„Sprunghafte Natur“

Saarbrücken · CDU-Innenminister Klaus Bouillon wirbt bei jeder Gelegenheit für einen Einsatz der Bundeswehr im Innern. Dabei ist die SPD in der großen Koalition ganz anderer Meinung. Es ist nicht der einzige Vorstoß Bouillons, der die Sozialdemokraten irritiert.

 Innenminister Klaus Bouillon (CDU).

Innenminister Klaus Bouillon (CDU).

Foto: Becker&Bredel

Lange nichts gehört von Klaus Bouillon . Der Innenminister ist seit ein paar Tagen auf Sendepause, was aber ausschließlich damit zusammenhängt, dass er im Urlaub weilt. Vor seiner Abreise ließ er die Öffentlichkeit noch wissen, dass er mehr Video-Überwachung im Saarland will und zur Terrorabwehr die Bundeswehr auch im Inland einsetzen würde. Als Vorsitzender der Innenministerkonferenz hat er seit Jahresbeginn eine bundespolitische Bühne für seine Vorstöße. Mit Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU ) will er nach seinem Urlaub darüber verhandeln, was genau die Bundeswehr im Terrorfall tun könnte. Das nicht zu klären, sei verantwortungslos, sagt er.

Die Frage ist, für wen Bouillon dabei spricht: für die gesamte Landesregierung oder für sich selbst und die CDU . Die SPD in der großen Koalition des Landes ist in der Innenpolitik jedenfalls anderer Meinung . Mehr Videoüberwachung? "Völlig ungeeignet, um Straftaten zu verhindern und die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger zu erhöhen", sagt SPD-Generalsekretärin Petra Berg . Der Einsatz der Bundeswehr im Innern? "Fachlich gesehen Unsinn", meint SPD-Vize Eugen Roth , der auch mal Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP) war. "Lächerlich, das kann ich nicht ernst nehmen."

In der SPD verdrehen sie die Augen, wenn Bouillon wieder einen Vorstoß zur inneren Sicherheit unternimmt. "Ich weiß nicht, wer ihn in Sicherheitsfragen berät. Wahrscheinlich er sich selbst", lästert Roth. SPD-Fraktionschef Stefan Pauluhn beklagte sich in einem SZ-Interview einmal über Bouillons Schnellschüsse: Jede kleine Änderung im SPD-geführten Bildungsministerium ("ob der Notenstempel künftig rechts oder links steht") müsse durchs Kabinett, während sich Bouillon häufig nicht mit der SPD abspreche. "Ein typischer Bulli" heißen die Vorstöße in der SPD .

Eine seiner Ideen, auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise zur Entlastung der Polizei eine Hilfspolizei aufzubauen, kam in der SPD zunächst gar nicht gut an. Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger soll massiv gegen den Plan gewesen sein. Inzwischen hat der Polizeiliche Ordnungsdienst (POD) seine Arbeit aufgenommen, die 30 befristet angestellten Mitarbeiter sollen zum Beispiel bei der Verkehrsüberwachung und beim Objektschutz helfen. Der nächste Konflikt dürfte allerdings programmiert sein, wenn Bouillon den POD ausbauen oder zur Dauereinrichtung machen will. Das sei so nicht besprochen gewesen, heißt es in der SPD .

Besonders sauer auf Bouillon ist der traditionell linke SPD-Nachwuchs. Die Jusos tragen ihm seine restriktive Linie in der Asylpolitik nach. Als er den Flüchtlingen in der Landesaufnahmestelle Lebach das Taschengeld kürzte, schäumten die Jusos: Dies sei Populismus auf dem Rücken der Flüchtlinge, "bestürzend und beschämend". Als "Skandal" sehen sie auch Bouillons angebliche "Abschiebewut" . Die Forderung der SPD , die Härtefallkommission zu stärken, die ein Bleiberecht für abgelehnte Asylbewerber vorschlagen kann, blockiert Bouillon seit Wochen.

Bouillons Krisenmanagement bei der Aufnahme der Flüchtlinge wird in der SPD geschätzt, hier arbeitete er eng mit SPD-Umweltminister Reinhold Jost ("mein Kumpel Reinhold") zusammen. Roth nennt Bouillon einen "Umsetzer". Aber, sagt Roth, "er springt auf alles auf, was sein Bauchgefühl ihm sagt. Er hat eine sprunghafte Natur ."

Roth glaubt zu wissen, dass auch in der CDU einige den Kopf über Bouillon schütteln. "Die haben noch mehr Spaß mit ihm als wir, weil sie nicht wissen, was er in den nächsten drei Minuten bringt. Aber er ist populär, und deshalb lässt man ihn turnen." Wahr daran ist zumindest, dass auch in der CDU nicht alle begeistert von Bouillons Anti-Terror-Plänen sind. "Ich will kein Militär auf den Straßen des Inlands", schrieb etwa der Illinger CDU-Bürgermeister Armin König auf Facebook .

Gleichwohl ist Bouillon in der CDU und bei ihren Sympathisanten äußerst beliebt, weshalb ständige Angriffe der SPD - so glaubt man in der CDU - den Christdemokraten am Ende eher nutzen als schaden werden. Bei der Landtagswahl am 26. März 2017 wird er auf Platz zwei der CDU-Landesliste kandidieren, direkt hinter Annegret Kramp-Karrenbauer . "Ich gehe davon aus, dass ich der CDU helfen kann, Stimmen zu gewinnen", sagt Bouillon . Hätte die SPD in der großen Koalition vor zwei Jahren nicht die Anhebung der Altersgrenze von Bürgermeistern blockiert, wäre Bouillon (68) vermutlich immer noch Rathaus-Chef von St. Wendel.

Sein Markenzeichen, sich bei Festen an den Schwenker zu stellen und Rostwürste zu braten, hat er auch im Innenressort nicht abgelegt. "Man kann es treiben und übertreiben", findet Roth. Aber zwischenmenschlich sei das Verhältnis zu Bouillon gut, sagt Roth. "Ich esse halt auch gerne Rostwürste."

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