Schramm sieht Baupannen-Serie

Die Chefin der Saar-Linkspartei Astrid Schramm, 58, hat sich im Sommer-Interview mit SZ-Redakteur Dietmar Klostermann für den Erhalt des Ex-Kultusministeriums („Schmales Handtuch“) an der A 620 ausgesprochen. Zum parteiinternen Streit mit dem Lager Oskar Lafontaines sagte Schramm, man „arbeite wieder gut zusammen“.

 Linken-Landeschefin Astrid Schramm vor dem leer stehenden HTW-Hochhaus. Foto: Oliver Dietze

Linken-Landeschefin Astrid Schramm vor dem leer stehenden HTW-Hochhaus. Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

Frau Schramm, das HTW-Hochhaus ist nur eine Fehlplanung großer Bauprojekte der Landesregierung. Der Anbau zum Saarlandmuseum beschäftigt bereits den zweiten Untersuchungsausschuss des Landtags, der Umzug der Kultusministeriums in das Alte Postgebäude an der Trierer Straße verzögerte sich kostentreibend um Monate. Die Zukunft des Baudenkmals altes Kultusministerium ist völlig unklar, die SPD-Fraktion will es offenbar der Schuldenbremse opfern. Warum können Sie daraus keine Vorteile für die Linken erzielen?

Schramm: Das Problem ist eigentlich immer das Gleiche. Die Landesregierung schafft es einfach nicht, wie jeder andere Bauherr, der nur ein Häuschen baut, eine Planung zu machen, die man dann auch durchzieht. Bei allen Bauten der Landesregierung klappt die Finanzierung nicht.

Wieso profitieren die Linken nicht von den Pannen-Bauten?

Schramm: Sie haben ja selbstgesagt, es gibt einen zweiten Untersuchungsausschuss zum Museumsanbau. Der Ausschuss hat seine Arbeit noch nicht beendet. Das Gebäude des Ex-Bildungsministeriums wird eine ebenso große Debatte auslösen. Kultusminister Ulrich Commerçon hat sich für den Erhalt ausgesprochen. Ich wäre auch dafür, das Gebäude zu erhalten. Ich habe dort jahrelang gearbeitet und weiß, welche Bedeutung dieses unter Denkmalschutz stehende Gebäude für das Saarland hat, welches im Volksmund "Schmales Handtuch" genannt wird. Es ist ein Symbol für die Geschichte und Eigenständigkeit des Landes, wurde es doch als Französische Botschaft im Saarland errichtet. Doch bei jedem neuen Bau, an dem die Landesregierung beteiligt ist, muss man mittlerweise Angst haben, dass es mit der Finanzierung nicht klappt.

In der Debatte um das Sparprogramm des Landes wegen der Schuldenbremse dreht die Linkspartei weiter die alte Leier der Einführung der Millionärssteuer, die bei der Mehrheit der Koalitionen aus CDU /SPD in Berlin und Saarbrücken reine Utopie bleibt. Trotzdem sind sie mit den Kürzungs-Politikern von Saar-CDU/SPD einer Meinung, wenn es um die Eigenständigkeit des Landes geht. Wie passt das zusammen?

Schramm: Wir wollen statt der Kürzungen von CDU und SPD eine höhere Besteuerung von großen Vermögen und großen Einkommen. Die Millionäre haben ja unterstützt von der Steuerpolitik von CDU und SPD - denken sie nur an die Abgeltungssteuer - die Verantwortung zur Finanzierung des Allgemeinwohls verweigert. Ohne Mehreinnahmen gibt es aber immer weniger Lehrer, Polizisten und Richter. Das sagt Oskar Lafontaine schon seit Jahren. Weil CDU und SPD die Reichen schonen, kürzen sie planlos überall. CDU und SPD sind zwar auch für Mehreinnahmen, können sich aber in Berlin nicht durchsetzen. Die Saar-Kommunen sind völlig verschuldet, weitere Schwimmbadschließungen drohen. Das ist eine Politik, diekann so nicht weitergehen.

Noch stärkt der Übervater Oskar Lafontaine der Partei und der Fraktion im Landtag intellektuell den Rücken. Doch Lafontaine wird im September 71. Was machen die Saar-Linken, wenn er seine Lebensplanung ändert und nicht mehr als Zugpferd zur Verfügung steht? Droht dann der Absturz unter die Fünf-Prozent-Marke?

Schramm: Sicher nicht. Die Linke wird mehr denn je gebraucht, weil die anderen Parteien nur noch soziale Leistungen kürzen und Stellen abbauen wollen. Grundsätzlich ist es so, dass andere Parteien froh wären, wenn sie so einen Fraktionschef hätten wie Oskar Lafontaine . Er setzt die wesentlichen Themen im Landtag. Viele Saarländer hoffen, dass er sich noch lange für das Saarland einsetzt.

In der Linkspartei ist es seit ihrer Wahl zur Parteichefin im November 2013 merkwürdig ruhig geworden. Ist das eine Friedhofsruhe oder brodelt es unter der Oberfläche weiter?

Schramm: (lacht) Es ist immer erstaunlich: wenn es ruhig ist, gefällt es den Medien nicht, wenn es heftig ist, auch nicht. Wir sind eine Partei, die auch gerne diskutiert. Das ist gut so. Im Übrigen widmen wir uns gerade sehr intensiv der landesweiten Unterschriftensammlung gegen Wucherzinsen.

Wie sieht die Verständigung zwischen ihrem Lager und dem Lafontaine-Lager in der Landtagsfraktion aus? Haben sie ein Verständigungspapier erarbeitet, waren sie beim Mediator oder geht man sich schlicht, so gut es geht, aus dem Weg?

Schramm: Wir arbeiten wieder gut zusammen. Unser Ziel ist es, die Partei gemeinsam weiter nach vorne zu bringen.

Wie entwickelt sich die Mitgliederzahl der Saar-Linken? Gibt es noch Sozialdemokraten, die enttäuscht zu Ihnen kommen, wie in ihrer Aufbauzeit?

Schramm: Nicht nur Sozialdemokraten. Wir kriegen aus allen Lagern neue Mitglieder. Es haben sich einige Sozialdemokraten aus Enttäuschung über die Große Koalition und die Ausnahmen beim Mindestlohn unser Parteiprogramm schicken lassen. Mit denen führen wir Gespräche. Wir liegen derzeit bei 2200 Mitgliedern.

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HintergrundDas leer stehende Hochhaus der Hochschule für Technik und Wirtschaft Saar (HTW) an der Malstätter Brücke in Alt-Saarbrücken hat sich Linksparteichefin Astrid Schramm als Fotomotiv ausgewählt. Schramm sagt, dass es schön sei, dass das Hochhaus kernsaniert sei und erhalten werde. "Doch jetzt ist es schlimm gestrandet, weil Kosten über 4,4 Millionen Euro zusätzlich auf das Land zukommen. Das ist dramatisch", sagt Schramm. dik

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