Geteilte Meinung zu Nazi-Bildern

Homburg. Darf das Foto eines ehemaligen NSDAP-Bürgermeisters in der Ahnengalerie eines Rathauses hängen? Der Jägersburger Ortsrat beantwortete diese Frage auf SPD-Antrag mit Nein und beschloss mit hauchdünner Mehrheit, das Foto des ehemaligen NSDAP-Bürgermeisters Ludwig Blum (Amtszeit 1935 bis 1945) zu entfernen (wir berichteten)

 Das Bild des ehemaligen NSDAP-Bürgermeisters Ludwig Blum (rechts), das bisher in der Jägersburger Gustavsburg zu sehen ist, wird abgehängt. Foto: Thorsten Wolf

Das Bild des ehemaligen NSDAP-Bürgermeisters Ludwig Blum (rechts), das bisher in der Jägersburger Gustavsburg zu sehen ist, wird abgehängt. Foto: Thorsten Wolf

Homburg. Darf das Foto eines ehemaligen NSDAP-Bürgermeisters in der Ahnengalerie eines Rathauses hängen? Der Jägersburger Ortsrat beantwortete diese Frage auf SPD-Antrag mit Nein und beschloss mit hauchdünner Mehrheit, das Foto des ehemaligen NSDAP-Bürgermeisters Ludwig Blum (Amtszeit 1935 bis 1945) zu entfernen (wir berichteten).Auch in anderen Homburger Stadtteilen hängen Fotos von Nazi-Bürgermeistern in den Ahnengalerien der ehemaligen Bürgermeisterämter. In Einöd ist das Hermann Ehrmanntraut. Er war von 1935 bis 1945 im Amt. Eine Diskussion darüber, ob sein Bild abgehängt werden soll, existiert nach Auskunft von Ortsvorsteher Karl Schuberth (SPD) nicht. Das könnte sich nach der Debatte in Jägersburg aber ändern, vermutet er. Soweit er wisse, sei bislang aber nichts Negatives über Ehrmanntraut bekannt, niemand habe ihm konkrete Verbrechen vorgeworfen. "Allein aufgrund der Tatsache, dass er zur Zeit der Nazi-Herrschaft Bürgermeister war, kann man nicht zu dem Schluss kommen, dass er ein übler Mensch war." Doch selbst wenn der Ex-Bürgermeister Schuld auf sich geladen habe, stellt sich für Schuberth die Frage, ob man Ehrmanntraut deshalb aus der Galerie entfernen müsse. Schließlich sei er so oder so ein Teil der Geschichte Einöds.

Kein Thema in Kirrberg

Ähnlich argumentiert Stefan Mörsdorf (CDU), Ortsvorsteher in Kirrberg. Auch dort war ein NSDAP-Mitglied Bürgermeister: Peter Diehl wurde von den Nazis eingesetzt, sein Foto hängt nach wie vor in der Ahnengalerie. Geht es nach Mörsdorf, wird sich daran nichts ändern: "Ich halte nichts davon, Bilder abzuhängen. Damit löscht man die Geschichte nicht aus." Dass sich der Ortsrat nun mit dem Thema befasst, erwartet er nicht. Schon vor Jahren habe man sich mit Diehl beschäftigt und sei bei ihm auf keine Verbrechen gestoßen.

Foto wurde entwendet

In Wörschweiler hießen die Bürgermeister während der Nazi-Zeit Philipp Fuchs (Amtszeit: 1935 bis 1938) und Ernst Weber (1938 bis 1945). Auch von ihnen sind den Archivaren des Stadtteils keine Verbrechen bekannt. Nicht nur deshalb ist Ortsvorsteher Reinhold Nesselberger (SPD) dafür, dass ihre Fotos im ehemaligen Bürgermeisteramt, jetzt das Ortsarchiv, hängen bleiben: "Auch das ist Teil der Geschichte", sagt er. Er ist aber grundsätzlich offen für eine Diskussion im Ortsrat. SPD-Ortsratsmitglied Erich Bollinger pflichtet der Argumentation des Ortsvorstehers bei: "Wir sehen die Bilder nicht als Ehrengalerie, sondern als historische Dokumentation."Im Homburger Rathaus am Forum hängen derzeit keine Bilder ehemaliger Stadtoberhäupter. Dies hat mehrere Gründe, erläutert Pressesprecher Jürgen Kruthoff. Zum einen wurde das Bild von Josef Straub, Bürgermeister von 1941 bis 1944, bei einer Demonstration gegen die Schließung des Autonomen Jugendzentrums im Sommer 2007 zerstört und entwendet. Straub war auf dem Foto mit einer mit einem Hakenkreuz versehenen Amtskette abgebildet. Daraufhin wurden alle Bilder abgehängt. Der Grund dafür war recht profan: Die Reihe der Würdenträger war voll, für neue Fotos kein Platz mehr. Daher müsse erst eine neue Ordnung gefunden werden. Allerdings: Wenn die Porträts wieder an die Wände kommen, sollen auch die Bürgermeister dabei sein, die in der Nazi-Zeit in Amt und Würden waren - neben Straub war dies von 1935 bis 1940 Jakob Philipp Knissel. "Man muss sich kritisch mit der Geschichte auseinandersetzen, aber die Zeit nicht ausklammern." Die Stadt sehe dies als chronologische Abfolge, nicht als Würdigung. "Ich halte nichts davon, Bilder abzuhängen. Damit löscht man die Geschichte nicht aus."

Meinung

Nicht der richtige Platz

Von SZ-Redakteurin Ulrike Stumm

Wer in der Nazizeit Amtsträger war, der stand für ein System: Eine Diktatur unter einem größenwahnsinnigen Führer mit einer Ideologie, in deren Namen Menschen gequält und umgebracht wurden, die einen zerstörerischen Krieg anzettelte und die Gott sei Dank zu Fall gebracht wurde. Wer wichtige Posten bekleidete, gehörte dazu. Und die Rolle, die er spielte, darf nicht vergessen, aber eben auch nicht gewürdigt werden. Wenn ehemalige Nazi-Bürgermeister unkommentiert in einer Reihe mit Demokraten hängen und das an prominenter Stelle, dann ist dies ein falsches Signal. Dafür gibt es sicherlich bessere Plätze: Ein Archiv, ein Raum, in dem Geschichte aufgearbeitet und nicht unkritisch als bloße Daten-Abfolge dargestellt wird.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort