur wegen der Maschinen. Dalay, sein Zigarrenhändler, sammelt zwar Kisten für ihn, um den Bedarf an Baumaterial zu decken. Aber seit er die "Blueskisten" baue, rauche er deutlich mehr.

 An seinen Gitarren verbaut Ruppel unter anderem Abflusssiebe und Schubladengriffe. Fotos: Ruppel

An seinen Gitarren verbaut Ruppel unter anderem Abflusssiebe und Schubladengriffe. Fotos: Ruppel

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HintergrundDie ersten Gitarren aus Zigarrenkisten wurden wohl im amerikanischen Bürgerkrieg gebaut. Zumindest taucht das Instrument erstmal auf einer 1876 veröffentlichten Illustration auf, die zwei Bürgerkriegssoldaten zeigt. Kontakt Peter Ruppel: E-Mail info@derruppel.dederruppel.de

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