Kabarett-Hommage an Tucholsky

Saarbrücken

Saarbrücken. Vor einem rund zwanzigköpfigen Publikum, in dem man etliche Tucholsky-Kenner vermuten konnte, brachte das Quartett rund um die Saarbrücker Schauspielerin Gabriele Bernstein am vergangenen Freitagabend die Collage "Merkt Ihr nischt?" aus Texten und Briefen des literarischen Schwergewichtes Kurt Tucholsky auf die Kleinkunstbühne des Domicils Leidinger in der Mainzer Straße. Der Journalist und Schriftsteller Tucholsky, der pazifistische und demokratische Texte verfasste, scheint mit seinem Werk immer noch Gültigkeit zu haben."Unser roter Faden ist seine Weitsichtigkeit auf die Dinge. Noch Jahre später gelten seine Beobachtungen", sagte Quartettmitglied Dieter Hofmann über die kabarettistische Hommage zum 120. Geburtstag von Tucholsky.

Was das Quartett auf die Kleinkunstbühne brachte, waren Textfragmente, die sich teils fließend homogen, teils gewollt bizarr aneinanderreihten. Bekannte Kostproben wie die politisch gewürzte Unterhaltung eines ungeborenen Zwillingspärchens im Unterleib der Mutter oder das nüchterne, kanonartige Vortragen des Obduktionsberichtes über die Todesursache des Dichters, brachten die Zuschauer im eineinhalbstündigen Programm nah an Tucholskys juristisch saubere und bissige, direkte Sprache heran. Es gab kein Entrinnen vor der Mächtigkeit des Wortes. "Man ist immer gespannt, was an Text ausgewählt wird. Tucholskys direkte Art passt heute Abend hier zum und in den Theaterraum", fasste es Besucherin Brigitte Schwan aus Ottweiler zusammen.

Der Zuschauer in der ersten Reihe sah sich auf gleicher Ebene kaum einen Schritt von den Akteuren entfernt, was Dialoge, kabarettistische Couplets und Bewegungen unausweichlich dem kritischen Auge des Betrachters unterzog.

"Es ist spannend zu beobachten, wie Darsteller den gleichen Text in verschiedener Weise vorstellen", kommentierte Kurt Gergen das Programm. Der Besucher aus Völklingen ist seit Jahren Mitglied der Tucholsky-Gesellschaft und organisierte im Jahr 1990 eine Ausstellung über den Schriftsteller. Die Unmittelbarkeit der Darstellung, die Humor, Biss, aber auch Nachdenklichkeit verstreute, berührte Themensäulen wie Sterben, Familie und Liebe.

Das Quartett blendete in Gespräche zwischen verstümmelten Soldatenleichen ebenso ein, wie in fast alltäglicheStreitszenarien zwischen Mann und Frau.

Gabriele Bernstein, Dieter Hofmann, Susanne Kruse und Helmut Hofmann am Klavier entließen so manchen Besucher mit dem Fazit "geistig aufreibend, aber glücklich" aus ihrem Hommage-Paket.

Das Quartett ist mit "Merkt Ihr nischt" wieder am 14. und 15. Oktober jeweils ab 20 Uhr im Theater im Viertel (TiV) in Saarbrücken zu sehen.

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