Lebensberatung: Viele Familien sind stark überfordert

„Auf Kante genäht“ ist der Alltag vieler Familien, das ist die Erfahrung von Psychologin Maria Weber, Leiterin der Lebensberatung des Bistums Trier in Saarbrücken. Jetzt hat die Lebensberatung ihren Jahresbericht 2012 vorgelegt. Darin stellt Weber fest, dass viele Familien stark überlastet sind. Mit ihr sprach SZ-Redakteurin Dörte Grabbert.

Frau Weber, in Ihrem Jahresbericht schreiben Sie, dass viele Familien kaum noch über zeitliche oder emotional-psychische Puffer verfügen. Worin äußert sich das?

Weber: Das Leben vieler Familien ist straff organisiert und eng getaktet. Beruf und Familie funktionierten oft nur durch genaue Organisationsarbeit. Das Konstrukt bricht zusammen, wenn darin eine Person nicht mehr so funktioniert, wie sie sollte, wenn etwa jemand krank wird oder ein Kind besonderer Fürsorge bedarf. Eltern oder Alleinerziehende kommen dann zu uns mit anderen Problemen, etwa wegen Streit untereinander oder Schulschwierigkeiten ihrer Kinder. Oft stellt sich heraus, dass die Eltern einfach mit ihren Kräften am Ende sind, und das überträgt sich auf die Kinder. Die Betroffenen haben das Gefühl, an zu vielen Fronten zu kämpfen. Da geht schon mal die Energie verloren, und sie haben keine Kraft mehr für ihre Kinder.

Wie hilft die Lebensberatung?

Weber: In diesem Dilemma sind uns enge Grenzen gesetzt. Was wir tun können ist, die Eltern bei der Suche nach ihren eigenen, ganz persönlichen Prioritäten zu unterstützen und so Freiräume für sich und ihre Kinder zu schaffen. Wir ermutigten sie, auf ihre eigenen Kräfte und die der Kinder zu achten und nicht bis zur Kante zu strapazieren.

Haben Sie einen Tipp, wie das gelingen kann?

Weber: Eltern sollten sich bewusst machen, dass man nicht in allen Bereichen perfekt sein kann und muss. Dazu gehört eine gewisse Gelassenheit, und genau das ist schwierig, auch angesichts des gesellschaftlichen Drucks, den viele Eltern verspüren.

Zum Thema:

Auf einen Blick226 Kinder und Jugendliche wurden 2012 von der Lebensberatung Saarbrücken beraten. Die Themen: Leistungsstörungen, aggressives Verhalten, Selbstwertmangel und Aufmerksamkeitsstörungen. Auch 260 Erwachsene suchten Rat. Die Arbeit der Beratungsstelle kostete 2012 rund 353 000 Euro. Die Summe wurde zu 57 Prozent vom Regionalverband Saarbrücken finanziert, zu 42 Prozent vom Bistum Tier und zu 0,7 Prozent aus Projektgeldern. Kontakt zur kostenlosen Beratung unter Telefon (06 81) 6 67 04. red

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