Kröhnert kann alle, sogar Merkel und Papst

Saarbrücken · Bei den „Winzern“ ließ Kabarettist Reiner Kröhnert Volksvertreter aufmarschieren und gab ihre wahren Gedanken preis. Sprache und Tonfall, Mimik und Gestik stimmten dabei bis ins Detail.

 Kabarettist Reiner Kröhnert schlüpfte in seinem Nummernkabarett in viele Rollen. Auch Angela Merkel hatte er drauf. Foto: Kröhnert

Kabarettist Reiner Kröhnert schlüpfte in seinem Nummernkabarett in viele Rollen. Auch Angela Merkel hatte er drauf. Foto: Kröhnert

Foto: Kröhnert

Pech mit dem biergartentauglichen Wetter hatte am Samstag Veranstalter Jürgen Wönne im Kultur-Salon "Die Winzer": Einige vorbestellte Karten wurden nicht abgeholt. Aber wenn Reiner Kröhnert trotz seiner Prominenz auf kleinen Bühnen spielt, dann spielt er auch vor kleinem Publikum. Der von der Presse zum "Gustav Gründgens unter den Parodisten" geadelte Politkabarettist präsentiert aktuell mit "Kröhnerts Krönung" sein erstes reines Nummernprogramm - passend zur anstehenden Bundestagswahl. Denn hier lässt er unsere Volksvertreter aufmarschieren, die hoffnungsvollen ebenso wie die von der Karriereleiter gefallenen, und gibt ihre perfiden wahren Gedanken preis. Kröhnert verzichtet auf moderierendes Geplänkel und schlüpft direkt in seine Rollen, um sie dann blitzartig zu wechseln. Mal plaudert er als Angela Merkel über koalitionäre Lotterbetten oder hängende Mundwinkel, mal lässt er Winfried Kretschmann, Jürgen Trittin und Daniel Cohn-Bendit über Stuttgart 21 und neue grüne Kernkompetenzen räsonieren.

Als "Wolfgang, der Drachmentöter" darf Schäuble die Griechenlandhilfe verteidigen, und das Gespräch der als Arschkriecher geschmähten Peter Hintze und Roland Pofalla gerät zur metaphernseligen Gondelfahrt auf dem "Anale Grande".

Kröhnert kann alle, sogar Papst. Er mimt den großkotzigen Altkanzler Gerhard Schröder ebenso wie die zeternde Rita Süssmuth und den prädementen Hans-Dietrich Genscher oder Erich Honecker, der sich in der Vorhölle mit Gerhard Stoltenberg verbrüdert. Stets stimmen Sprache und Tonfall, Mimik und Gestik bis ins Detail, und nebenbei erweist sich Kröhnert als grandioser Schöpfer stabgereimter Schimpfworte.

Zur fiktiven Sternstunde deutscher Fernsehunterhaltung gerät seine Talkreihe, bei der die Gastgeber Michel Friedman und Rüdiger Safranski mit intellektuellen Tieffliegern wie Boris Becker, Dieter Bohlen oder Daniela Katzenberger philosophieren. Und an einem kann Kröhnert natürlich nicht vorbei: an Klaus Kinski, der zwar posthum, aber mit immer noch erregt bebender Oberlippe der verpassten Pädophilenkarriere als Priester hinterhergreint. Schön böse.

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