Inklusion nimmt nächste Hürde

Saarbrücken · Noch sind einige Fragen offen, bevor die Inklusion im nächsten Schuljahr an den weiterführenden Schulen im Saarland startet. Klar ist aber: Sie betrifft alle Gemeinschaftsschulen und Gymnasien im Land.

Der rechtliche Rahmen steht bereits, zum kommenden Schuljahr soll die Inklusion - also der gemeinsame Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderung - auch an den weiterführenden Schulen im Saarland starten. Ab dann wird - wie bereits an den Grundschulen - die weiterführende Regelschule auch für förderbedürftige Kinder der Normalfall. Wollen Eltern ihr Kind an einer Förderschule anmelden, müssen sie dies beantragen. Bisher war es umgekehrt.

Im Schuljahr 2014/15 besuchten nach Angaben des Bildungsministeriums 1455 Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf eine allgemeinbildende Schule im Bereich der Sekundarstufe I . Dies entspreche einem Inklusionsanteil von über 37 Prozent und sei im bundesweiten Vergleich viel, teilte das Bildungsministerium mit. Es rechnet aber nicht damit, dass die Zahlen sich plötzlich und überproportional verändern. Denn die Inklusionsverordnung gilt zunächst nur für Klasse 5 und soll in den nächsten Jahren aufwachsen.

"Seit Beginn des laufenden Schuljahres werden die Schulen auf die anstehenden Veränderungen vorbereitet", heißt es, zum Beispiel bei Schulleiterdienstbesprechungen und Fortbildungsveranstaltungen für die Gemeinschaftsschulen .

Doch noch gibt es offene Fragen. So werde noch berechnet, wie viele Förderschullehrer an den Gemeinschaftsschulen benötigt werden. Gymnasien sollen - wie bisher - pro Förderkind einzelne Förderlehrerstunden erhalten. Koordinatoren an den Förderzentren sollen die Regelschullehrer mit ihrem sonderpädagogischen Wissen beraten.

Klar sei allerdings: "Die Inklusion betrifft alle Gemeinschaftsschulen und Gymnasien ." Im Sommer 2014 hatte Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU ) in der Wochenzeitung "Die Zeit" geschrieben, dass nicht jedes Kind das Gymnasium besuchen könne. Der Zugang zum Gymnasium müsse sich danach richten, ob ein Schüler in der Lage ist, das Abitur zu erreichen. Dies hatte zu Irritationen beim Koalitionspartner SPD geführt.

Das Schulordnungsgesetz schreibt vor, dass Kinder an Gymnasien "zielgleich" unterrichtet werden müssen - also anders als an Gemeinschaftsschulen alle ausschließlich auf das Abitur vorbereitet werden. Doch gehe es bei der Inklusion nicht nur um die Frage, welchen Abschluss ein Kind potenziell erreichen kann, sagt das Ministerium. Inklusion an Gymnasien heiße, dass auch bei gleichem Anforderungsniveau förderbedürftige Schüler besondere Unterstützung und Nachteilsausgleiche erhalten müssen. Dies betreffe etwa Schüler mit sprachlichem Förderbedarf, körperlich-motorischen Behinderungen oder chronischen Erkrankungen.

Unter Umständen muss es an Schulen Umbauten geben, damit sie barrierefrei sind. Doch für die bauliche Barrierefreiheit sei der Schulträger - bei weiterführenden Schulen sind dies die Landkreise - zuständig, sagt das Bildungsministerium .

Die Inklusionsverordnung, die ab 1. August 2016 auch für die weiterführenden allgemeinbildenden Schulen gilt, schreibt eine Kooperation zwischen Regel- und Förderschullehrern vor. "Nach derzeitiger Planung werden die Gemeinschaftsschulen Konzeptstunden zur Entwicklung inklusiver Schulkonzepte erhalten", so das Ministerium. Der Verband Deutscher Realschullehrer im Saarland (VDR) hatte vor Kurzem die Sorge geäußert, die Kooperation sei ohne diesen Stundenausgleich eine "Arbeitszeitverlängerung ohne Gehaltsausgleich".

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HintergrundDamit angehende Lehrer lernen, besser mit der Vielfalt der Schüler umzugehen, wurde bei der Lehrerausbildung an der Universität des Saarlandes für die Grundschule und Sekundarstufe I das Wahlpflichtfach "Deutsch als Zweitsprache/Umgang mit Heterogenität" eingeführt. Die ersten Studierenden befinden sich in den Prüfungen zum ersten Staatsexamen. Zum Wintersemester 2015/16 ist ein verpflichtender Bereich "Individuelle Lehr-Lern-Situationen/Inklusion" konzipiert worden. Darüber hinaus enthalten die Module im Bereich Bildungswissenschaften nun "zentrale Bereiche einer Ausbildung für Inklusion". ukl

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