Vortrag in der IHK in Saarbrücken Trierer China-Experte fordert Handelsabkommen zwischen der EU und China

Saarbrücken · Europa muss enger zusammenrücken, um nicht zwischen den Wirtschafts-Großmächten USA und China zerrieben zu werden, und damit die Grundlage seines Wohlstandes zu verlieren.

  Der Trierer Professor Sebastian Heilmann ist Gründungsdirektor des Mercator Institute for China Studies.

Der Trierer Professor Sebastian Heilmann ist Gründungsdirektor des Mercator Institute for China Studies.

Foto: Merics/Marco Urban

Das forderte Professor Sebastian Heilmann, Hochschullehrer an der Universität Trier, anlässlich einer Veranstaltung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Saarland und des Netzwerks Autoregion.

„Wir brauchen eine gezielte europäische Industrie- und Innovationspolitik“, sagte er. „Dafür müssen wir richtig viel Geld in die Hand nehmen, um vor allem junge Unternehmen, von denen wir uns eine hohe Wertschöpfung versprechen, zu unterstützen.“ Europa müsse sich eigenständig positionieren, um sich im Digitalzeitalter gegenüber China und den USA zu behaupten. Das europäische Klein-Klein vor allem auf dem Gebiet der Informationstechnologie (IT) „muss ein Ende haben“, so Heilmann „Wir brauchen einen digitalen europäischen Binnenmarkt, mehr Forschung und Entwicklung, eine Bildungsoffensive, eine bessere Infrastruktur und weniger Regulierung, um neue Geschäftsideen schneller umsetzen zu können.“

Die Wirtschaftspolitik gegenüber China „muss widerstandsfähiger werden“, betonte Heilmann, der als einer der bekanntesten China-Experten in Europa gilt und Gründungsdirektor des renommierten Mercator Institute for China Studies (Merics) in Berlin ist. Das beinhalte, „dass wir einen gleichberechtigten Zugang zu den jeweiligen Märkten sicherstellen und dies klar regeln müssen“. Ein Handels- und Investitionsabkommen zwischen der EU und China sei unerlässlich. „Mit Freihandelsfolklore kommen wir nicht mehr weiter“, so seine Auffassung. „Wir sind gerade dabei, das Zeitalter der offenen Märkte zu verlassen“, betonte er. „China und die USA setzen ihre eigenen Regeln.“ Während die Vereinigten Staaten mit „Amerika zuerst“ vor allem „das Wohlergehen der eigenen Volkswirtschaft im Auge haben, strebt China die Technologieführerschaft in allen wichtigen Wirtschaftsbereichen an“, betonte Heilmann. „Wir müssen uns auf einen dauerhaften wirtschaftlichen und politischen Systemwettbewerb mit China einstellen.“ Im Technologiebereich ist er davon überzeugt, „dass wir China nicht aufhalten können“. Spätestens bis 2049 „ist das Reich der Mitte die industrielle Supermacht schlechthin – und das auf allen wichtigen Gebieten.“ Zum Dreh- und Angelpunkt werde die Digitalisierung. Bereits in fünf Jahren sei China der globale Leitmarkt für vernetzte Mobilität. Das chinesische Satelliten-Navigationssystem Beidou „ist schon heute wesentlich besser und präziser als das in Europa übliche GPS“. Auch im Bereich der Künstlichen Intelligenz und bei Ausbau des superschnellen Mobilfunkstandards 5G „wird China in den kommenden Jahren Wertschöpfungsketten aufbauen, die vom Ausland unabhängig sind und deren Einsatz kontrolliert werden kann“, ist der Hochschullehrer überzeugt. Die technologische Abhängigkeit werde systematisch zurückgefahren. Allerdings berge das chinesische Modell auch Risiken. So seien die Staatsunternehmen sehr ineffizient und „müssen dringend restrukturiert werden“. Auch im Umweltschutz und bei der Sicherung sozialer Stabilität „steht das Land vor riesigen Herausforderungen“.

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