Prozess OLG Koblenz Fast dreieinhalb Jahre Haft für PKK-Funktionär

Saarbrücken/Koblenz · Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz hat am vergangenen Freitag einen hochrangigen Funktionär der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK zu drei Jahren und fünf Monaten Haft verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte nach dem Paragraph 129b Strafgesetzbuch eine terroristische Straftat begangen habe.

 Beobachter sprechen von einem politisch motivierten Urteil gegen den 38-jährigen Türken. 

Beobachter sprechen von einem politisch motivierten Urteil gegen den 38-jährigen Türken. 

Foto: dpa/Thomas Frey

Das Kurdische Gesellschaftszentrum Saarbrücken (KGZ) spricht in einer Presseerklärung von einer „Verurteilung in Erdogans Namen“. Der Beschuldigte habe Prozessbeobachtern zufolge keinerlei individuelle Straftaten begangen. Das OLG sah es nach eigener Auskunft allerdings als erwiesen an, dass der 38-Jährige als einer von insgesamt neun Regionalverantwortlichen in Deutschland zur hiesigen obersten Führungsebene der PKK gehört hatte, einer „terroristischen Vereinigung im Ausland“. Der zuletzt im nordrhein-westfälischen Grevenbroich gemeldete Türke kontrollierte laut Anklage unter dem Decknamen „Rojhat“ zeitweise die Aktivitäten der PKK im Saarland, in Hessen und Rheinland-Pfalz.

Dem OLG zufolge steuerte und überwachte er andere PKK-Funktionäre und koordinierte Spendensammlungen. Von April 2018 bis Mitte Juni 2019 habe der 38-Jährige die Weiterleitung von fast einer halben Million Euro Spenden an die PKK verantwortet. Der Mann hatte laut OLG das Sammeln von Spenden und die Organisation von Veranstaltungen eingeräumt – allerdings ohne Bezug zur PKK. Er habe sich nur als patriotischer Kurde nach selbst erfahrener Repression in der Heimat politisch engagiert. Das Gericht hielt ihm zugute, dass er nie Gewalt angewandt oder Druck ausgeübt habe.

 Laut Presseerklärung des KGZ habe sich der Angeklagte während des Prozesses mehrmals zu Wort gemeldet. In der Verhandlung am 25. Januar habe er sein Bedauern zum Ausdruck gebracht, dass sich „Kurden und Deutsche bei solchen Verfahren gegenüberstehen müssen“. Dem KGZ zufolge basierte dieser Prozess auf der Ermächtigung des Bundesjustizministeriums zur strafrechtlichen Verfolgung politischer Aktivisten der Arbeiterpartei Kurdistans, sei aber vor allem durch außenpolitische und wirtschaftliche Interessen geprägt gewesen.

Der Rechtshilfefonds Azadî, der sich für die Rechte von Kurden in Deutschland einsetzt, hatte bereits vor der Urteilsverkündung erklärt: „In den 129b-Verfahren geht es weder um Gerechtigkeit noch um die Unabhängigkeit richterlicher Entscheidungen, sondern um außen- und wirtschaftspolitische Interessen.“ Dieser Prozess habe auf der Ermächtigung des Bundesjustizministeriums zur strafrechtlichen Verfolgung politischer Aktivisten basiert. Diese allgemeine Ermächtigung sei im Falle von Gökmen Çakil am 6. September 2011 erteilt worden. Sie sei weder begründet worden noch könne sie rechtlich angegriffen werden.

(dpa)
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