Eine Witwe wagt den Hausbau

Homburg. Es war für die Witwe Wilhelmine Nonn nicht einfach, mit drei Kindern kurz nach dem Krieg ein Haus zu finanzieren. Und doch entschloss sich die Homburgerin, die in der Bexbacher Straße ein Lebensmittelgeschäft betrieb, ihren drei Kindern auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein schönes Heim zu bauen

Homburg. Es war für die Witwe Wilhelmine Nonn nicht einfach, mit drei Kindern kurz nach dem Krieg ein Haus zu finanzieren. Und doch entschloss sich die Homburgerin, die in der Bexbacher Straße ein Lebensmittelgeschäft betrieb, ihren drei Kindern auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein schönes Heim zu bauen. "Natürlich in bescheidener Ausstattung", erzählt ihre Tochter Ilse Leuthner, die heute über 80 ist.Die Mutter ersuchte die Stadtverwaltung, das Gelände an der Bexbacher Straße kaufen zu dürfen, an dem während des Krieges der zickzackförmige Splittergraben entlang lief. Die Stadt genehmigte dies und 1952 konnten die Arbeiten losgehen. Ein Jahr später zog die Mutter mit ihren drei Kindern ein. "Es war wunderbar", erzählt Ilse Leuthner, die seit 1953 in diesem Haus wohnt, "wir hatten plötzlich eigene Zimmer und sogar ein Bad. Allerdings hatten wir keine Zentralheizung, sondern Öfen. Auch Fenster, Türen und Böden bestanden nur aus Fichtenholz." Die Ausstattung war sehr bescheiden, "meine Mutter hat ihr Leben lang eisern gespart, um uns dieses eigene Haus überhaupt zu ermöglichen", sagt die Tochter, "da blieb kein Geld für überflüssige Dinge". Den Lebensmittelladen betrieb die Mutter noch bis 1975, zahlte jahrzehntelang ihren Kredit ab und gönnte sich keinen Luxus. An eine Episode erinnert sich Ilse Leuthner: "Meine Mutter aß für ihr Leben gerne Ölsardinen, aber sie wäre nie auf die Idee gekommen, eine Dose aus dem Laden zu nehmen, die waren nur für die Kunden bestimmt. Nur an Heiligabend, da sagte sie plötzlich: Kinder, jetzt esse ich mal Ölsardinen."

Überhaupt hat Ilse Leuthner gute Erinnerungen an ihre Jugendzeit: "Alles war viel bescheidener als heute, aber wir waren trotzdem glückliche Kinder." An das Elternaus verknüpft das Ehepaar Leuthner viele Erinnerungen, darunter die Geschichte mit dem Heiratsantrag: Werner Leuthner aus der Homburger Eisenbahnstraße wollte die damals 23-jährige Ilse heiraten, hatte sich gut angezogen und einen Blumenstrauß besorgt. Er klopfte in der Bexbacher Straße ans Fenster, Wilhelmine Nonn öffnete und sah den jungen Mann, der ihr die Blumen vor die Nase hielt und ihr durchs Fenster sagte: "Frau Nonn, ich möchte Ihre Tochter heiraten". Ilse sei doch noch so jung, entgegnete die Mutter, "und da mischt sich doch mein 15-jähriger Bruder ein und ruft von hinten: Mama, gebbsem, sonscht bleibt se uns noch hugge!", erzählt Ilse Leuthner lachend.

Tatsächlich heirateten Ilse und Werner Leuthner, bezogen das Haus der Mutter und bekamen drei Kinder. Die Mutter behielt eine schöne große Wohnung, und fortan lebten drei Generationen unter einem Dach. Die Leuthners bauten an, vergrößerten und modernisierten das Haus, statteten es mit Schallschutzfenstern aus, bauten Garagen und ein kleines Schwimmbad in den Garten. Der Anbau war so gelungen, dass es dafür 1997 von der Stadt sogar einen Preis für die schöne Fassade gab. Für Ilse Leuthner ist das Haus voller Erinnerungen, vor allem an die Mutter, "die so tüchtig, fleißig und bescheiden war und als Witwe den Mut hatte, dieses große Haus zu bauen. Und sie war eine herzensgute Frau. Alle in der Familie liebten sie."

Auf einen Blick

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