Leben während des Weltkriegs

Homburg. "Ab diesem Zeitpunkt wurde fast täglich ein zweirädriger Karren mit langen Holzholmen von russischen Gefangenen bei uns am Haus vorbeigeschoben, darauf ein oder zwei ihrer toten Kameraden. Bewacht von einem deutschen Soldaten mit aufgepflanztem Bajonett wurden die Toten auf den Friedhof zum großen Massengrab gebracht. Ihre Füße hingen unter der Abdeckung heraus

 Ilse Leuthner (links), erzählte in ihrer Geschichte "Grüne Tomaten" aus ihren Erlebnissen in der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Auf dem rechten der beiden Bilder ist sie am Tag ihrer Einschulung zu sehen. Foto: Thorsten Wolf

Ilse Leuthner (links), erzählte in ihrer Geschichte "Grüne Tomaten" aus ihren Erlebnissen in der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Auf dem rechten der beiden Bilder ist sie am Tag ihrer Einschulung zu sehen. Foto: Thorsten Wolf

Homburg. "Ab diesem Zeitpunkt wurde fast täglich ein zweirädriger Karren mit langen Holzholmen von russischen Gefangenen bei uns am Haus vorbeigeschoben, darauf ein oder zwei ihrer toten Kameraden. Bewacht von einem deutschen Soldaten mit aufgepflanztem Bajonett wurden die Toten auf den Friedhof zum großen Massengrab gebracht. Ihre Füße hingen unter der Abdeckung heraus." Es ist Ilse Leuthner, die diese Erinnerungen an die Zeit des Zweiten Weltkriegs in Homburg in ihrer Geschichte "Grüne Tomaten" niedergeschrieben hat. Diese grünen Tomaten sind es, gedacht als Lebensmittel-Hilfe für die russischen Gefangenen, die der Mutter von Ilse Leuthner fast den Kopf kosten. Leuthners Geschichte: Eine vom nötigen Helfen in verbrecherischen Zeiten. Die Geschichte "Grüne Tomaten" ist ein Teil des Projektes "Museum der Erinnerungen", initiiert durch die Stiftung für Kultur und Umwelt der Kreissparkasse Saarpfalz, gemeinsam verwirklicht mit der Akademie für Ältere der Volkshochschule und, als Leitung, mit Carola Stahl und Ruth Bauer an der Spitze. Regelmäßig treffen sich ältere Homburger in den Räumen der Kreissparkasse zu einem so genannten "Erzählcafé", um in Erinnerungen zurückzuwandern in die Kindheit und Jugend. Begleitet und geleitet werden sie dabei von Stahl und Bauer, die die Geschichten sammeln und aufarbeiten und Zusammenhänge herstellen (wir berichteten). Ebenfalls Begleiter der Reise in die Vergangenheit: Kreisdenkmalpfleger Bernhard Becker, der den Geschichten, von den Teilnehmern des Erzählcafés selbst zu Papier gebracht, einen historischen Kontext gibt. Eine zentrale Erkenntnis der zurückliegenden Monate des Erinnerns: Die Schule ist eines der wesentlichen Themen - und hier vor allem die Hohenburgschule. Diese besondere Facette präsentierten nun die Initiatoren und Organisatoren des Museums der Erinnerungen mit KSK-Vorstandsmitglied Ralph Marx an der Spitze. Beispielsweise, als Willi Caster aus seinen Erinnerungen an den ersten Schultag berichtete. "Im großen Klassensaal, in dem sauber in Reihen nebeneinander kleine Tisch mit Bänken für je zwei Schüler standen, tummelten sich etwa 50 Jungen. Dann hieß es: ,Suche sich jeder einen Platz und setze sich in die Bank'. Der Lehrer kam auf meine Mutter zu und meinte: ,Der Kleine bleibt am Besten in der vorderen Reihe.' An diesem Platz verbrachte ich die gesamten vier Volksschuljahre." Die Geschichten von Leuthner, Caster und den anderen Teilnehmern des Erzählcafés sollen, so die erklärte Absicht von Marx und Stahl, Eingang in ein Buch finden - um so der Nachwelt ein lebendiges Bild einer Zeit zu geben, deren Zeitzeugen von Tag zu Tag weniger werden.

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