400 Euro im Mittel deutschlandweit Frauen verdienen weiter weniger als Männer

Berlin · Von 2070 bis 4250 Euro – die regionale Spannbreite beim Durchschnittslohn der Frauen ist groß. Eine Konstante gibt es aber: Männer bekommen mehr.

 Die meisten Frauen nehmen nach dem ersten Kind eine geringfügige Teilzeitarbeit auf. Das beklagt Familienministerin Franziska Giffey.

Die meisten Frauen nehmen nach dem ersten Kind eine geringfügige Teilzeitarbeit auf. Das beklagt Familienministerin Franziska Giffey.

Foto: Getty Images/ iStockphoto/Liderina

Frauen verdienen je nach Wohnort in Deutschland sehr unterschiedlich, aber deutlich weniger als Männer. So ist das mittlere Einkommen mit 2070 Euro brutto pro Monat für Frauen in Vollzeit deutschlandweit im Saale-Orla-Kreis in Thüringen am geringsten. Bei den Männern ist der Kreis Görlitz das Schlusslicht. Sie bekommen dort im Mittel aber immerhin 2273 Euro. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken im Bundestag anlässlich des Internationalen Frauentags an diesem Sonntag hervor.

Deutschlandweit verdienen Frauen in Vollzeit demnach monatlich 3014 Euro im Mittel – Männer 3468 Euro. 26,5 Prozent der Frauen liegen unterhalb der Niedriglohn-Schwelle – bei den Männern: 15,8 Prozent.

Dabei sind immer mehr Frauen im Beruf. So waren 2018 drei von vier Frauen (76 Prozent) im Alter von 20 bis 64 Jahren erwerbstätig, wie das Statistische Bundesamtes mitteilt. Zehn Jahre zuvor hatte der Anteil bei 68 Prozent gelegen. Damit hat Deutschland nach Schweden (80 Prozent) und Litauen (77 Prozent) die dritthöchste Erwerbstätigenquote von Frauen in der Europäischen Union.

„Das ist hoch erfreulich, aber es darf nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass fast die Hälfte dieser erwerbstätigen Frauen in Teilzeit arbeitet“, sagt Familienministerin Franziska Giffey (SPD). Bei den Männern sei es nicht einmal jeder Zehnte. Die meisten Frauen nähmen nach dem ersten Kind eine geringfügige Teilzeitarbeit auf. „Frauen bekommen im Schnitt immer noch 21 Prozent weniger Lohn als Männer“, sagt Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). In diese Berechnung der Lohnlücke ist geringeres Einkommen wegen Teilzeit eingerechnet. „Das darf nicht so weitergehen“, fordert Heil.

Doch auch Vollzeit bewahrt Frauen nicht vor geringen Löhnen. So arbeitet laut der Regierungsantwort an die Linken im Saale-Orla-Kreis jede zweite Vollbeschäftigte (54,9 Prozent) zu einem Niedriglohn – im Kreis Görlitz arbeiten 45,2 Prozent der Männer unter der bundeseinheitlichen Niedriglohn-Schwelle von 2203 Euro im Monat.

Am höchsten ist das mittlere Entgelt von vollzeitbeschäftigten Frauen mit 4250 Euro in der Autostadt Wolfsburg. 14,5 Prozent von ihnen arbeiten hier aber immer noch zum Niedriglohn. Bei Männern in Wolfsburg liegt das mittlere Einkommen bei 5115 Euro im Monat – und der Niedriglohnanteil nur bei 4,9 Prozent.

Am meisten verdienen Männer in Erlangen: Im Mittel 5544 Euro brutto – und damit 30,4 Prozent mehr als die Frauen in Wolfsburg. In Erlangen kommen die Frauen im Mittel auf 3795 Euro brutto. Erhoben wurden die Daten von der Bundesagentur für Arbeit, sie stammen von Ende 2018.

„Frauen sind am Arbeitsmarkt nach wie vor benachteiligt, da hilft kein Schönreden und Relativieren“, sagt Linken-Abgeordnete Sabine Zimmermann. Immer noch gebe es typische, oft schlecht entlohnte Frauen- und besser bezahlte Männerberufe.

Arbeitsminister Heil sieht höhere Mindestlöhne und mehr Tarifverträge als Mittel gegen das Gehaltsgefälle. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi kritisierte zudem: „Frauen stemmen zu Hause den größten Teil der Sorgearbeit.“ Die IG Metall sieht fehlende Kinderbetreuungsplätze als wichtigen Grund für Nachteile beim beruflichen Wiedereinstieg.

Voran kommen Frauen in kleinen Schritten bei Führungspositionen – insbesondere im Mittelstand. Der Frauenanteil in Vorstand oder Geschäftsführung in mittelständischen Firmen lag Anfang 2020 im Schnitt bei 16 Prozent, wie eine Umfrage des Beratungsunternehmens EY zeigt. Vor zwei Jahren waren es 14 Prozent. Im Schnitt der Börsen-Indizes Dax, MDax und SDax sind dagegen gerade einmal neun Prozent der Vorstandsposten mit Frauen besetzt. Deutlich höher liegt der Anteil mit 15 Prozent, betrachtet man nur die 30 Dax-Konzerne.

„Die Karrierechancen für Frauen im deutschen Mittelstand sind weiter gestiegen“, hebt EY-Partnerin Elfriede Eckl hervor. Die Firmen müssten sich im Wettbewerb um Fachkräfte mehr einfallen lassen als größere und bekanntere börsennotierte Unternehmen. Viele mittelständische Unternehmen seien zudem familiengeführt: Weibliche Familienmitglieder würden oft früh auf Führungspositionen vorbereitet.

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