Seit 90 Jahren leben die Mitglieder die Liebe zu einem Landstrich

Merzig-Wadern · Großer Bahnhof für den Kreisheimatverein Merzig-Wadern: In einer Feierstunde im Landratsamt in Merzig ehrten Vertreter aus Politik und Geschichtsforschung im Saarland den Verein, der in diesem Jahr sein 90-jähriges Bestehen begeht.

Landrätin Daniela Schlegel-Friedrich sagte, Aufgabe des Vereins sei es, immer wieder Dinge aus der Vergangenheit aufzuarbeiten und sich den Fragen "Woher kommen wir?" und "Wohin wollen wir?" zu stellen. Die Landrätin sagte an die Adresse der Heimatforscher gerichtet: "Sie vermitteln wertvolles Wissen und wertvolle Erfahrungen an nachfolgende Generationen." Schirmherr der Veranstaltung war Peter Schuler aus Losheim, Geschäftsführer der dort mit Bundessitz ansässigen Kfz-Sachverständigen-Organisation Küs und Enkel eines der Gründungsmitglieder des Kreisheimatvereins, Schulrat Hans Ehl. Schuler sagte: "Es ging meinem Großvater um das Leben und die Geschichte unserer Heimat und unserer Vorfahren, als er mithalf, das Kreisheimatmuseum aufzubauen."

Ein großes Problem sei dabei gewesen, geeignete Räumlichkeiten zu finden. Allerdings ist dieses Problem seit 1974 gelöst, als der Entschluss fiel, dass das Museum im Fellenberg-Schlösschen (heute: Museum Schloss Fellenberg) angesiedelt werden soll. Schuler befand, die vom Verein herausgegebenen Heimatbücher sagten sehr viel aus über "unsere Heimat, über Land und Leute". Der Begriff Heimat verweise auf die Beziehung zwischen Mensch und Raum. "Es ist der Ort, in den ein Mensch hineingeboren wird." Der Schirmherr abschließend: "Um zu entscheiden, wo wir hinwollen, müssen wir erst wissen, wo wir herkommen."

Jochen Kuttler, Bürgermeister der Stadt Wadern und Mitglied im Vorstand des Vereins, sprach als Vertreter der Kommunen im Kreis. Er sagte: "Wir Deutsche tun uns mit dem Begriff Heimat manchmal schwer." Dabei hätten die Deutschen mit Heimat "ein Wort für das, was Franzosen und Engländer nur umschreiben können". Warum der Verein und seine Arbeit so wichtig sind, das erklärte der Waderner Verwaltungschef so: "Heimatgefühl ist nicht statisch, es kann transportiert werden. Jeder kann sich überall heimisch fühlen." Mit dem jetzt begangenen Jubiläum "feiern wir das Bemühen, die Liebe zu einem Landstrich in Wort, Bild und Ton festzuhalten - und das seit 90 Jahren". Wer Menschen für die Heimat begeistern wolle, müsse Identität für die Kommune schaffen, müsse den Menschen Reibungspunkte geben. Kuttler griff ein Zitat des früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker auf, um den Wert der heimatkundlichen Arbeit zu skizzieren: "Wer die Vergangenheit nicht kennt, wird blind für die Zukunft."

Friedrich Denne, Vorsitzender des Vereins für Landeskunde im Saarland, lobte die Aktiven des Jubilarvereins: "Ein ungeheures Arbeitspensum wurde geleistet, um die zahllosen Publikationen in den vergangenen Jahren zu realisieren." Er gab zu bedenken, dass die fortschreitende Digitalisierung der Welt und der erleichterte Zugang zu Informationen es den Geschichts- und Heimatvereinen zunehmend schwer mache, neue Mitstreiter zu finden.

Eric Glansdorp, Vertreter des Landesverbandes der historisch-kulturellen Vereine des Saarlandes, legte dar, warum es selbst im Zeitalter der digitalen Revolution noch eines solchen Vereins bedarf: "Paradoxerweise wird kaum eine Zeit so wenig verwertbare Informationen hinterlassen wie unser digitales Zeitalter." Denn: "Es werden in riesigem Umfang Daten erfasst. Aber wichtige Fragen sind völlig ungeklärt: Welche davon bleiben erhalten und frei zugänglich?" Jede Generation müsse Heimat für sich neu entdecken und übermitteln, unterstrich Glansdorp. Dazu leiste der Kreisheimatverein einen wertvollen Beitrag.

Hubert Schommer, seit 2008 an der Spitze des Vereins, ging auf dessen 90-jährige Geschichte ein. Am 24. Mai 1925 wurde er gegründet, in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. "Das Saargebiet war durch den Versailler Vertrag vom Deutschen Reich abgetrennt." Die ersten beiden Vorsitzenden, Eugen Baltes, ein Jurist, und Professor Wilhelm Schaefer, Lehrer am Realprogymnasium Merzig, blieben jeweils nur kurze Zeit im Amt. 1926 übernahm dann Johann Heinrich Kell, Schulrat für den damaligen Schulaufsichtsbezirk Merzig. Kell hat mit "Geschichte des Kreises Merzig" sowie "Geschichte der Stadt Merzig und des Umlandes" zwei heute noch bedeutsame Standardwerke der Heimatgeschichte unserer Region verfasst. Kell stand fast 30 Jahre lang, vom Januar 1926 bis Mai 1954 an der Spitze des Vereins. "Er hat dem Verein seinen Stempel aufgedrückt", sagte Schommer. In seiner Amtszeit hat der Verein fünf heimatkundliche Jahrbücher veröffentlicht, vier davon noch vor dem Krieg. Unterstützt vom damals in Merchingen als Lehrer tätigen Schulrat Hans Ehl widmete sich Kell auch dem Aufbau eines Kreisheimatmuseums. Das fand allerdings erst in den 1980er Jahren mit dem Fellenberg-Schlösschen eine angemessene Heimstätte.

Schommer erinnerte daran, dass der Verein in seiner 90-jährigen Geschichte auch schwierige Zeiten durchlebte: Während des Zweiten Weltkrieges kam die Vereinsarbeit zum Erliegen, ebenso wieder zu Beginn unseres Jahrtausends: "Im Jahr 2000 stellte der damalige Vorstand des Vereins seine Arbeit ein, weil er nicht einverstanden war damit, dass die Kulturstiftung des Landkreises die Zuständigkeit für das Fellenbergschloss übernehmen sollte." Erst im Jahr 2008 kam es zu einer Wiederbelebung des Vereins. Seither wurden in regelmäßigen Abständen Jahrbücher , Kreisheimatbücher und Geschichtshefte veröffentlicht, zuletzt im November 2014 das 18. Jahrbuch seit Gründung, das die Geschichte der Stadt Merzig zum Schwerpunkt hatte.

Das aktuelle 19. Jahrbuch wird am Mittwoch, 18. Oktober, in Wadern der Öffentlichkeit vorgestellt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort