Hauptgeschäftsführer legt sein Amt beim Saar-Bauernverband nieder „Die Landwirte haben mehr Respekt verdient“

Saarbrücken · Nach 42 Jahren beim saarländischen Bauernverband legt Hans Lauer sein Amt als Hauptgeschäftsführer zum Jahresende nieder.

  Der 65-jährige Hans Lauer ist seit 1978 Mitglied und seit 1993 Hauptgeschäftsführer des Bauernverbands .

Der 65-jährige Hans Lauer ist seit 1978 Mitglied und seit 1993 Hauptgeschäftsführer des Bauernverbands .

Foto: Oliver Dietze

Er kann nicht mit ansehen, wenn Essen weggeworfen wird. Und er will auch nicht verstehen, warum sich viele Eltern heute nicht einmal mehr Zeit dafür nehmen, mit ihren Kindern zu frühstücken oder ihnen wenigstens ein Pausenbrot mit in die Schule zu geben. Der nach 42 Jahren beim saarländischen Bauernverband zum Jahresende scheidende Hauptgeschäftsführer Hans Lauer (65) ist besorgt über manchen Trend in der heutigen Überfluss-Gesellschaft. „Alleine das Brot, das morgens gebacken wird, wird abends zu 20 Prozent weggeworfen. Das gilt für viele andere Lebensmittel genauso. Die Landwirte haben mehr Respekt für ihre harte Arbeit verdient“, sagt Lauer, der seit 1993 Hauptgeschäftsführer ist, 1978 zum Verband kam.

Viele Eltern überließen die Verantwortung für die Erziehung den Schulen und den Lehrern. Das Schulpersonal könne nicht leisten, was im Elternhaus versäumt werde. Für viele Kinder gehöre es zum Alltag, sich von Fast-Food zu ernähren statt einem Butterbrot mit Beilage, frischen Produkten wie Milch, Obst, Gemüse und Salat. Seine Probleme hat Lauer auch mit der heutigen „Esskultur“. Ein gutes Essen werde zwar immer gerne gesehen, „aber kochen wollen es heute immer weniger“. Die Mühe lohne sich jedoch. „Wenn ich selbst ein Produkt kaufe und damit koche, mache ich mir auch mehr Gedanken darüber, wie ich es verwenden kann. Gleichzeitig lerne ich, nur so viel zu kochen, wie ich auch verzehren kann.“ Ein gutes Essen fördere zudem die Geselligkeit.

Grundsätzlich versucht Hans Lauer, möglichst allen Situationen noch etwas Positives abzugewinnen. Das gilt selbst für die Corona-Pandemie. „Sie kann den familiären Zusammenhalt wieder stärken. Denn in diesen Zeiten mit all ihren Einschränkungen wird auch das gemeinsame Essen zu Hause wieder mehr gepflegt. Man isst zusammen, und man unterhält sich auch wieder mehr miteinander, statt parallel zum Essen ständig auf dem Handy oder Laptop unterwegs zu sein.“

Landwirt zu sein bedeute, sich auf einen Knochenjob einzulassen, den man nur mit sehr viel Leidenschaft ausüben könne, 365 Tage im Jahr. „Wenn andere feiern, geht der Bauer erst einmal in den Stall und kümmert sich um seine Tiere.“ Immer mehr Dokumentationspflichten über nahezu alle täglichen Abläufe auf dem Hof kämen hinzu, was viele abschrecke. Mit der Anschaffung moderner Maschinen und einer Vergrößerung von Höfen versuchten viele Landwirte zudem, wirtschaftlicher zu arbeiten. Früher habe ein landwirtschaftlicher Betrieb an der Saar rund 60 000 Kilogramm Milch pro Jahr erzeugt, heute seien es 600 000. „Die Betriebe sind enorm gewachsen“, betont Lauer. Und räumt zugleich ein, dass es Bauern mit kleinen Höfen und kleinen Produktionsmengen immer schwerer falle, da noch mitzuhalten und zu investieren. Deshalb mahnt Lauer auch zu mehr Einigkeit im Berufsstand. „Als ich 1978 zum Bauernverband kam, hatten wir 3500 Mitglieder, heute sind es noch knapp 1000.“ Gerade in den letzten Jahren hätten sich mehrere Initiativen als Alternative zum Verband gebildet.

Lauer vertritt die Ansicht, dass man gegenüber der Politik um so überzeugender auftreten kann, wenn man möglichst mit einer Stimme spricht. Die politische Landschaft hat er in vielen Facetten erlebt. An der Seite der saarländischen Bauernpräsidenten Viktor Klein, Klaus Fontaine und Peter Hoffmann ging es in Verhandlungen mit Berlin und Brüssel immer wieder um Milchquoten, Preisentwicklungen, Mengenreduzierungen, Förderprogramme, Stillegungs-Prämien und allerlei Vermarktungsfragen. Kurzum: die nackte Existenz. Dennoch hat Lauer nach eigenen Worten Verbandspolitik über all die Jahre gerne gemacht, Argumente vorgetragen bis hin zum Ministerpräsidenten.

Dies alles geschah auch mit Unterstützung seiner Frau. „Sie hat immer zu mir gestanden. Das ist kein 40-Stunden-Job, und auch an vielen Wochenenden wird man gefordert.“ Hinzu komme für jeden Landwirt die ständige Bereitschaft zur Weiterbildung, manch einer müsse sich zudem noch in der Kommunalpolitik engagieren, um Gehör zu finden. Doch trotz aller Widrigkeiten hält Lauer, der selbst Landwirtschaft betreibt, diesen Beruf „auch heute für eine der schönsten Tätigkeiten, die es gibt“. Er rät sogar jungen Menschen dazu, Landwirt zu werden, wenn sie viel Leidenschaft mitbringen.

„Man muss wissen, was einem wichtig ist im Leben. Viel Geld wie in der Industrie lässt sich als Landwirt nicht verdienen.“ Im Kern gehe es um etwas ganz anderes: „Wenn man es richtig macht, gibt einem das ein Gefühl von Glück und Zufriedenheit. Zufriedenheit muss sich auch nicht in materiellen Werten widerspiegeln.“ Es schenke einem etwas, „wenn man sieht, wie man ein Weizenkorn einsät, daraus eine Pflanze wächst und man dann auch Weizen erntet. Es ist etwas Besonderes, wenn man die Geburt eines Kalbes verfolgen kann. Man hat jeden Tag Erfolgserlebnisse, weil man Tiere füttert, den Acker pflügt oder einsät.“

Das alles schaffe man aber nur mit der Unterstützung der eigenen Familie, der Frau, der Lebenspartnerin. „Nicht ohne Grund sind die meisten landwirtschaftlichen Betriebe über Generationen hinweg familiengeführt.“ Lauer führt häufiger Gespräche „mit jungen Leuten, die Bauer werden wollen. Die haben eigene Ideen für die Direktvermarktung von Waren oder die Tierzucht. Viele setzen auch auf den Ausbau regionaler Produkte“. Auch Hans Lauer selbst war Jahrzehnte mit Leidenschaft dabei. Wie sagt er doch selbst: „Ich bin jeden Tag gerne arbeiten gegangen.“

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