Kolumne für St. Ingbert Die Naturgewalt ist niemals niedlich

Nach dem Starkregen hat sich St. Ingbert kurz geschüttelt und alles war weg. Nicht ganz. Einige Erkenntnisse sollten das Unwetter überdauern.

Kommentarkopf, Foto: Robby Lorenz

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Zu Beginn dieser Woche stürmte St. Ingbert in die Schlagzeilen. Und das leider wortwörtlich. Denn ein morgens noch für das ganze Saarland angekündigtes Gewitter mit Starkregen reduzierte sich am Montagnachmittag immer mehr zu einer kleinen Unwetterzelle, die sich gezielt in Teilen der Mittelstadt entlud. Bilder von überfluteten Straßen in St. Ingbert fanden sich bis Montagabend nicht nur in den saarländischen, sondern auch in bundesweiten Nachrichtenportalen. Die Stadt war allerdings nur kurz ein Hotspot. Auch, weil die Zahl der von der Naturgewalt Betroffenen glücklicherweise gar nicht mal so groß war. Das Ausmaß des Unwetters lernten einige verschonte Einheimische schnell einzuschätzen, als auswärtige Freunde und Kollegen angesichts der Unwetter-Nachricht aus St. Ingbert besorgt fragten, ob denn der eigene Keller schon randvoll stehe, und sie einräumen konnten, dass es in ihrem Teil der Stadt am Nachmittag zwar kurz kräftig geregnet und auch mal geblitzt habe, aber eigentlich gar nichts passiert sei.

Nach Angaben der Stadt wurde an der Messstation „An der Kolonie“ in St. Ingbert am Montagnachmittag in einer Dreiviertelstunde eine Regenmenge von umgerechnet 38 Liter je Quadratmeter registriert. Das ist ein Starkregen, mit dem nicht zu spaßen ist. Zum Vergleich: Die amtliche Unwettermeldung hatte diese Niederschlagsmenge in einer ganzen Stunde bereits als außergewöhnlich heftig eingeordnet. Der Starkregen dieser Woche ist aber auch ein klassisches Beispiel für die jetzigen Unwetter: Sie sind unkalkulierbar und kleinteilig. Wo sie walten, sind sie aber außerordentlich heftig. Und sie ziehen, wie am Montag in St. Ingbert, auch gerne mal langsam ihre Spur. Das zeigt die Reihenfolge der Einsätze, die die Feuerwehr nach dem Reinziehen des Starkregen vom Flughafen, über den Staffel und den Stiefel und das Südviertel zur Innenstadt festhielt: 15.33 Dr. Schier-Straße, 15.38 Uhr kniehohes Wasser auf der Dammstraße, 15.39 Saarbrücker Straße, 15.41 Uhr Wasser in Kellern von Häusern in der Pfarrgasse.

Um nicht missverstanden zu werden, die Naturgewalt war keineswegs niedlich. Wie schnell sich die Sicht auf Katastrophen aber ändert, war am Dienstag in der Dammstraße zu sehen. Keine 24 Stunden nach dem Unwetter sah es dort wieder so aus: schwarze Fahrbahn ohne Wasser, ohne Sand, anscheinend noch nie etwas passiert. Vielleicht, weil alles so schnell aus den Augen und dem Sinn war, blieben politische Reaktionen und Forderungen nach mehr Schutz vor Starkregen aus. Vielleicht auch deshalb, weil die St. Ingberter Stadträte auf eine Starkregengefährdungskarte warten, die vor ein paar Wochen nach mehreren Vorstufen in Auftrag gegeben wurde.

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