Schlusslicht in Westdeutschland Saarländer werden beim Verdienst abgehängt

Saarbrücken · Nirgendwo sonst in Westdeutschland war das Wachstum der Löhne in den vergangenen Jahren so gering wie im Saarland. Die Arbeitskammer befürchtet, dass die Einkommen noch weiter auseinanderdriften.

  Mit fünf Prozent fällt der Rückstand gegenüber dem restlichen Westdeutschland in der saarländischen Stahlindustrie noch am geringsten aus.

Mit fünf Prozent fällt der Rückstand gegenüber dem restlichen Westdeutschland in der saarländischen Stahlindustrie noch am geringsten aus.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Beim Wachstum der Löhne zwischen 2010 und 2019 belegt das Saarland im Vergleich der westdeutschen Bundesländer den letzten Platz. Das geht aus Zahlen der saarländischen Arbeitskammer (AK) hervor. Demnach seien die Bruttomonatsverdienste im ersten Halbjahr 2019 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund 1,5 Prozent gestiegen. Insgesamt habe der Zuwachs in den westdeutschen Bundesländern einschließlich Berlin dagegen 2,9 Prozent betragen, so die Kammer. Mit 3973 Euro brutto verdienen Vollzeitbeschäftigte damit laut Arbeitskammer durchschnittlich 500 Euro weniger als im gesamten westdeutschen Gebiet. Der Verdienstabstand im Saarland habe mit 11,5 Prozent nochmals deutlich über dem Vorjahreswert gelegen (10,3 Prozent). „Das Saarland droht beim Einkommen abgehängt zu werden“, sagt Thomas Otto, Hauptgeschäftsführer der Saar-Arbeitskammer.

Mit 4968 Euro erzielen die Beschäftigten der Kfz-Industrie laut Arbeitskammer die effektiv höchsten Einkommen. Auch in der Stahlindustrie seien die Löhne mit 4631 Euro im saarländischen Vergleich überdurchschnittlich. Sie wiesen mit fünf Prozent zudem den geringsten Rückstand gegenüber Gesamt-Westdeutschland auf. „Gerade diese Branchen sind allerdings im aktuellen Strukturwandelprozess mit Forderungen nach Beschäftigungsabbau konfrontiert“, sagt Otto. Das werde langfristig zu einem Rückgang der Kaufkraft führen.

Momentan werde die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands wesentlich durch den Konsum der privaten Haushalte getragen, so die Kammer. Im Saarland hätten die Konsumausgaben der privaten Haushalte 2017 mit durchschnittlich 19 265 Euro allerdings 1700 Euro unter dem westdeutschen Durchschnitt gelegen. Das Saarland hängt damit laut Otto nicht nur bei der Entwicklung des volkswirtschaftlichen Gesamteinkommens, sondern auch beim Privatkonsum hinterher.

Besonders gravierend sei der Verdienstrückstand bei den Akademikern. Sie verdienen laut Arbeitskammer 6,8 Prozent weniger als im restlichen Westdeutschland, womit das Saarland hier den drittletzten Platz belege. „Angesichts steigender Qualifkationsbedarfe gefährden die Unternehmen im Land damit nicht zuletzt ihre Chancen bei der Gewinnung von hochqualifizierten Fachkräften“, sagt Otto.

Problematisch sei zudem, dass jeder fünfte Saarländer im Niedriglohnbereich arbeite. „Das heißt, er oder sie verdient trotz Vollzeitstelle weniger als 2289 Euro brutto im Monat“, betont Otto. Mit 19,8 Prozent sei der Niedriglohnsektor im Saarland besonders ausgeprägt (Westdeutschland 18,6 Prozent).

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