Joghurt vor Sonnenaufgang stillt den Durst

Saarbrücken · Jedes Jahr verschiebt sich der muslimische Fastenmonat, diesmal fällt er mit großer Hitze zusammen. Viele Gläubige üben trotzdem Verzicht, darunter auch Jugendliche aus der türkisch-islamischen Gemeinde.

 Auch Mehmet Tezol (rechts) und Ümit Öztürk, Jugendliche der türkisch-islamischen Gemeinde, fasten während des Ramadan. Hier sitzen sie im neu gestalteten Jugendraum. Foto: Becker&Bredel

Auch Mehmet Tezol (rechts) und Ümit Öztürk, Jugendliche der türkisch-islamischen Gemeinde, fasten während des Ramadan. Hier sitzen sie im neu gestalteten Jugendraum. Foto: Becker&Bredel

Foto: Becker&Bredel

Von der Morgen- bis zur Abenddämmerung nicht einen Happen essen, keinen Schluck trinken - und das einen ganzen Monat. Was wie eine Tortur klingen mag, ist für viele Muslime ganz selbstverständlich. Im Fastenmonat Ramadan, der in diesem Jahr am 9. Juli begonnen hat, tun sie dies als Opfer ihres Körpers für Allah.

Ab der Pubertät sollen junge Muslime mit dem alljährlichen Fasten - auf Arabisch "Saum" - beginnen. Das gilt auch für Batuhan Duran. Der 17-Jährige ist Mitglied der türkisch-islamischen Gemeinde in der Hohenzollernstraße. Nicht nur, aber vor allem während des Ramadan trifft er sich nahezu täglich im muslimischen Gemeindezentrum mit Freunden. Er fastet bereits im dritten Jahr und sieht es "als Pflicht, denn es steht so im Koran". Ein älterer Muslim und erfahrener Fastender, der neben Batuhan vor dem Gemeindezentrum die Sonne genießt und ein Buch liest, betont allerdings: "Das Fasten ist kein Muss", - aber auch für ihn eine Selbstverständlichkeit. Er schätzt, dass von den zirka 360 Gemeindegliedern rund 250 bis 300 den Ramadan begehen.

"Das erste Fasten war schwierig, ging aber schnell vorbei", erinnert sich Batuhan. Der Ramadan verschiebt sich von Jahr zu Jahr, fällt mal in die kalte, mal in die warme Jahreszeit. Diesmal ist das Wetter eine schwierige Rahmenbedingung, wie der junge Muslim erklärt: "Im Sommer ist es bei der Hitze manchmal echt anstrengend, das ist im Winter anders" - nicht zuletzt, weil die Tage dann kürzer sind, und damit auch die tägliche Zeit des Verzichts. In diesem Jahr beträgt die tägliche Fastenzeit dagegen rund 18 Stunden, wird aber jeden Tag um zwei Minuten kürzer.

Erfahrung des Hungerns teilen

Der Ramadan ist 2013 zufällig in den Sommerferien - jungen Muslimen bleibt es also erspart, mit knurrenden Mägen die Schulbank zu drücken. Trotzdem, sagt Batuhan, sind gewisse Methoden während des enthaltsamen Monats von Vorteil: "Ich stehe jetzt meistens um drei Uhr morgens auf und frühstücke, bis kurz nach vier kann ich essen. Ich versuche, so viel zu trinken, wie es geht, und esse dazu Joghurt - das stillt auch den Durst." Auf einem Info-Zettel steht für jeden Tag die Uhrzeit, ab der Batuhan abends wieder essen darf. Er hält sich daran - möglichst auf die Minute genau.

Wie gehen nicht-muslimische Freunde damit um, dass Batuhan tagsüber fastet? "Das ist kein Problem", sagt der 17-Jährige, "die nehmen darauf Rücksicht und essen dann oft erst, nachdem wir uns getroffen haben". Er selbst meide während des Ramadan die Innenstadt.

Zu den Jugendlichen, die sich im Gemeindezentrum in der Hohenzollernstraße treffen, gehört auch die 20-jährige Büsra Ciliç. "Es ist schon schwer, aber Gott gibt dir die Kraft dazu", meint die junge Frau, so könne sie "problemlos" Verzicht üben. Schließlich stehe ja auch vorher fest, wann die Fastenzeit beginnt, "man bereitet sich psychisch darauf vor", sagt sie. Und Büsra erwähnt einen weiteren Effekt des rituellen Fastens im Ramadan: "Es ist eine gute Erfahrung, um zu wissen, wie arme Leute leben."

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Auf einen BlickDas rituelle Fasten ist - neben dem Bekenntnis zu Allah, dem Gebet, dem Almosen und der Pilgerreise nach Mekka - eine der fünf "Säulen" des Islam. Der Koran gebietet den Verzicht auf Essen, Trinken, Geschlechtsverkehr oder auch Rauchen von der Morgen- bis zur Abenddämmerung. "Entschuldigt" sind zum Beispiel chronisch kranke und schwache Menschen sowie Kinder. Auch Frauen während der Menstruation und während der Schwangerschaft sind vom Fasten ausgenommen. Der leibliche Verzicht dient der Hingabe für Allah. Muslime, die nicht fasten, sollen Bedürftigen Essen spenden oder sie bekochen. Beendet wird der Fastenmonat, der sich nach den Mondphasen richtet und sich von Jahr zu Jahr um einige Tage verschiebt, mit dem traditionellen Fastenbrechen ("Iftar"). jow

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