Worüber Sozialdemokraten lachten

Blieskastel. Eine sehenswerte Ausstellung zeigt das Blieskasteler Stadtarchiv in Zusammenarbeit mit dem Von-der-Leyen-Gymnasium derzeit in der Orangerie Blieskastel

 Kurt Legrum, Georg Josef Wilhelm und Hiltrud Lambert (von links) lassen sich von Karl Lambert die Ausstellung erläutern. Foto: fb

Kurt Legrum, Georg Josef Wilhelm und Hiltrud Lambert (von links) lassen sich von Karl Lambert die Ausstellung erläutern. Foto: fb

Blieskastel. Eine sehenswerte Ausstellung zeigt das Blieskasteler Stadtarchiv in Zusammenarbeit mit dem Von-der-Leyen-Gymnasium derzeit in der Orangerie Blieskastel. "Historische sozialdemokratische Satire von 1899 bis 1933" der Eheleute Hiltrud und Karl Lambert, die in rund dreihundert Exponaten Bildsatire, Karikaturen und sozialkritische Blätter aus den sozialdemokratischen Satireblättern "Der wahre Jacob", "Süddeutscher Postillon" und "Lachen links" zwischen 1890 und dem März 1933 präsentiert.

Auf 20 Tafeln werden die Originale der gesammelten Blätter gezeigt, wobei die Themenschwerpunkte Karl Ferdinand Freiherr von Stumm-Halberg, auch König Stumm von Saarabien genannt, die Wirtschaftskrise der 1920er Jahre und schließlich der erfolglose Kampf gegen Hitler sind. Viele der gezeigten Karikaturen sind auch heute noch ohne Kommentierung verständlich, zumal Ähnlichkeit mit aktuellen Problemlagen nicht zufällig seien, wie der Lehrer und Theologe Lambert erklärte. Er erläuterte ausführlich die Sammlung, die er zusammen mit seiner Frau Hiltrud zusammengetragen hat, die in Bierbach und Neunkirchen als Lehrerin tätig war. So begann Lambert seine Ausführungen mit einem Zitat von Berthold Brecht "das alte Rad, es dreht sich immer weiter, dass was oben ist, nicht oben bleibt. Doch für das Wasser unter heißt das leider nur, dass es das Rad halt ewig treibt".

Und Lambert erinnerte eingangs daran, dass er in seiner Jugend im St. Ingberter Waldstreiterviertel zu Hause war, wo nach dem Zweiten Weltkrieg die Straßen des Neubauviertels Mühlwaldsiedlung die Namen der streitbaren Mitbürger erhielten, die im St. Ingberter Waldkrieg mit der Gräfin Marianne von der Leyen um die Waldrechte der Bürger prozessierten. "Als Frankreich Republik geworden war, rief auch das Dorf St. Ingbert die Republik aus und erklärte durch eine Abordnung in Bouzonville den Anschluss an jene neue Welt, die die Leibeigenschaft überwand, Protestanten in Frankreich die Glaubensfreiheit und Juden die Emanzipation ermöglichte - und die Knappschaft einführte", so Lambert am Beginn seiner Ausführungen. Das Ehepaar Lambert hat über 43 Original-Jahrgangsbände des "Wahren Jacob" erworben und Lambert spannte in seiner Einführung einen weiten Bogen von den geschichtlichen Ereignissen in diesen Jahren bis zur letzten Ausgabe der satirischen Zeitung 1933.

Zur musikalischen Umrahmung sang Mignon Strauß-Lambert, auf dem Klavier von Andreas Strauß begleitet. Wie Lambert verdeutlichte, verdankt die Welt Frankreich zwei große Revolutionslieder, eines davon sei die Marseillaise. Ebenso wie Maximen und Symbolik der Französischen Revolution sei auch ihr Hymnus in den revolutionären Bewegungen des 19. Jahrhunderts und den sozialistischen Parteien präsent geblieben, 1864 am Grabe des Ferdinand Lassalle sei sie mit einem neuen Text von Jacob Audorf als Arbeitermarseillaise gesungen worden und in dieser Form habe er sie auf einem Exponat dieser Ausstellung illustriert. Mignon Strauß-Lambert und Andreas Strauß trugen diese Version ebenso vor wie am Ende der Ausstellung ein altes Liebeslied, "das nach der Niederlage der Commune 1871 zum Hymnus der französischen Sozialisten geworden sei." Temps des cerises, Kirschenzeit. Die Zeit der Verliebtheit meine im allegorischen Subtext die Revolution, so Lambert. "Ihr Scheitern ist chagrin d'amour, Liebeskummer, tropfender Kirschsaft sind Blutstropfen, gouttes des sang. Aber Kirschenzeit gibt es immer wieder neu", so Lambert an Ende seiner Ausführungen.

Die Ausstellung läuft bis 21. April, sie ist dienstags bis sonntags von 15 bis 18 Uhr geöffnet. Karl Lambert bietet Führungen auf Anfrage unter Tel. (0 68 21) 7 24 84 an - auch außerhalb der regulären Öffnungszeiten.

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